Dokumentation der Äußerungen von Kardinal Marx bei Pressetermin zum Rücktritt des Papstes
München, 12. Februar 2013. Kardinal Reinhard Marx hat die Rücktrittserklärung von Papst Benedikt XVI. als „großen Einschnitt, auch in der Kirchengeschichte“ bezeichnet. „Es ist das erste Mal seit 700 Jahren, dass ein Papst mit freiem Willen zurücktritt. Die Erklärung des Papstes, seine Rede, ist bewegend“, sagte der Erzbischof von München und Freising in seiner Stellungnahme bei einem Pressetermin am Montagnachmittag, 11. Februar, im Palais Holnstein, seinem Amtsitz in der Münchner Innenstadt, vor zahlreichen Vertretern von Presse, Funk und Fernsehen.
Der Heilige Vater habe die Gründe für seine Entscheidung genannt, so Marx weiter: „Und ich glaube, diese Gründe muss man respektieren – wenn ich es auch sehr bedaure, denn seine Theologie, seine Ausstrahlungskraft hat aus meiner Sicht nicht abgenommen, sondern ist durchaus weiterhin stark da.“ Marx betonte, sein Eindruck auch aus seinen vielen Kontakten in der ganzen Weltkirche sei es, dass die Predigten und das theologische Profil von Benedikt XVI. immer noch stark gewirkt hätten. „Gerade jetzt bei der Begegnung beim Welttag der Kranken wurde das deutlich, wie sehr der Papst anerkannt ist über unsere deutschen Grenzen hinaus, wie sehr seine Theologie und seine Ansprachen aufgenommen werden“, erklärte der Kardinal.
Am Rande der Gottesdienste und Gebete zum XXI. Welttag der Kranken im bayerischen Wallfahrtsort Altötting hatte die Nachricht vom Rücktritt Papst Benedikt XVI. den Erzbischof gegen 12 Uhr erreicht. „Das war für mich außerordentlich bewegend, berührend, fast in der Gnadenkapelle die Information zu bekommen, als wir gerade im Gebet versammelt waren“, sagte Marx: „Altötting ist ein Ort, der dem Papst besonders am Herzen liegt, und so konnte ich gleich für den Papst beten und mich ganz eng mit ihm verbinden.“
Marx sagte, er habe gerade in diesen Augenblicken seine sehr große persönliche Verbundenheit zu Papst Benedikt XVI., auch als dessen Nach-Nachfolger als Erzbischof von München und Freising, gespürt: „Ich empfinde eine wirkliche Nähe zu ihm, wir haben eine fast freundschaftliche, in gewisser Weise eine Vater-Sohn-Beziehung. Und so haben wir uns immer gut verstanden und sind uns immer mit großer Wärme und Freundlichkeit begegnet.“
Nach Einschätzung des Kardinals ist es „noch zu früh und heute nicht der Ort, ein gesamtes Pontifikat zu würdigen“. Der Papst sei noch im Amt, bis zum 28. Februar. „Aber eins kann man sicher sagen“, so Marx: „Wir dürfen als Bayern, auch hier im Erzbistum München und Freising – er ist immerhin Priester unseres Erzbistums, er war hier Erzbischof –, dankbar sein für seine große, starke, theologisch geprägte geistliche Lebensleistung, gerade auch in den letzten acht Jahren.“ Der Wunsch der Erzdiözese für Benedikt XVI. sei: „Dass ihm das geschenkt wird, was er sich in seiner Rede von heute morgen selbst wünscht, im Gebet und im theologischen Nachdenken noch einige Jahre Dienst für die Kirche zu tun.“
Auch über den Rücktritt hinaus stehe das Heimatbistum an der Seite Benedikt XVI., versicherte der Kardinal: „Wir sind eng mit ihm im Gebet verbunden, gerade jetzt in dieser Stunde. Wir beten für ihn, und ich möchte alle Gläubigen in den Pfarreien aufrufen, für den Papst zu beten, und natürlich dann auch für einen guten Nachfolger von Papst Benedikt XVI.“
Auf Nachfragen der Medienvertreter bezeichnete Marx die Entscheidung des Heiligen Vaters als „mutigen, gut überlegten Schritt“. Benedikt XVI. habe gesehen, „dass seine Kräfte nachlassen, wie sich die Welt verändert hat, welche Herausforderungen da sind“. Zugleich sei ihm in Anbetracht der Kirchengeschichte, der Theologie, des Amts des Papstes bewusst gewesen, was sein Entschluss für die katholische Kirche bedeute. „Dann diesen Schritt zu tun, das erfordert auch geistlichen Mut, und davor habe ich ganz großen Respekt“, sagte der Erzbischof.
Marx riet dazu, die Erklärung des Heiligen Vaters zu seinem Rücktritt nicht aus der Sicht der derzeitigen Diskussionen um die katholische Kirche in Deutschland zu interpretieren. „Ich glaube, man soll den Text, den er heute vorgetragen hat, so nehmen, wie er ist, und nicht so viel hineinlesen“, antwortete er auf eine Frage. Das Schiff Petri sei immer auf stürmischer See. „Gerade dieser Papst hat das oft betont, und seine geistliche Gelassenheit, die mich immer wieder beeindruckt, spricht dafür, dass er sich nicht von aktuellen Stürmen aus der Bahn bringen lässt – davon kann überhaupt keine Rede sein.“ Das Schifflein Petri brauche zu allen Zeiten eine starke Führung, „das war, glaube ich, das, was er sagen wollte, und aktuelle Anlässe spielen da sicher keine Rolle“.
Der Kardinal verriet, dass er von der Rücktrittserklärung des Papstes an diesem Tag „doch überrascht“ gewesen sei. Allerdings habe er früher schon den Gedanken gehabt, „vielleicht wird er, wenn es ihm wirklich schlechter geht, wenn er den Eindruck hat, er kann das Amt nicht in rechter Weise ausüben, diesen Schritt dann tun“. (kel)