Erklärung von Kardinal Reinhard Marx zur Papstwahl

Habemus papam: Papst Leo XIV.
Rom, 09. Mai 2025. Anlässlich der Wahl von Papst Leo XIV. äußert sich der Erzbischof von München und Freising Kardinal Reinhard Marx in einer am Freitag, 9. Mai, in Rom gegebenen Stellungnahme. Die Erklärung im Wortlaut:
 
Ich bin sehr glücklich, dass Papst Leo XIV. zum Hirten der Kirche erwählt wurde. Die intensiven Tage seit dem Tod von Papst Franziskus habe ich als zuversichtlichen, gemeinschaftlichen Weg der weltweiten Kirche erlebt und bin deshalb fest überzeugt, dass Gott uns mit der Kraft des Heiligen Geistes bewegt hat, diesen Papst in dieser Zeitstunde zu wählen.
 
Das Gebet und innere Mitgehen des Volkes Gottes ist unerlässlich für die Wahl eines neuen Papstes; die hohe Beteiligung und Aufmerksamkeit, die schon während der Trauer um Papst Franziskus und während des Vorkonklave spürbar waren, haben uns auch im Konklave in unserer Verantwortung gestärkt und getragen. Dafür möchte ich allen ein herzliches Vergelt’s Gott sagen, die im Gebet und in Gedanken mit uns verbunden waren und sind. Danke für diese tragende Gemeinschaft und Verbundenheit!
 
Ich habe Papst Leo XIV. persönlich und im Namen des Erzbistums München und Freising sowie im Namen der Freisinger Bischofskonferenz versprochen, dass wir ihn im Gebet begleiten und dass wir auch weiterhin treu zum Nachfolger des Heiligen Petrus stehen.
 
„Friede sei mit euch allen!“ Das waren gestern die ersten Worte des neuen Papstes, die sehr berührend waren, gerade am 8. Mai, dem 80. Jahrestag zum Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkrieges und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Als allererstes ruft Papst Leo XIV. den Menschen den Frieden des Auferstandenen zu, allen Völkern der Erde, der ganzen Menschheitsfamilie! Dieser Friede, der von Gott selbst kommt, der aus der Liebe Gottes kommt, ist das, was die Welt in unseren unruhigen Zeiten vielleicht am meisten braucht. Einen „entwaffnenden, demütigen, beharrlichen Frieden“, wie es Papst Leo XIV. ausgeführt hat. Diese ersten Worte stärken meine Zuversicht und Hoffnung, dass wir einen neuen Heiligen Vater haben, der die Wunden der Welt sieht, der sich der Welt zuwendet und sich als Missionar versteht. Bei seiner ersten Predigt heute in der Sixtinischen Kapelle hat er alle Gläubigen in die Pflicht genommen – und ausdrücklich auch sich selbst – immer wieder neu zu bekennen: „Du bist der Christus!“. In dieser Haltung will er selbst auch seine „Mission als Bischof der Kirche von Rom beginnen“. Allen, die Leitungsverantwortung in der Kirche haben, hat er dabei aufgegeben, dass es darum geht, selbst zu verschwinden, sich selbst klein zu machen, von sich selbst absehen zu lernen, damit Christus für die Menschen erkennbar ist. Das ist ein wichtiges Wort für die Einheit der Kirche, denn es geht nicht um uns selbst, sondern um unsere Sendung, den Glauben Gottes zu verkünden!
 
Der Heilige Vater hat sich mit seinen ersten Äußerungen auch in die unmittelbare Nachfolge von Papst Franziskus eingereiht, mit dem er sich eng verbunden wusste, sowohl in der Hinwendung zu den Menschen in Not als auch im Bemühen um eine synodale Kirche. Leo XIV. wird sicher auch viele wichtige Fragen innerkirchlicher Art weiterbringen und die Kirche so in die Zukunft führen, dass sie ihrem Auftrag der Sendung für die Welt gerecht werden kann.
 
Auch seine Wahl des Papstnamens im Anklang an Papst Leo XIII. erfreut mich sehr. Leo XIII. war ein Papst, der auch in schwierigen Zeiten keine Angst hatte, die brennenden Fragen seiner Zeit anzusprechen. Wir alle kennen die bedeutsame Enzyklika „Rerum Novarum“ von 1891 zur Arbeiterfrage. Im Kern geht es darin um den sozialen Frieden innerhalb der Staaten und in der Völkergemeinschaft. Wir dürfen also auch in sozial- und friedensethischer Hinsicht einiges vom neuen Heiligen Vater erwarten.
 
Er stellt jedenfalls mit seinen ersten Äußerungen sein Pontifikat in den Dienst des Friedens an der Welt, in den Dienst an den Menschen. Und ich bin fest überzeugt, dass Religionen ein Beitrag zum Frieden in der Welt sein können und sein müssen! Viele Menschen setzen in unseren Zeiten und angesichts all der Wunden der Menschheit ihre Hoffnung auf eine starke politisch vernehmbare Stimme, die die Herrschenden zum Frieden gemahnt, zur Achtung der Menschenwürde, zu Barmherzigkeit und Gerechtigkeit. Diese starke Stimme kann Papst Leo XIV. sein – für die ganze Menschheitsfamilie!
 
Das sind insgesamt schon starke Signale, die ahnen lassen, dass wir einen neuen Papst haben, der sich ganz in den Dienst dieses Amtes stellt, der mit Augustinus gesprochen, den er gestern ja auch zitiert hat, für uns Bischof und mit uns Christ sein will.
 
Die Erfahrung der Weltkirche, die in Rom seit dem Tod von Papst Franziskus wieder einmal in besonderer Weise spürbar war, erlebe ich als große Stärkung. Sie ist ein Zeichen und zugleich ein Auftrag, dass wir in die Welt gesandt sind, um den Menschen Hoffnung, Liebe, Glauben und den Frieden zu verkünden. Das wollen wir gemeinsam mit Papst Leo XIV. tun, so wie wir es auch zuvor an der Seite von Papst Franziskus getan haben.“