Kardinal Marx spricht auf Konferenz zu Integrationsfragen bei den Vereinten Nationen in Genf

„Integration bedeutet umfassende gesellschaftliche Teilhabe“
Genf/Bonn, 30. November 2017. Anlässlich eines Fachgesprächs zu Fragen von Migration und Integration hat der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, am Donnerstag, 30. November, in Genf für einen Integrationsbegriff geworben, der auf umfassende gesellschaftliche Teilhabe setzt. „Wir sind aufgerufen, die Entwicklung jeder Person zu fördern – unabhängig von ihrem jeweiligen Status.“ Zu diesem Zweck sei ein Perspektivwechsel notwendig: „Migranten, Asylbewerber und Flüchtlinge sollten nicht als passive Bittsteller betrachtet werden, sondern als Menschen, die einen Neubeginn wagen“, so Kardinal Marx. Dabei seien Sprache, Bildung und Arbeit Schlüssel zu gelingender Integration.

Das Fachgespräch, das unter dem Leitwort „Gegenseitige Beiträge und Bereicherungen: Migranten in Aufnahmegesellschaften integrieren“ stand, fand im Palais des Nations als Begleitveranstaltung zur 108. Ratssitzung der Internationalen Organisation für Migration (IOM) statt, die unter dem Leitwort  „Gegenseitige Beiträge und Bereicherungen: Migranten in Aufnahmegesellschaften integrieren“ stand. Organisiert wurde das Fachgespräch vom Ständigen Beobachter des Heiligen Stuhls bei den Vereinten Nationen in Genf, der Vertretung des Souveränen Malteserordens, der Internationalen Katholischen Migrationskommission (ICMC), Caritas Internationalis und der Stiftung Caritas in Veritate.

Als wesentliche Voraussetzung gelingender Integration hob Kardinal Marx die gemeinsame Verantwortung hervor: „Sowohl unter Einheimischen als auch unter Zuwanderern muss sich eine gemeinsame Verantwortung für das Gemeinwohl entwickeln.“ Gefordert sei ein Gemeinschaftssinn, der auf „gegenseitiger Anerkennung und gegenseitiger Wertschätzung“ beruhe. Auf beiden Seiten bedürfe es „einer Bereitschaft, sich auf bislang unbekannte Sichtweisen, Erfahrungen und Gewohnheiten einzulassen“.

Kardinal Marx erinnerte auch an den Beitrag der Kirche zu Fragen der Integration. Gerade die Katholische Soziallehre mache empfindsam für eine weitgefasste anthropologische Dimension des Menschen: „Wenn wir wirklich die Würde eines jeden Menschen anerkennen, können wir sie nicht zu einem Leben in Untätigkeit zwingen oder ohne ihre Familien zu leben.“ Deshalb sei es notwendig, jene Hürden abzubauen, die unter Zuwanderern für Gefühle der Frustration und Aussichtslosigkeit führten. Unter ethischen Gesichtspunkten sei es geboten, jedem Menschen die Möglichkeit zu geben, seine Fähigkeiten zu entfalten. Papst Franziskus ermutige zu einer Haltung der Offenheit, „die, anstatt die Zerstörung der eigenen Identität zu befürchten, fähig ist, neue kulturelle Synthesen zu schaffen“ (EG, 210). Diesem Leitbild wisse sich auch die Kirche in Deutschland verpflichtet. Eine „Sprache des Ausschlusses“ hingegen sei eine Gefahr für die gemeinsame Zukunft unserer Gesellschaft.

Kardinal Marx würdigte die Bemühungen der Vereinten Nationen, bis Ende 2018 zwei Globale Pakte zu Migration und Flucht zu verabschieden. Von den internationalen Beratungs- und Aushandlungsprozessen könnten nicht zuletzt auch für das Thema Integration wichtige Impulse ausgehen. Er versicherte, dass der katholischen Kirche die internationale Kooperation ein Anliegen sei: „Als Katholiken gehören wir einer Kirche aller Sprachen und Völker an. Wir sind überzeugt, dass die Definition des Gemeinwohls einer Gesellschaft niemals vom Gemeinwohl der gesamten Menschheitsfamilie getrennt werden darf. Um dieses Ziel – gerade auch in schwierigen Zeiten – voranzubringen, sind internationaler Austausch und internationale Zusammenarbeit nötiger denn je.“ (ps)

Hinweise:
Weitere Informationen zum Beitrag der katholischen Kirche zu den Verhandlungen rund um die beiden Globalen Pakte (Global Compacts) zu Migration und Flucht sind unter www.fluechtlingshilfe-katholische-kirche.de und https://migrants-refugees.va  verfügbar.