Marx: „So leben, dass wir allen etwas sagen können“

Erzbischof ruft 200 Jahre nach Neuordnung bayerischer Bistümer zu „Mut zu Neuem“ auf
München, 26. September 2021. 200 Jahre nach der Neuordnung der Bayerischen (Erz-)Bistümer hat Kardinal Reinhard Marx zu „Mut zu Neuem“ aufgerufen: „Nicht hängen an der Vergangenheit. Sich nicht verkrampft an Traditionen festkrallen, die überlebt sind.“ In einer Gesellschaft, die pluraler und bunter werde, sei für die Wirksamkeit der Kirche wichtig, „ob wir bereit sind, unseren Auftrag wahrzunehmen“. Christentum, Glaube und Kirche würden wichtige Bezugspunkte für die Gesellschaft bleiben, „wenn wir so leben, dass wir allen etwas sagen können“, sagte der Erzbischof von München und Freising bei einem Gottesdienst im Dom zu Unserer Lieben Frau am Sonntag, 26. September. Bei der Feier wurde der Neuordnung der bayerischen Bistümer 1821 gedacht, im Zuge derer das Erzbistum München und Freising errichtet und die Frauenkirche zur Kathedrale wurde.
 
In seiner Predigt blickte Marx auf die Zeit des Beginnenden 19. Jahrhunderts nach der Französischen Revolution. Es sei eine Zeit großer Umwälzungen und „atemberaubender Geschwindigkeit der Veränderung“ gewesen. Im Zuge der Säkularisation habe sich in den Jahren vor 1821 die Sozialgestalt der Kirche geändert, so Marx. „Sie verlor ihre äußeren Absicherungen, ihre gesellschaftliche Macht. Aber die Kirche war nicht am Ende.“ Die veränderten Rahmenbedingungen hätten „zu einer Erneuerung von unten und von oben geführt und für Kirche Chancen ergeben, die genutzt wurden“. So veränderte sich laut Marx die Gestalt des Bischofsamtes, der Pastoral, Orden, Verbände und der Caritas und ein „Erwachen des Engagements der Laien“ habe sich „in einer neuen, freieren Gesellschaft“ entfalten konnten.
 
Davon ausgehend rief Marx Kirche dazu auf, auch in der heutigen Zeit „Schritte zu gehen, die Möglichkeiten eröffnen und nicht verschließen“ und Ausschau zu halten „nach den neuen Chancen, neuen Möglichkeiten und dem neuen Auftrag“. Alle Gläubigen seien aufgefordert, „deutlich zu machen, dass die Botschaft Jesu für alle heilsam, ermunternd und hoffnungsvoll ist“. So könne auch eine kleiner werdende Kirche „kreativ, kraftvoll, zeichenhaft“ sein und nicht „soziokulturelle Endmoräne der Vergangenheit“.
 
Die Neuordnung der Bayerischen Bistümer, der bei dem Gottesdienst gedacht wurde, sollte in Folge der Säkularisation von 1803 und des Abschlusses des Konkordates mit dem Königreich Bayern im Jahr 1817 die kirchliche Organisation in Bayern festigen. Am 23. September 1821 wurde dieser Prozess mit dem Verlesen einer päpstlichen Urkunde zur Neuordnung der bayerischen Bistümer in der neu ernannten Kathedralkirche zu München abgeschlossen. Daran erinnert noch heute eine Gedenktafel, die nahe dem nördlichen Zugang zur Krypta im Dom Zu Unserer Lieben Frau angebracht ist.
 
Für das Erzbistum München und Freising bedeutete diese Neuordnung die Verlegung des Bischofssitzes und der diözesanen Verwaltung von Freising nach München. Die Frauenkirche wurde zur neuen Kathedrale erhoben, ein Domkapitel installiert und territorial gingen große Gebiete des Erzbistums Salzburg und des früheren Bistums Chiemsee sowie die Fürstpropstei Berchtesgaden an das neue Erzbistum München und Freising. Außerdem wurde mit Lothar Anselm von Gebsattel der vakante Bischofsstuhl besetzt. Zum Bischof geweiht wurde er am 1.November 1821 in St. Michael und am 5. November desselben Jahres nahm er die neue Kathedralkirche, die Frauenkirche, als erster Erzbischof des neuen Erzbistums in Besitz. Eine umfangreiche Online-Ausstellung zur Entstehung des Erzbistums ist zu sehen unter https://www.erzbistum-muenchen.de/archiv-und-bibliothek/ausstellung-200-jahre-erzbistum. (hs)