„Wir sehnen uns nach Priestern, die bereit sind zur Hingabe “

Kardinal Marx feiert Gedenkgottesdienst zum 75. Jahrestag der Priesterweihe des Seligen Karl Leisner
München/Dachau, 22. Dezember 2019. „Wie sehr sehnen wir uns nach Priestern, die bereit sind zur Hingabe, bereit sind, ihr Leben zu geben“, betonte Kardinal Reinhard Marx mit Blick auf den Seligen Karl Leisner, der vor 75 Jahren, am 17. Dezember 1944, im KZ Dachau durch den ebenfalls dort inhaftierten Bischof von Clermont, Gabriel Piguet, heimlich zum Priester geweiht worden war. Heute gehe es auch um Reformen, „doch im Kern steht die Frage: Ist ein Priester bereit, nicht nur die Messe zu lesen, sondern sich in dieser Messe selbst zu schenken und alle einzuladen, sich in diese Dynamik Gottes hineinzubegeben, die davon ausgeht, die ganze Welt zu retten, alle Wunden zu heilen?“, ergänzte der Erzbischof von München und Freising bei einer Eucharistiefeier im Gedenken an Leisner am Sonntag, 22. Dezember, in der Klosterkirche des Karmels Heilig Blut in Dachau. Es komme also nicht auf die Anzahl der Priester an, sondern ob sie bereit seien, diese Aufgabe in der Nachfolge Christi wahrzunehmen.
 
Als „Zeichen der Hoffnung, der Zuversicht, des gemeinsamen Gebets und des gemeinsam Kirche Seins, das bis in unsere Zeit hineinwirkt“ hatte Kardinal Marx Leisner zu Beginn des Gottesdienstes bezeichnet. Dessen Priesterweihe – die einzige, die in einem KZ durchgeführt wurde, und die durch die Bemühungen und das Gebet vieler erst ermöglicht worden sei – zeige, „dass es keinen Ort gibt, der von Gott verlassen ist“. Leisner stehe für die vielen Opfer von Hass und Gewalt, vor allem aus dem jüdischen Volk, aber auch alle von den Nationalsozialisten Verfolgten und Getöteten, „für die vielen, die damals aufgestanden sind gegen Gewalt“, führte der Erzbischof dann in seiner Predigt aus. Gerade in der heutigen Zeit, in der Hass und Gewalt auch hierzulande wieder neu in Worte und Taten gefasst würden, rufe das Beispiel Leisners dazu auf, nicht über solche Entwicklungen hinwegzusehen, sondern sich ihnen mutig entgegenzustellen. Bei dem Gedenkgottesdienst im Karmel trug Kardinal Marx den Bischofsstab, den Piguet vor 75 Jahren bei der Weihe Leisners trug.
 
Der am 28. Februar 1915 in Rees am Niederrhein im Bistum Münster geborene und der Schönstatt-Bewegung angehörende Leisner war bereits Diakon gewesen, als er 1939 wegen einer kritischen Äußerung über die Nationalsozialisten verhaftet und 1940 zunächst ins KZ Sachsenhausen, später ins KZ Dachau gebracht worden war. Bischof Piguet spendete Leisner dort am vierten Advent in der Kapelle in Block 26 das Sakrament, wo der Neupriester am 26. Dezember 1944 auch seine erste und einzige Heilige Messe feierte. Die Heiligen Öle und weitere für die Weihe erforderliche Gegenstände hatte die 20-jährige Schwesternschülerin und Postulantin bei den Armen Schulschwestern, Josefa Mack, zuvor vom damaligen Erzbischof von München und Freising, Kardinal Michael Faulhaber, erhalten und in das KZ geschmuggelt. Nach der Befreiung des Konzentrationslagers wurde Leisner, der aufgrund der Entbehrungen während der nationalsozialistischen Verfolgung schon Jahre zuvor schwer erkrankt war, 1945 in das Lungensanatorium der Barmherzigen Schwestern nach Krailling gebracht. Dort starb er am 12. August 1945. Auf dem Gelände des Waldsanatoriums in Krailling erinnert ein Denkmal an Leisner. Papst Johannes Paul II. sprach ihn am 23. Juni 1996 in Berlin selig. (kbr)