„Alte und Sterbende müssen immer im Blick der Kirche sein“

Kardinal Marx spricht mit Einrichtungsleitungen über Situation der Seniorenheime während Corona
München, 12. Februar 2021. Bei einem Videogespräch mit Leiterinnen und Leitern von katholischen Seniorenheimen im Erzbistum München und Freising hat Kardinal Reinhard Marx allen gedankt, die für alte Menschen Dienst tun. „Was immer auch an Herausforderungen kommt, wir werden die Alten und auch die Sterbenden nicht vergessen. Sie werden und müssen immer im Blick der Kirche sein“, sagte der Erzbischof von München und Freising bei dem digitalen Treffen am Donnerstag, 11. Februar. Mit Blick auf die Rahmenbedingungen in den Einrichtungen müssten Schlüsse aus der Coronakrise gezogen werden: „Wie wünschen wir uns Altenheime in Zukunft? Was lernen wir für Bewohnerorientierung, Inklusion, angemessene Palliativversorgung, aber auch Digitalisierung und Kommunikation?“, so Marx. An dem Gespräch nahmen neben den Heimleitungen und einem Bereichsleiter auch Generalvikar Christoph Klingan und Amtschefin Stephanie Herrmann sowie die kommissarische Leiterin des Ressorts Caritas und Beratung der Erzdiözese, Andrea Thiele, teil. 

Neben den Mitarbeitenden in Pflegeeinrichtungen, „die in dieser Krisenzeit – jetzt ist es ein Jahr – Großartiges geleistet haben“, dankte der Kardinal allen Einrichtungsleitungen. Deren Aufgabe sei gewesen, „die Sorgen ihrer Mitarbeitenden zu verarbeiten, aber auch immer wieder neue Vorschriften umzusetzen und diese vor Bewohnern und Angehörigen zu begründen“. Er hoffe, so Marx, dass die hohe Belastung durch Corona für das Personal in den Seniorenheimen bald nachlasse und Heimbewohnende im Sinne einer „inklusiven Gesellschaft“ zeitnah wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen dürften. Fünf Stimmen aus der Pflege schilderten dem Erzbischof ihre Erfahrungen.

Aus dem Krisenstab des Diözesan-Caritasverbands berichtete Christian Mallow, der zugleich Bereichsleiter für die Caritas-Altenheime im Osten der Erzdiözese ist. Die Einrichtungen seien seit März 2020, „abgesehen von einer Verschnaufpause im Sommer, im permanenten Ausnahmezustand“, so Mallow. Zunehmend sei ein „chronischer Erschöpfungszustand bei allen Mitarbeitern“ zu beobachten, der auch zu steigenden Personalausfällen führe. Angesichts der unbedingten Notwendigkeit, dass alte Menschen gut versorgt werden können, „muss wieder stärker deutlich werden, dass Pflegekräfte systemrelevant und wichtig sind“.

Hubert Radan, Leiter des Caritas-Marienstifts in Glonn, wies auf die Schwierigkeit hin, Corona-Infektionen zu vermeiden. „Dieser Virus nützt jede kleine Lücke.“ Wirksam seien nur völlige Isolation für die Bewohnenden und Schutzanzüge für die Pflegenden, unter denen kaum noch ein menschliches Antlitz erkennbar sei: „Das sind ganz, ganz schwere Situationen.“. Karl Wagner, Heimleiter des Vincentinums in München, bestätigte das mit Blick auf die Begleitung Sterbender in der Palliativpflege. „Man möchte seine Mutter so verabschieden, dass sie dabei keine Maske, sondern das Gesicht sieht.“ Tröstend sei für sein Haus die seelsorgliche Begleitung durch Patres des nahegelegenen Franziskanerklosters St. Anna sowie zwei Ordensschwestern.

Jakob Hartmann, Leiter des Caritas-Altenheims St. Franziskus in Kolbermoor, sprach von einer „permanenten Sorge“ der Einrichtungsmitarbeitenden vor einer Infektion. Zermürbend sei nach jedem Verdacht auf eine Infektion im Haus die allgegenwärtige Angst, „hoffentlich stecke ich niemanden an und hoffentlich bringe ich Corona nicht nach Hause“. Laut Mirjam Dirscherl, Heimleiterin des Caritas-Hauses St. Gisela in Gräfelfing, sei es wichtig, „dass wir diese Krise aufarbeiten, Vertrauen wiederherstellen und für die Zukunft gut vorsorgen“. (hs)