Kardinal Marx: Gott aushalten, wie er uns aushält

Erzbischof betont am Allerseelentag die Notwendigkeit, trotz Tod und Finsternis Hoffnung zu bewahren
München, 3. November 2022. Kardinal Reinhard Marx hat Christinnen und Christen dazu aufgerufen, „wie Hiob unsere Hoffnung aufrechtzuerhalten“, dass nach Tod und Finsternis der Blick „in den Abgrund der Liebe Gottes“ folge. In dieser Hoffnung „wollen wir als Gemeinschaft mit Christus unseren Weg gehen und Gott, der uns manchmal fremd ist, aushalten, so wie er uns aushält“, sagte Marx an Allerseelen, Mittwoch, 2. November, im Münchner Liebfrauendom bei einem Requiem für die verstorbenen Bischöfe und Erzbischöfe des alten Bistums Freising und der Erzdiözese München und Freising.
 
In seiner Predigt wies Marx darauf hin, dass es vielen Gläubigen im Grunde wie Hiob gehe. Dieser habe Krankheiten, Katastrophen und persönliches Leid erdulden müssen, ohne Antworten auf die Fragen nach dem „Wo bist Du, Gott? Wer bist Du?“ zu erhalten. Diese Fragen zögen sich wie ein „Schrei durch die Geschichte der Menschheit, der Geschichte der Kriege, der Gaskammern, der Geschichte der Gewalt, des unschuldigen Leidens und des Sterbens“. Dennoch könne aus dem Glauben die Überzeugung erwachsen, dass dieser Gott „sich über den Staub erhebt“ und die Glaubenden „ja sagen können zum eigenen Tod, zur eigenen Endlichkeit“ angesichts der Hoffnung, die in der Auferstehung des Erlösers Jesus Christus liege. In dieser Hoffnung werde auch die Fremdheit gegenüber Gott überwunden, so Marx.
 
Während Katholiken am Hochfest Allerheiligen aller Menschen gedenken, die in der Kirche als Heilige verehrt werden, ist das Fest Allerseelen dem Gedächtnis aller Verstorbenen gewidmet. Vielerorts versammeln sich die Gläubigen bereits am Nachmittag des Allerheiligentages auf den Friedhöfen zu feierlichen Gottesdiensten und Gräbersegnungen, um besonders ihrer verstorbenen Angehörigen zu gedenken.
 
Die Ursprünge des Hochfestes Allerheiligen reichen bis ins vierte Jahrhundert zurück. Ursprünglich lag der Termin im Umkreis von Ostern. Ab dem achten Jahrhundert wurde das Fest, zunächst in England und Irland, später auch in der übrigen abendländischen Kirche, am 1. November gefeiert. Entstanden ist das Fest aus der Verehrung der Märtyrer, die wegen ihres christlichen Glaubens starben und als Heilige verehrt wurden. Es schließt jedoch heute neben den kanonisierten Heiligen auch „Brüder und Schwestern, die schon zur Vollendung gelangt sind“, ein, also Verstorbene, die zwar nicht heiliggesprochen sind, aber ein gläubiges Leben führten. In Bayern ist Allerheiligen ein „Stiller Tag“, an dem „öffentliche Unterhaltungsveranstaltungen“ nur dann erlaubt sind, „wenn der diesen Tagen entsprechende ernste Charakter gewahrt ist“. Das Fest Allerseelen entstand im zehnten Jahrhundert, als der Abt Odilo von Cluny für alle ihm unterstellten Klöster anordnete, das Gedächtnis aller Verstorbenen am 2. November zu begehen. Die übrige abendländische Kirche übernahm das Fest. (rs)