Landshut hat das grösste „Heilige Grab“ im deutschsprachigen Raum

Ein einzigartiges Zeugnis barocker Frömmigkeit wurde jetzt restauriert
In diesem Jahr probeweise Aufstellung in der Landshuter Jesuitenkirche
Landshut, 15. April 2003 (ok) Die wahrscheinlich größte Anlage eines barocken „Heiligen Grabes“ im deutschsprachigen Raum stammt aus der Landshuter Stiftsbasilika und Stadtpfarrkirche St. Martin. Ende der 90er Jahre war die aus insgesamt 60 Einzelobjekten bestehende Anlage auf dem Dachboden und im Turm der Kirche durch den heutigen Kirchenpfleger, Johannes Gottinger, „wiederentdeckt“ worden. Danach wurde die monumentale Anlage in einem Heustadl und schließlich in einer privaten Lagerhalle verwahrt. Viele Teile waren in einem schwer beschädigten Zustand. In mehrjähriger konservatorischer Arbeit durch die Restaurierungswerkstätten Reiner Neubauer im oberbayerischen Bad Endorf wurde das Landshuter „Heilige Grab“ jetzt weitgehend restauriert.

Das Landshuter Grab soll in diesem Jahr erstmals wieder probeweise aufgestellt werden, und zwar nach Ostern vom 28. bis 30. April in der Landshuter Jesuitenkirche St. Ignatius. Dies ist zugleich die Generalprobe für die Aufstellung im kommenden Jahr am Karfreitag und Karsamstag, teilte der Stiftspropst und Pfarrer von St. Martin, Bernhard Schömann, mit. Die liegende Christusfigur aus diesem Heiligen Grab wird schon in diesem Jahr in der Frauenkapelle neben der Stiftsbasilika von Karfreitag bis zur Osternacht zu sehen sein. Für Schömann ist die ganze Anlage ein „theatrum sacrum“ (heiliges Theater) im besten Sinn.

Künftig soll dieses einzigartige Zeugnis barocker Frömmigkeit immer in der Jesuitenkirche aufgebaut werden. Dies ist durch die enormen Ausmaße bedingt. Die Kulissenarchitektur ist 10 Meter breit, 30 Meter tief und 8 Meter hoch. Zum Aufstellen müssen eigens auch die technischen Bedingungen und Abläufe geprobt werden, was ohne Beeinträchtigung der Gottesdienste in der Pfarrkirche nicht möglich wäre. Die ältesten Teile der Grabanlage gehen auf das frühe 17. Jahrhundert zurück. Konservierung und Restaurierung müssen nach den Worten des Kunstreferenten im Münchner Erzbischöflichen Ordinariat, Norbert Jocher, „als Akt höchster kulturgeschichtlicher Bedeutung gewertet werden“. An den Kosten der Maßnahme mit etwa 500.000 Euro beteiligten sich die Bayerische Landesstiftung, das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, der Bezirk Niederbayern, die Kirchenstiftung, zahlreiche Sponsoren und das Erzbischöfliche Kunstreferat.

Die Hauptteile des Grabes wurden um 1738 geschaffen. Sie sind ein Werk des aus Prag kommenden Freskomalers Karl Joseph Maravini. Er erhielt dafür die für damalige Verhältnisse hohe Summe von 800 Gulden. Beschäftigt waren ferner Holzbildhauer, Schreiner, Steinhändler und Glasmacher. 12 Floßbäume wurden allein zur Herstellung eines Gerüstes für die Aufstellung des Grabes verwendet. Heilige Gräber gab es bereits im Mittelalter. Im Barock erreichten sie ihre größte Verbreitung und wurden zu bühnenartigen Anlagen mit Kulissen ausgebaut. Finanziert und gepflegt wurden die Gräber häufig durch eine „Grab-Christi-Bruderschaft“. Seit 1609 ist eine solche Bruderschaft in Landshut bezeugt. (wr)

Ansprechpartner: Bernhard Schömann, Stiftspropst und Pfarrer von St. Martin in Landshut, Telefon 0871/922178-0.