Marx: Ganzheitliche Sicht auf das Leben ermöglichen

Erzbischof betont in Fastenhirtenbrief die Verantwortung der Menschen für die Schöpfung
München, 28. Februar 2020. Mit Blick auf das Erscheinen der päpstlichen Enzyklika „Laudato Si‘“ vor fünf Jahren ermuntert Kardinal Reinhard Marx dazu, während der Fastenzeit den Wert der Schöpfung vor dem Hintergrund der Enzyklika zu betrachten. „Es geht hier nicht um ein politisches Programm, um einen ökologischen Maßnahmenkatalog, sondern um eine neue, ganzheitliche Sicht auf das Leben“, die dazu ermutige, „unser Leben zu verändern“, schreibt der Erzbischof von München und Freising in seinem Hirtenbrief zur Fastenzeit, der am Samstag und Sonntag, 29. Februar und 1. März, in den Gottesdiensten im Erzbistum verlesen wird.
 
Der Kardinal weist darauf hin, dass es Franziskus mit seinem Schreiben „nicht nur um das Klima“ gegangen sei, sondern darum, „die eine Menschheitsfamilie in den Blick zu nehmen“, die gemeinsam Verantwortung für ihren Planeten trägt. In dieser Zeit, in der „Nationalismus und Eigeninteressen scheinbar wieder die Oberhand gewinnen“, müsse in Erinnerung gerufen werden, „dass wir als Menschen zusammengehören und jeder Mensch – ob Mann oder Frau, schwarz oder weiß, arm oder reich, krank oder gesund – Kind Gottes ist“. Die österliche Bußzeit könne dazu anregen, den Blick zu weiten für die Schwachen, die Bedrohten und die, „die am Rande leben“, so Marx. Die Zerstörung der Erde und der Lebensgrundlagen für kommende Generationen treffe in besonderer Weise schon jetzt die Armen. Es werde deshalb höchste Zeit, „dass wir Fortschritt nicht nur messen am wirtschaftlichen Wachstum und an technischen Errungenschaften, sondern vielmehr daran, dass wir nachhaltige Schritte gehen, um möglichst vielen, ja allen Menschen, ein Leben in Würde zu ermöglichen“.
 
Papst Franziskus unterstreiche auch, „dass wir Menschen mit der ganzen Schöpfung verbunden sind“, was gleichzeitig bedeute, dass „alle Bemühungen, den Klimawandel zu stoppen oder zu verlangsamen nicht nur eine politische Aufgabe sind, sondern aus einem religiösen Impuls und einer moralischen Verantwortung kommen“, so Marx. Das Erzbistum München und Freising bemühe sich darum, „Schöpfungsverantwortung zu einem durchgehenden Auftrag werden zu lassen“. Im Sommer 2019 hat Kardinal Marx deshalb bei einer Begegnung mit Schülerinnen und Schülern einen Laudato Si‘-Preis angekündigt, der die Initiativen Jugendlicher für die Schöpfungsverantwortung auszeichnen soll. Künftig werden damit Projekte gewürdigt, die einen besonderen Beitrag zur Bewahrung der Schöpfung leisten, „damit junge Menschen an unseren Schulen Initiativen in Gang bringen und zeigen können, was auf der örtlichen und auf der persönlichen Ebene möglich ist, um diese Verantwortung wahrzunehmen“, schreibt der Kardinal.
 
Das nachsynodale Schreiben „Querida Amazonia“ („Das geliebte Amazonien“), das der Heilige Vater nach der Amazonassynode veröffentlicht hat, bezeichnet Kardinal Marx in seinem Hirtenbrief als „eine Vertiefung und Anwendung der Enzyklika Laudato Si‘“. Es mache deutlich, „dass wir als Kirche ganz verwurzelt sind mit den konkreten Herausforderungen vor Ort, dass unser Blick aber immer auch auf das Ganze der Erde, der Menschheitsfamilie, der Lebensperspektiven für alle Menschen gerichtet ist“. Kirche dürfe nicht selbstbezogen sein, betont Kardinal Marx: „Nur wenn wir als Gemeinschaft derer, die den Namen Jesu Christi tragen, die Not und die Sorgen aller vor Augen haben und uns für das Leben aller Menschen einsetzen, tragen wir zu Recht den Namen Kirche Jesu Christi.“ (hs)