Marx: „Polizeiseelsorge ist Dienst am Gemeinwesen“

Zum 100-jährigen Bestehen betont der Kardinal ihre Bedeutung für Recht und Demokratie / 
Hoffnung auf versöhnende Kraft des neuen US-Präsidenten
München, 20. Januar 2021. Die Polizeiseelsorge der Kirche ist nach Kardinal Reinhard Marx „Dienst am Gemeinwesen“, da sie Polizistinnen und Polizisten unterstütze, wenn diese „Trost und Kraft brauchen in schwierigen Situationen“. Einsatzkräfte müssten bei ihrem Auftrag bestärkt werden, „Polizei zu sein in einem Rechtsstaat, einer Demokratie, in einem Gemeinwesen, das die Freiheit, das Leben und die Würde des Einzelnen schützt und dagegen vorgeht, wenn all das gefährdet wird“. Marx dankte der Polizei „und allen, die in der Polizeiseelsorge mit an ihrer Seite sind“, bei einem Gottesdienst zum Abschluss des Jubiläumsjahres zum 100-jährigen Bestehen der Bayerischen Polizeiseelsorge am Mittwoch, 20. Januar, im Münchner Liebfrauendom. Der Tag ist zugleich Gedenktag des Heiligen Sebastian, Schutzpatron der Polizei.

Jederzeit unterstütze die Polizeiseelsorge laut Marx Männer und Frauen bei ihrem Einsatz für den Schutz der Freiheit und der Menschenwürde aller, „auch derer, die nicht dieselben Überzeugungen teilen“. Eine gesellschaftliche Polarisierung, die etwa aus der jüngeren Berichterstattung über die USA deutlich werde, mache klar, dass demokratische Errungenschaften nicht selbstverständlich seien, sondern „immer wieder die Kräfte mobilisiert werden müssen, die dafür eintreten“. Es brauche ein „hellwaches Bewusstsein, auch bei uns“, immer dann, „wenn die Wahrheit verfälscht wird, wenn Rechtsstaatlichkeit untergraben wird, wenn die Gerichte missachtet werden“. Mit Blick auf den neuen amerikanischen Präsidenten Joe Biden und dessen versöhnendes Potenzial äußerte Marx Hoffnung – auch angesichts dessen katholischer Wurzeln, „die das Amt mitprägen können und werden“.

Die Polizeiseelsorge wurde 1920 auf Initiative von Ellen Ammann gegründet, die als eine der ersten Frauen in den bayerischen Landtag gewählt worden war. Marx bezeichnete Ammann als „eine der stärksten katholischen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts in Bayern“, ohne die „die Polizeiseelsorge nicht denkbar“ gewesen wäre. Der zeitliche Kontext, in dem Ammann lebte, habe die Gründung dieser Institution beeinflusst, so Marx. Der Politikerin sei nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs und den Umbrüchen, die dann folgten, deutlich geworden, „dass, wie wir in Bayern sagen würden, die Demokratie keine gemahte Wiesn ist“ und dass „die Gefährdungen der Demokratie von innen und außen immer da sind“. Die Polizei spiele eine zentrale Rolle dabei, diese Gefährdungen abzuwehren und die Polizeiseelsorge leiste als Miteinander von Staat und Kirche einen wichtigen Beitrag.

Unter anderem kümmert sich die Polizeiseelsorge um die berufsethische Ausbildung junger Polizistinnen und Polizisten und bietet Beratungs- und Seelsorgegespräche für einzelne Beamte oder Gruppen an. Vor, während und nach belastenden Ereignissen, zum Beispiel schweren Unfällen oder Tötungsdelikten, bieten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seelsorgerische Begleitung an. Sie organisieren auch Gottesdienste, Segnungen für Fahrzeuge und Gebäude, Wallfahrten, Studienreisen und Besinnungstage. Auch Angehörige von Polizistinnen und Polizisten können sich an die Polizeiseelsorge wenden. Derzeit stehen in Bayern 28 Seelsorgerinnen und Seelsorger aus katholischer und evangelischer Kirche in enger Abstimmung um etwa 40.000 Polizisten zur Verfügung. Für das Erzbistum München und Freising sind zwei Frauen und zwei Männer in der Polizeiseelsorge tätig. (hs/glx)