Spaziergang für die Seele Münchner Religionslehrerin vermittelt Freude am Glauben

Immer weniger Katholiken besuchen regelmäßig den Gottesdienst. So lernen die meisten Kinder die Geschichten aus der Bibel vor allem im Religionsunterricht kennen. Doch können sie sich darauf überhaupt einlassen? Ein Besuch in einer Münchner Grundschule.
 
Religionslehrerin Monika Radek vor ihrer Tafel in der Grundschule München im Stadtteil Neuhausen-Nymphenburg
Lehrerin Monika Radek arbeitet gerne mit religiöser Kunst, um Glaubensinhalte zu vermitteln
„Guten Morgen, Frau Radek und alle miteinander!“, rufen über 20 Kinder im Chor. Der Religionsunterricht der Klasse 4b in der Grundschule München im Stadtteil Neuhausen-Nymphenburg hat begonnen. Heute geht es um das Thema „Gott in Bildern und Vergleichen“.

Anhand von Rembrandts Gemälde „Die Rückkehr des verlorenen Sohnes“ nähern sich die Schülerinnen und Schüler dem Gleichnis vom barmherzigen Vater an. Zunächst bittet Lehrerin Monika Radek die Kinder, das Bild zu beschreiben. Dabei spricht sie die Kinder mit „du“, nicht mit „ihr“ an. Alle sollen sich gemeint fühlen.

In Gefühle hineinversetzen

Doch nicht nur das Bild wird beschrieben. Die Kinder sollen sich auch in die Gefühle der Protagonisten hineinversetzen. Während der verlorene Sohn traurig und in zerlumpter Kleidung vor seinem Vater kniet und ihn anfleht, hält der Vater ihn dankbar in den Armen.

Monika Radek arbeitet gerne mit religiöser Kunst, wenn sie ihren Schülern Glaubensinhalte vermitteln will. Schließlich habe sie dafür Spielraum im Lehrplan, sagt die 57-Jährige. Seit 30 Jahren ist sie Religionslehrerin, seit fünf Jahren unterrichtet sie an der Grundschule in der Gertrud-Bäumer-Straße. „Glaube schenkt Freude“, ist sie sicher. Diese Freude sollen die Kinder auch im Unterricht spüren und die Geschichte und Feste, vor allem aber die tröstenden Texte der Bibel kennenlernen.

Weihnachtsoratorium und Matthäuspassion

Musik spielt ebenfalls eine wichtige Rolle in ihrem Unterricht. In der Weihnachtszeit brachte sie den Kindern „Bereite dich, Zion“ aus Bachs Weihnachtsoratorium nahe. Schließlich drücke das Stück das aus, was Advent bedeute: Sehnsucht und die Hoffnung auf den Retter. Die Lehrerin wunderte sich darüber, wie begeistert ihre Schüler einen Comic über den Thomanerchor anschauten und sich auf die Hochkultur einlassen konnten. Zu Ostern werden sie sich mit dem Abschlusschor der Matthäuspassion beschäftigen.
Es überrascht, wie fokussiert die Schüler auf den Unterricht sind und wie ruhig sie sich in den Phasen der Einzelarbeit verhalten – und das liegt nicht nur daran, dass heute ein Redakteur der Kirchenzeitung zuschaut, versichert die Lehrerin, die von ihren Schülern mit „Du, Frau Radek“ angesprochen wird.

Anerkennung für das Fach Religion

„Religion ist bei uns an der Schule genauso angesehen wie jedes andere Fach auch“, meint Radek. Das liege nicht zuletzt daran, dass auch die Konrektorin Religionsunterricht erteilt, aber auch die anderen Kollegen seien dem Fach gegenüber nicht ablehnend eingestellt. Trotzdem nimmt sie Veränderungen wahr: In jeder Jahrgangsstufe gibt es sechs Klassen. Trotzdem bekommen sie nur zwei katholische Gruppen pro Jahrgang zusammen.

Nur noch ein Drittel der Schüler an der Neuhausener Grundschule ist katholisch: „Das tut schon weh“, gibt die Lehrerin zu. Den Eltern sei der katholische Religionsunterricht jedoch wichtig, meint sie: „Ihnen ist die religiöse Erziehung ein Anliegen, auch wenn sie nicht jeden Sonntag in die Kirche gehen.“ Viele Eltern würden sich jedoch ganz bewusst für den Ethikunterricht entscheiden.

Schüler aufgeschlossen und wohlwollend

Ähnliches weiß Matthias Mandl, Englisch- und Religionslehrer am Gymnasium in Oberhaching, zu berichten. Die Schüler seien aufgeschlossen und wohlwollend. Das Fach werde angesehen wie jedes andere auch: „Vielleicht sind die Schüler auch froh darüber, dass die Anforderungen nicht so hoch sind wie in Mathe und Latein.“
In der 9. Klasse organisieren die Religionslehrer eine mehrtägige Fahrt ins Aktionszentrum Benediktbeuern, an der alle Schüler teilnehmen. Dort stehen Fragen zu Ethik, Partnerschaft und Umweltschutz im Mittelpunkt. „Das wird sehr gut angenommen“, weiß Mandl. In der mündlichen Abiturprüfung ist das Fach Religion ebenfalls beliebt: „Die Schüler setzen sich gerne mit Religionskritik oder Argumenten für Gottes Existenz auseinander.“

Christliches Menschenbild im Mittelpunkt

Mandl möchte seinen Schülern das christliche Menschenbild und seine Auswirkungen auf die Gesellschaft vermitteln. Schließlich gehen nur noch drei bis vier Prozent der Katholiken in die Kirche, viele Kinder haben gar keinen religiösen Hintergrund mehr. Nur noch 45 Prozent der Schüler am Oberhachinger Gymnasium seien katholisch, so der 51-Jährige.

Der Religionsstunde in der 4b ist zu Ende, die Kinder packen ihre Sachen zusammen und gehen in den nächsten Unterrichtsraum. Nächstes Mal beschäftigen sie sich mit dem Leben von Rembrandt, der das Bild zum Gleichnis gemalt hat. Für ihre Lehrerin Monika Radek ist der Religionsunterricht „ein Spaziergang, der der Seele guttut“. Es bleibt zu hoffen, dass das weiterhin viele Kinder so empfinden.
Text: Maximilian Lemli, Redakteur beim Michaelsbund, Februar 2023
 

Zahlen, Daten und Fakten zum katholischen Religionsunterricht im Erzbistum München und Freising

Auf dem Gebiet der Erzdiözese München und Freising besuchen im laufenden Schuljahr 2022/23 151.391 Kinder und Jugendliche, die katholisch getauft sind, den katholischen Religionsunterricht an den Grund-, Mittel- und Förderschulen sowie an Realschulen und Gymnasien. Das sind 94 Prozent der katholischen Schülerinnen und Schüler.

Dazu kommen noch 16.299 Kinder und Jugendliche, die am katholischen Religionsunterricht teilnehmen, obwohl sie nicht katholisch getauft sind. Insgesamt sind also 167.690 Schülerinnen und Schüler im katholischen Religionsunterricht an den genannten Schularten auf dem Gebiet der Erzdiözese.

Sie werden unterrichtet von 2.858 Lehrkräften mit Missio Canonica im staatlichen, kommunalen, kirchlichen und privaten Schuldienst sowie 437 Religionslehrkräften im Kirchendienst an Grund-, Mittel- und Förderschulen. Zudem sind 139 pastorale Mitarbeiter:innen auch im Religionsunterricht tätig.
 
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