"Ein Stück mehr Normalität" Wünsche und Hoffnungen für das neue Schuljahr 2021/2022

 
Eines ist ganz klar: Niemand wünscht sich ein Schuljahr wie diejenigen der letzten eineinhalb Jahre. Welche Hoffnungen sie für das gerade begonnene haben, verraten hier Akteure aus dem Bildungsbereich - von einer Schülerin bis zum Kultusminister.
 
Schülerinnen
 
Schülerin Anne-Sophie Hasel
Anne-Sophie Hasel, Schülerin der 11. Klasse am Theresia-Gerhardinger-Gymnasium am Anger in München:

"Ich hoffe, dass wir weiterhin im Präsenzunterricht bleiben können und nicht mehr in einen Lockdown gehen müssen, so dass ich jeden Tag meine Lehrer und meine Freundinnen in der Schule sehen kann. Das wäre wichtig, weil es für mich nun schon Richtung Abitur geht. Ich mache an meiner Schule auch in der Tanzgruppe 'Celtic Colleens' mit. Wir trainieren jede Woche hart, wegen Corona sind vergangenes Jahr aber alle Turniere ausgefallen. Deshalb ist es mein größter Wunsch, dass wir in diesem Schuljahr wieder bei der Weltmeisterschaft antreten und unseren Vize-Weltmeistertitel verteidigen können."
 

Joachim Burghardt
Joachim Burghardt, Redakteur der "Münchner Kirchenzeitung" und Vater von drei Kindern:

"Im engen Klassenzimmer, das sich mein zehnjähriger Sohn mit 32 anderen Schülern teilt, gibt es immer noch keine Luftfilter. Wegen der Maskenpflicht konnte er von seinen neuen Lehrern wochenlang nur die Augen sehen. Und die Schule schickte mir bislang 19 Info-Mails mit insgesamt 80 PDF-Seiten im Anhang – so sah unser Start ins nun schon dritte (!) Corona-Schuljahr aus. Es braucht jetzt eine ehrliche Neuausrichtung am Kindeswohl. Wenn unser ganzes Denken nur noch obsessiv um Ansteckungsgefahren und Hygienekonzepte kreist, verkümmert unser Gefühl für das Wesentliche.

Vergessen wir nicht: Kinder sind durch Covid-19 weit weniger gefährdet und offenbar auch selbst weniger infektiös als ältere Menschen. Im ersten Pandemie-Jahr musste in Deutschland in der Altersgruppe von fünf bis 14 Jahren nur jedes 10.000. infizierte Kind intensivmedizinisch behandelt werden. Vieles deutet darauf hin, dass für die junge Generation die psychischen und sozialen Schäden infolge von Kontaktsperre, Distanzunterricht und allgemeiner Hysterie eine weitaus größere Gefahr darstellen als das Virus selbst. Ich erwarte daher, dass in den Schulen endlich wieder mehr Gelassenheit, Humanität und Lebensfreude auf dem Lehrplan stehen."
 

Schulleiterin Hildegund Nicklas
Hildegund Nicklas, Oberstudiendirektorin und Schulleiterin des Erzbischöflichen Edith-Stein-Gymnasiums:

"Jetzt geht es darum, Schule wieder als den Raum des Lernens, der Begegnung und des Austauschs zu erfahren. Trotz der Hygienepläne soll, wenn wir uns im Schulalltag begegnen, wieder spürbar werden, wofür wir hier alle einstehen: Anerkennung, Unterstützung, Zuwendung, auch Nachsicht, Geduld und Rücksicht. Damit ist eine besondere Achtsamkeit gefragt – nicht als Ängstlichkeit vor Ansteckung, sondern als Aufmerksamkeit für die besondere Situation der Banknachbarin, der Lehrkräfte oder der Familie. So stellt sich auch das Sicherheitsgefühl wieder ein, das manch einer in den letzten Monaten verloren hat. Schön, wenn unsere Schülerinnen wieder zeigen, was in ihnen steckt, und vielleicht sogar bei der einen oder anderen Gelegenheit 'über die Stränge schlagen'. Es gab Zeiten, da hat uns als Lehrkräfte solch entwicklungsbedingtes Verhalten mehr beschäftigt und herausgefordert als die Frage nach dem Infektionsschutz."
 

Wolfgang Mühldorfer
Wolfgang Mühldorfer für die Leiter der Erzbischöflichen St.-Irmengard-Schulen in Garmisch-Partenkirchen:

"Als drei kirchliche Schulen an einem Standort haben wir über alle drei Schularten Gymnasium, Realschule und Fachoberschule hinweg den Wunsch, Unterricht und vor allem schulisches Leben wieder als persönliche Begegnung gestalten zu können. Trotz sehr erfolgreicher Nutzung moderner digitaler Unterrichtsmethoden in den Zeiten des Lockdowns wie Videokonferenzen et cetera über MS-Teams spüren wir doch, dass Schule davon lebt, gemeinsam an einem Lernort zu sein und persönlich miteinander umzugehen. Und wir haben einen wunderschönen, generalsanierten Lernort, an dem sich alle Mitglieder der Schulgemeinschaft wohlfühlen und der mit Leben erfüllt sein will. Wir hoffen auf ein Schuljahr mit gelebter Gemeinschaft, in dem alle gesund bleiben und so lernen und lehren können, dass es für alle eine gute und erfolgreiche Zeit wird."
 

Ralf Grillmayer
Ralf Grillmayer, Leitender Oberstudiendirektor i. K. und Leiter der Hauptabteilung Erzbischöfliche Schulen im Erzbischöflichen Ordinariat:

"Zum einen hoffe ich, dass unsere Schulen auch weiterhin die Einschränkungen und Anforderungen gut bewältigen – die Pandemie ist ja noch keineswegs besiegt, und die Belastungen für den Schulalltag sind wirklich enorm. Zum anderen wünsche ich mir, dass Corona nun möglichst bald durch die dazu nötigen Impfzahlen überwunden wird. Hier sollten alle solidarisch sein und verstehen: Beim Impfen geht es nicht nur um mich, sondern auch um andere.

Begeistert haben mich der Einsatz und die Kreativität, mit denen an unseren Schulen ganz vielfältig versucht wurde, aus Lockdown und Distanzunterricht das Beste zu machen und den Auftrag kirchlicher Schulen, nämlich die Sorge um den einzelnen Menschen, zu erfüllen. Da können viele gute Ideen weiterwirken! Und schließlich wünsche ich allen Schülerinnen und Schülern, dass sie die Freude behalten, wieder in der Schule sein und dort gemeinsam leben und arbeiten zu können."
 

Kultusminister Michael Piazolo
Prof. Michael Piazolo, Bayerischer Staatsminister für Unterricht und Kultur:

"Durchgängiger Präsenzunterricht für das ganze Schuljahr – das ist mein größter Wunsch für die kommende Zeit. Für dieses Ziel haben wir ein starkes und engmaschiges Sicherheitsnetz geknüpft – aus Impfangeboten, Testungen, Luftfilteranlagen und einem Rahmenhygieneplan. Deshalb bin ich auch guten Mutes, dass unsere Lehrkräfte, Schülerinnen, Schüler und Eltern wieder ein Stück mehr Normalität im Schulalltag erleben können.

Neben dem Präsenzunterricht wünsche ich mir, dass wir mit dem Programm 'gemeinsam.Brücken.bauen' weiterhin genau diejenigen Schülerinnen und Schüler bestmöglich unterstützen und fördern können, die es während des Lockdowns nicht so leicht hatten. Und eins sollte im neuen Schuljahr auch nicht zu kurz kommen: das gemeinsame Miteinander. Schule ist ein Ort der Gemeinschaft und der direkten Begegnung. Deshalb wünsche ich unseren Schülerinnen und Schülern nicht nur beim Lernen viele schöne gemeinsame Stunden, sondern auch bei Klassenfahrten, Wandertagen und Schulveranstaltungen."
 
Text: "Münchner Kirchenzeitung", Oktober 2021