„Wer etwas verändern will, sollte bei sich anfangen!“ Beim Selbstcoaching-Programm "MUTmacherei" lernen junge Erwachsene, ihren Weg im Leben zu finden

Nichts ist in der Pandemie mehr, wie es war – schon gar nicht für junge Erwachsene. Aus Rücksicht auf die Risikogruppen durften sie im vergangenen Jahr drinnen keine Freunde mehr treffen oder Partys feiern, das Ausland war weiter weg denn je. Franz Punz kennt das alles – und hat seine Zuversicht dennoch nicht verloren. Dazu trug auch die "MUTmacherei" bei, erzählt der 22-Jährige aus dem Pfarrverband Stiftsland Berchtesgaden, das Selbstcoaching-Programm für junge Erwachsene des Erzbischöflichen Jugendamtes München und Freising. Im Mai stand ein weiterer „MutmachMontag“ an – mit einem Berufungs-Coaching.    
Jugendlicher im Sprung
Das Selbstcoaching-Programm "MUTmacherei" des erzbischöflichen Jugendamtes soll jungen Erwachsenen helfen, ihren Weg im Leben zu finden.
An jedem letzten Montag des Monats sprechen externe Referenten via Zoom über Themen, die Jugendliche und junge Erwachsene umtreiben. Am 31. Mai referierte beispielsweise Stephanie Meier von der Jugendstelle Rosenheim über das Thema „Was kann ich eigentlich? Erkenne deine Stärken! – Einblick ins Berufungscoaching". „Wir wollen mit diesem Format die virtuellen Treffen der vergangenen Monate fortführen, bei denen wir uns immer montags ausgetauscht haben“, sagt Martin Härtl, Jugendreferent an der Katholischen Jugendstelle Landshut, zugleich Karriere- und Life-Design-Coach sowie Business-Trainer. Weitere Aktionen sollen in den nächsten Monaten folgen.

Der Psychologe gehört zum Netzwerk „Junge Erwachsene“, einem Zusammenschluss von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wie etwa Theologen und Pädagogen aus dem Erzbischöflichen Jugendamt und den Pfarrgemeinden im Erzbistum München und Freising, die unterschiedliche Angebote für junge Erwachsene entwickeln. Eines davon: die "MUTmacherei", die Martin Härtl zusammen mit den Kolleginnen Christine Präuer, Sylvia Scheifler, Veronika Koch und der evangelischen Diakonin Veronika Pummerer entwickelt und umgesetzt hat.
 

"Die 'MUTmacherei' ist am Puls der Zeit"

Bank mit Aufschrift
Hinter Selbstcoaching steht die Überzeugung, dass vieles von dem, was junge Erwachsene im Leben erreichen können, in ihnen bereits angelegt ist.
Die Idee dazu kam beim Hackathon des Erzbischöflichen Jugendamtes im Mai 2020 auf, als direkte Antwort auf die Herausforderungen dieser Tage. „In der Corona-Zeit müssen junge Menschen auf vieles verzichten“, erläutert Martin Härtl, „wir wollten die Ressourcen in den Blick nehmen und darauf schauen, was bei ihnen bereits vorhanden ist, was ihnen guttut und was ihnen über die schwierigen Zeiten hinweghelfen kann. Aus diesem Grundgedanken heraus ist das Projekt entstanden.“

Die Angebote richten sich an junge Erwachsene ab 17 Jahren, die meisten davon kommen aus dem kirchlichen Umfeld. Franz Punz beispielsweise ist bereits seit vielen Jahren in der Jugend- und Ministrantenarbeit des Pfarrverbands engagiert. Beruflich leitet er die Tourist-Information in Schönau am Königssee, wo er auch seine Kaufmanns-Ausbildung absolvierte. „Wir entwickeln unsere Angebote aber nicht nur für ,fromme‘ Christen, sondern sprechen alle an“, betont Martin Härtl. Die Aktionen sind nicht regional verankert, viele laufen über das Internet und Instagram, wo auch Franz Punz darauf aufmerksam wurde. Er sagt: „Die 'MUTmacherei' ist ein tolles Projekt, weil es am Puls der Zeit ist. Die regelmäßigen Online-Calls im Winter haben uns geholfen, in Kontakt zu bleiben und uns auszutauschen.“ Auch das Fastenheft gefiel ihm.
 

Alles, was fürs Leben wichtig ist, ist in den Menschen schon angelegt

Das Heft "#MEtime", das mit seinem modernen Design offenbar den Geschmack der jungen Zielgruppe traf, hatte das Team im Vorfeld der Fastenzeit selbst entwickelt, gestaltet und in einer Auflage von 1.000 Stück drucken lassen. Die bunte Mischung aus Audio-, Video-, Schreib-, Bewegungs- und Körperimpulsen kam so gut an, dass sogar eine zweite Auflage gedruckt werden musste.

Weitere Säulen der "MUTmacherei" sind die Video-Calls am Montagabend und die Internetseite, auf der unter Überschriften wie „MutICH“, „FAIRänderung“ oder „Es ist nicht immer ALLES GUT“ neben inspirierenden Gedanken und „Tricks, die helfen sollen, Deine Ängste und Unsicherheiten zu überwinden“, auch Selbstcoaching-Übungen angeboten werden.
Frau beim Klettern
Die "MUTmacherei" vermittelt Halt und Orientierung im Leben.
Diese sollen den jungen Erwachsenen Halt in der Krise geben. „Hinter Selbstcoaching steht die Überzeugung, dass alles, was fürs Leben wichtig ist, in den Jugendlichen bereits angelegt ist. Wir Coaches führen mit ihnen einen Dialog auf Augenhöhe. Wir versuchen, die richtigen Fragen zu stellen und aus ihnen herauszuholen, was an Ressourcen in ihnen steckt“, erklärt Martin Härtl, der sich schon während seines Psychologiestudiums intensiv mit dem Thema beschäftigte und später diverse Fortbildungen dazu absolvierte.

Die "MUTmacher" wollen den Heranwachsenden mit Hilfe der Übungen, Impulse und Online-Gespräche eine wichtige Erkenntnis im Leben näher bringen: „Den Gedanken, dass man andere Menschen nicht verändern kann, sondern nur sich selbst. Wer etwas verändern möchte, sollte immer zuerst bei sich anfangen. Sich selbst stärken. Nur dann kann man in die Welt hinausgehen und zusammen mit anderen etwas bewegen“, erklärt Martin Härtl. Sie sollen lernen, den Mut nicht zu verlieren, sondern einen Weg im Leben finden, der sie erfüllt, glücklich macht und auf dem sie die individuellen Stärken einsetzen können, die in ihnen schlummern – und aus den unterschiedlichsten Gründen nicht immer zur Entfaltung kommen. Daher verweisen viele der behandelten Themen auf das „Ich“ der jungen Erwachsenen („reichhaltICH“, „schöpferICH“, „geduldICH“).
 

Selbstcoaching-Übungen auf dem Weg zum Erwachsensein

Eine der Übungen, die gut ankamen, heißt „Der Fluss des Lebens“. Dafür sollten sie das eigene Leben als Fluss betrachten: Wo liegt ihre Quelle? Welche Hindernisse mussten sie im Leben umfließen? Gab es Stromschnellen, die ihr Leben beschleunigten? Wie wurden sie damit fertig? Positive Rückmeldungen gab es auch für das Vision-Board. Dafür sollten sich die jungen Erwachsenen die Frage stellen, wer sie in dieser Welt sein möchten und wie sie leben wollen. „Male dir in Gedanken deine bestmögliche Version aus“, lautete die Anweisung im Fastenheft. „Wenn du deine Wünsche für die Zukunft kennst, weißt du unterbewusst auch deine nächsten Schritte.“

Sie schauten dafür Magazine und Zeitungen durch, schnitten Bilder und Zitate aus, klebten sie auf Kartons und setzten sogar eigene Zeichnungen hinzu. Beim Betrachten des Vision-Boards sollten sie sich fragen, was es bedeute, wenn sie all das bereits erreicht hätten – und dabei genau auf ihre Gefühle achten. „Dieses Einfühlen wird in deinem Körper abgespeichert“, hieß es am Ende der Übung im Heft. „Es ist ein wichtiger Schritt zum Verwirklichen deiner Träume! Dein Zweifeln im Kopf wird ausgeschaltet.“
Junger Mann als Astronaut
In den Übungen wurden die Jugendlichen aufgefordert, nicht nur zu träumen, sondern auch etwas zu riskieren und die ersten Schritte zu wagen.
Die "MUTmacher" wollten aber nicht nur Bilder und bunte Collagen schaffen. Sie forderten die jungen Erwachsenen auch auf, etwas zu riskieren und den ersten Schritt zu wagen, auch wenn sie sich nicht sicher fühlen: „Die einfache Wahrheit ist leider, dass Du Dich wahrscheinlich nie bereit und zu 100 Prozent sicher fühlen wirst. Die Wahrheit ist auch, dass sich nichts ändern wird, solange du deine Ideen und Visionen nur im Kopf hast.“

Für die Übungen erhielt das Team viele Rückmeldungen, dass sie die jungen Leute weitergebracht und sogar den Blick auf einige Dinge verändert hätten. So erging es auch Franz Punz: „Ich habe angefangen, morgens nicht immer sofort aufs Handy zu schauen. Stattdessen habe ich mir mehr Zeit für mich genommen. Erst mal einen Kaffee trinken, den Tag entspannter angehen. Im Lockdown hat mir das geholfen.“
 

„Ihr Leben wird in dieser Krise mit am meisten beschnitten“

Martin Härtl freut sich über solche Rückmeldungen und über den Erfolg des "MUTmacherei"-Projekts. Es sei nicht leicht gewesen, in der Pandemie den Kontakt zu den Jugendlichen zu halten, erzählt er: „Viele haben sich zurückgezogen. Bei anderen haben wir gemerkt, dass sie den Kontakt brauchen, um loswerden zu können, was sie gerade beschäftigt.“ Mit Blick auf die Beschränkungen der letzten Monate sagt er: „Das Leben der jungen Erwachsenen wurde in dieser Krise mit am stärksten beschnitten. Vieles, was ihr Leben bislang ausmachte, war nicht möglich.“ Bei vielen nehme er eine große Unsicherheit wahr, wie es künftig weitergehen soll – nicht nur bei denen, die sich in einer Übergangsphase befinden, weil sie gerade ihr Abitur machen oder mit dem Studium angefangen haben. „Die psychische Belastung ist ihnen anzumerken. Auch deshalb passt das Selbstcoaching gut in diese Zeit.“

Neben einer gestärkten Persönlichkeit helfe vielen Jugendlichen auch der Glaube, sagt Martin Härtl: als Basis, auch im Sinne gemeinsamer Werte, die alles andere beeinflusse. Der Jugendreferent ist sich darüber bewusst, sich mit seiner Arbeit oft wie in einer „Blase“, in einem speziellen Milieu zu bewegen, weil er viel mit christlich sozialisierten Jugendlichen arbeite, die mit der Kirche etwas anfangen können. Viele andere seien mit den Angeboten der kirchlichen Jugendarbeit dagegen nur schwer erreichbar. Wobei: „Bei der MUTmacherei, vor allem beim Fastenheft, hörten wir oft: ‚Was – so etwas macht die Kirche? Das hätte ich nicht gedacht. Cool.‘“

Autor: Christian Horwedel, freier Redakteur, im Mai 2021

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