Generalvikar Klingan enthüllt und segnet Gedenktafel für NS-Opfer in KZ-Gedenkstätte Dachau
München/Dachau, 18. Juni 2025. Eine neue Gedenktafel erinnert in der KZ-Gedenkstätte Dachau an die beiden Märtyrer und Opfer des nationalsozialistischen Regimes Fritz Gerlich und Wolfgang Meier. Christoph Klingan, Generalvikar der Erzdiözese München und Freising, segnet im Rahmen der Enthüllung am Mittwoch, 18. Juni, um 11 Uhr, die Tafel, auf der das Bibelwort „Herr, du Gott meiner Rettung, am Tag und in der Nacht schrei ich vor dir. Lass mein Bittgebet vor dein Angesicht kommen, neige dein Ohr meinem Rufen“ (Psalm 88, 2-3) zu lesen ist und die namentlich an Gerlich und Meier sowie „an alle Opfer aus dem Erzbistum München und Freising während der Zeit des Nationalsozialismus“ erinnern soll.
Gerlich und Meier „haben den Mut aufgebracht, ihrer inneren Überzeugung treu zu bleiben und sich dem NS-Regime zu widersetzen. Ihre christliche Prägung war dabei eine wichtige Quelle dieser inneren Kraft“, sagt Generalvikar Klingan laut Manuskript im Rahmen der Enthüllung und Segnung der Tafel. Beide seien „Vorbilder im Glauben“, die zugleich „den Glauben an das Gute im Menschen, die Hoffnung auf Licht inmitten der Dunkelheit von Terror und Gewalt, die Liebe zu unseren Nächsten“ bestärkten, so Klingan. In ihrer Zeit gehörten Gerlich und Meyer laut dem Generalvikar zu einer „Minderheit in einer großen Menge der Ängstlichen, Schweigenden und Wegsehenden“ – umso dankbarer müsse man für ihr Zeugnis sein. Von Gerlich und Meier könne man für die Herausforderungen der Gegenwart lernen, betont Klingan: „Auch heute gilt es wieder in aller Dringlichkeit, nicht Hass und Hetze, Verrohung und Spaltung zu erliegen, sondern klar für Mitmenschlichkeit und den Wert jedes Einzelnen Stellung zu beziehen. Es gilt, wach und hellsichtig zu sein, wenn Menschen zu Opfern gemacht werden. Es gilt, sich einzusetzen für eine Welt, in der alle Menschen mit der von Gott geschenkten Würde als seine Ebenbilder leben können.“
Wolfgang Meier (1878-1945) versteckte den im Widerstand gegen den Nationalsozialismus aktiven Jesuitenprovinzial Augustin Rösch und bezahlte dafür mit dem Leben. Im Wissen darum, dass Rösch nach dem gescheiterten Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 landesweit gesucht wurde, zögerte er nicht, als die Armen Schulschwestern, die Rösch im Kloster Moosen bei Dorfen versteckt hatten, ihn baten, den Jesuiten aufzunehmen. Der in Frauenornau geborene Meier, Bauer und Vater von vierzehn Kindern, hatte drei Kinder bereits als Säuglinge verloren, ein Sohn war als Jugendlicher nach einer Operation verstorben und vier weitere Söhne im Zweiten Weltkrieg gefallen. Die Familie versteckte Pater Rösch ab September 1944 auf dem Hof. Im Februar 1945 stürmte die Gestapo das Anwesen und nahm nicht nur Rösch und zwei weitere Geistliche, die zu Gast waren, fest, sondern auch Meier, seine beiden überlebenden Söhne und eine seiner Töchter. Die Priester wurden nach Berlin gebracht, Meiers Tochter Maria nach einigen Tagen aus dem Gefängnis entlassen, ihn selbst jedoch und seine Söhne Wolfgang und Martin brachte die Gestapo ins Konzentrationslager Dachau, wo sie interniert wurden. Dort starb der Bauer am 22. Februar 1945 laut offizieller Darstellung an Typhus. Die beiden mit ihm inhaftierten Söhne sowie die drei Priester überlebten das NS-Regime. Wolfgang Meier ist als Glaubenszeuge in das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts aufgenommen.
Fritz Michael Gerlich (1883-1934) war seit Anfang des 20. Jahrhunderts in München publizistisch tätig, in den 1920er Jahren als Chefredakteur der Münchner Neuesten Nachrichten, Vorgängerin der „Süddeutschen Zeitung“, ab 1930 mit seinem eigenen Blatt „Illustrierter Sonntag“, später „Der gerade Weg“. Calvinistisch erzogen, konvertierte der in der damals deutschen Stadt Stettin (Szczecin, Westpommern, heute Polen) geborene Gerlich 1931 zum Katholizismus. Er wandte sich aus christlicher Überzeugung scharf gegen Adolf Hitler und dessen Partei NSDAP – auch wenn ihm bewusst war, dass ihn dies das Leben kosten könnte, sollten die Nationalsozialisten an die Macht kommen. Wenige Wochen nach der sogenannten Machtergreifung der NSDAP stürmte und verwüstete deren paramilitärische Kampftruppe SA Gerlichs Redaktionsräume in der Münchner Hofstatt, misshandelte und verhaftete ihn. In der sogenannten Schutzhaft im Münchner Polizeipräsidium Ettstraße wurde er weiter misshandelt und aufgefordert, sich selbst das Leben zu nehmen. In der Nacht zum 1. Juli 1934 wurde er in das Konzentrationslager Dachau gebracht und dort kurz nach seinem Eintreffen erschossen. Fritz Gerlich ist als Glaubenszeuge in das deutsche Martyrologium des 20. Jahrhunderts aufgenommen. Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising, hat im Dezember 2017 den Seligsprechungsprozess für ihn eröffnet. (glx/ck)