Historische „Kriegs- und Einmarschberichte“ online verfügbar

Eine der wichtigsten Quellen zum Ende des Zweiten Weltkriegs im südlichen Bayern wieder zugänglich
München, 5. Mai 2022. Mit der Online-Stellung der rund 560 „Kriegs- und Einmarschberichte“ von Geistlichen des Erzbistums München und Freising wird einer der wichtigsten Quellenbestände zum Ende des Zweiten Weltkrieges im südlichen Bayern wieder frei zugänglich. Die 2005 in Buchform erschienene Edition der Berichte aus dem Besitz des Archivs des Erzbistums ist seit langem vergriffen. Nun wird der komplette Text online gestellt.
 
Als im Gebiet des Erzbistums der Zweite Weltkrieg in den letzten April- und ersten Maitagen 1945 mit dem Einmarsch amerikanischer Truppen zu Ende ging, hatten die Behörden des nationalsozialistischen Regimes ihre Tätigkeit bereits eingestellt; die Wehrmacht befand sich in Auflösung. Die kirchlichen Verwaltungsstrukturen funktionierten dagegen weiterhin. Dies war die Voraussetzung dafür, dass die Ereignisse vor 77 Jahren heute noch fast unmittelbar nachverfolgt werden können: Am 7. Juni 1945 forderte der Münchner Generalvikar Ferdinand Buchwieser alle Seelsorgestellen auf, über die Kriegsereignisse und speziell das Kriegsende in der jeweiligen Pfarrei zu berichten.
 
Die so entstandenen, zwischen August 1945 und Juni 1946 im Ordinariat eingegangenen, „Kriegs- und Einmarschberichte“ bieten eine Fülle von Informationen zum Kriegsende an fast jedem Ort des Bistumsgebiets. Sie beruhen größtenteils auf eigenem Erleben der Geistlichen und wurden sehr bald nach den Ereignissen niedergeschrieben, auch wenn man bei der Auswertung natürlich stets den subjektiven Blickwinkel der einzelnen Berichterstatter berücksichtigen muss.
 
Entsprechend oft wurden und werden die Berichte genutzt, seitdem das Archiv sie 2005 erstmals vollständig in Buchform veröffentlicht hat. In vielen Ortsgeschichten sind sie zitiert. Zahlreiche Schülergruppen haben mit ihnen gearbeitet, um das Kriegsende in ihrer Heimatregion zu erforschen und mit Dokumenten von amerikanischer Seite sowie mit Berichten noch lebender Zeitzeugen zu vergleichen. Sie wurden genutzt, um die Vergewaltigung deutscher Frauen bei Kriegsende zu dokumentieren und sogar um Blindgänger auf Baugrundstücken aufzuspüren. Vor allem aber bieten sie den einzelnen Pfarrgemeinden die Möglichkeit, diesen einschneidenden Moment ihrer Geschichte besser kennen zu lernen und die Erinnerungen ihrer früheren Seelsorger etwa bei Gedenkveranstaltungen zum Kriegsende einzubeziehen.
 
Die anhaltende Nachfrage nach den Berichten hat das Archiv des Erzbistums veranlasst, den gesamten, 1498 Seiten umfassenden Buchtext der Edition mit Einverständnis des Verlags Schnell & Steiner (Regensburg) in seinem Internetangebot online zu stellen. Mit Hilfe des Ortsregisters können alle gesuchten Einzelberichte schnell aufgefunden und dann heruntergeladen oder ausgedruckt werden. Die Texte sind mit kurzen Angaben zu den berichtenden Geistlichen versehen. In einer ausführlichen Einleitung werden Entstehung und Quellenwert der Berichte sowie der Verlauf des Kriegsendes im Erzbistum dargestellt. (rg/uq)