Marx: „Jesus führt die Menschen in die Freiheit“

Kardinal mahnt Unterscheidung der Geister und würdigt Immanuel Kant
München, 2. Februar 2024. „Jesus führt die Menschen in die Freiheit, nicht in die Abhängigkeit, nicht in die Unterwerfung, nicht in die Enge – in die verantwortliche Freiheit.“ Diese Überzeugung stellte Kardinal Reinhard Marx ins Zentrum seiner Predigt am Abend des Fests Darstellung des Herrn, das traditionell Mariä Lichtmess genannt wird. Zu Beginn des Gottesdienstes im Münchner Liebfrauendom waren Kerzen geweiht worden, eine Lichterprozession schloss sich an.
 
Marx sagte, die „Sehnsucht, Jesus zu verstehen“ treffe auf „eine Sehnsucht in den Herzen der Menschen“, die die Jahrhunderte durchdringe, die Sehnsucht „nach einem Messias, nach einem Heilsbringer, nach einem starken Mann, nach einer starken Frau, nach einem Problemlöser, nach einem, der alles in Ordnung bringt, nach einem, den man verehren kann, den man bejubeln kann“. In der Geschichte habe es viele großen Gestalten gegeben, aber auch „große Verführer“ und „scheinbare Heilsbringer“, so Marx. Es gebe immer wieder die Versuchung, „Menschen in Abhängigkeit zu bringen“. Deswegen sei es wichtig, „immer wieder genau zu unterscheiden, hinzuschauen, wer ist dieser Jesus, welche Art von Messias ist er?“, mahnte der Erzbischof von München und Freising an.
 
Marx legte dar: „Jesus ist Licht! Wenn wir unterscheiden wollen, sind wir in der Spur Jesu oder ist dieser, der Menschen um sich versammelt, der Menschen begeistert und inspiriert, in der Spur Jesu oder nur in seiner eigenen Spur, dann müssen wir diese Frage stellen: Ist er Licht?“ Die Kirche sei eine Hilfe dazu, dass jeder Mensch seinen eigenen Weg finde. „Aber nicht eine, die im Einzelnen detailliert genau sagen kann, welchen Weg jemand zu gehen hat. Das muss er und sie finden in der Freiheit“, sagte er.
 
Kardinal Marx würdigte Immanuel Kant, dessen Geburtstag sich heuer zum 300. Mal jährt, als einen der „größten Philosophen der Geschichte“. Kants Kernaufforderung, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, sei „nicht unchristlich“, so Marx. „Niemand kann die Erfüllung seines Lebens finden, ohne selber zu denken und nicht denken zu lassen“, so der Erzbischof. Er sprach darüber, den eigenen Weg zu gehen „in der Gemeinschaft der Kirche, in die Freiheit Christi hinein“ und schließlich „in der Gemeinschaft die Geschichte des Lebens zusammenzuführen“. Deswegen habe es eine „christliche Aufklärung“ gegeben, „eine positive Auseinandersetzung mit diesen Denkern, die groß vom Menschen gedacht haben“. Er fügte hinzu: „Aber am größten vom Menschen denkt der christliche Glaube! Wir denken nicht klein vom Menschen, wir denken groß vom Menschen!“ Deswegen bedeute Christus zu folgen immer, „ihm folgen in die größere verantwortliche Freiheit“, so Marx. Er verknüpfte: „Das ist Licht. Da geht ein Licht auf!“
 
Der 2. Februar ist zugleich „Welttag des geweihten Lebens“, weswegen zahlreiche Mitglieder von Orden und geistlichen Gemeinschaften den Gottesdienst an Mariä Lichtmess im Liebfrauendom mitfeierten. Ihnen gab Marx mit, sie seien in besonderer Weise aufgerufen, „immer wieder hinzuschauen: Ist das, was ich tue, ein Schritt in diese Erfüllung hinein, das Licht?“ Ordensregeln, Konstitutionen, Ordnungen, Statuten, selbst das Kirchenrecht hüteten „die verantwortliche Freiheit des Menschen“. Marx bekannte, er glaube, „dass das Evangelium tatsächlich die wahre Freiheit ist. Andernfalls müsste ich mich sehr in diesem Jesus von Nazareth geirrt haben“. Er sei überzeugt: „Er will Licht für die Menschen sein, er will, dass die Herrlichkeit Gottes unter uns aufbricht, dass das Fest des Bundes zwischen Gott und den Menschen gefeiert wird, in großer Freiheit und in großer Freude.“ (glx)