Marx fordert Verantwortliche der christlichen Kirchen auf, „mit einer Stimme das Ende der Gewalt“ zu fordern

Kardinal Marx betont am Karfreitag, Kirche müsse „Ort der Gewaltlosigkeit“ sein
München, 13. April 2022. Anlässlich des Karfreitags fordert Kardinal Reinhard Marx alle Verantwortlichen in den christlichen Kirchen und Gemeinschaften dazu auf, „mit einer Stimme das Ende der Gewalt“ zu fordern. Der Erzbischof von München und Freising nennt es „eine Perversion, dass auch Christen im Zeichen des Kreuzes Gewalt ausgeübt haben, dass im jetzigen Krieg getaufte Christen andere Christen umbringen und dafür noch durch Führer der Kirche Unterstützung erfahren“. In der Liturgie das Kreuz Christi zu verehren, sei „eine Verpflichtung auch zum Engagement gegen jede Form der Gewalt, ob in Worten oder Taten“, sagt der Erzbischof laut Manuskript bei der Feier vom Leiden und Sterben Christi, die er am Nachmittag des Karfreitags, 15. April, im Münchner Liebfrauendom feiert. Systeme und Zivilisationen sowie politische Herrschaften, die auf Gewalt aufgebaut seien, könnten „niemals christlich legitimiert werden“.
 
Auch wenn die Kirche, das Volk Gottes, verstrickt bleibe „in die Welt und ihre Kriege und Auseinandersetzungen“, so müsse sie doch „im Kern ein Ort der Gewaltlosigkeit und der überwundenen Gewalt sein“, so Marx. Sie müsse „das Zeichen des Kreuzes allen entgegenhalten, das Zeichen der erlittenen und damit überwundenen Gewalt“. Der Kardinal drückt seine Erschütterung darüber aus, dass in Europa, „dem Kontinent, der am meisten vom christlichen Glauben geprägt wurde – so scheint es jedenfalls“, ein brutaler Krieg stattfinde und in der Vergangenheit „die schrecklichsten Kriege in der Geschichte überhaupt“ stattgefunden hätten. Bis in die Gegenwart hinein beruhe allzu oft „der Aufbau von Macht, Herrschaft und auch großer Zivilisationen auf dem Fundament der Gewalt, der Ausbeutung, der Unterwerfung“. Gerade in diesen Wochen sei wieder sichtbar, „wie sehr Gewalt als Instrument des Aufbaus von Herrschaft brutal eingesetzt wird“, so Marx.
 
Unter diesen Umständen werde die „ungeheure Provokation, die vom Zeichen des Kreuzes ausgeht“, deutlich. Der Schöpfer der Welt lasse zu, dass sich am Leib seines Sohnes „alle Mächte der Gewalt und der Sünde austoben können und so zum Schweigen gebracht werden“, sagt der Kardinal. Für das Johannesevangelium, dessen Passionsgeschichte am Karfreitag zu hören ist, „ist der Tod Jesu der Augenblick der Überwindung aller Gewalt und damit der Beginn einer neuen Zivilisation, einer neuen Schöpfung“.
 
Am Vormittag des Karfreitags begehen traditionell mehrere tausend Gläubige aus vielen Sprach- und Volksgruppen gemeinsam mit dem Erzbischof und dem Bischofsvikar für die Seelsorgsregion München, Weihbischof Rupert Graf zu Stolberg, den „Kreuzweg der Völker“, die Karfreitagsprozession in der Münchner Innenstadt. Pandemiebedingt finden die Kreuzprozession und der liturgische Abschluss in diesem Jahr in verkürzter Form in der Münchner Jesuitenkirche St. Michael statt. Bei dieser Kreuzwegandacht wird besonders der Opfer des Krieges in der Ukraine gedacht und das Vortragekreuz wird von ukrainischen Gemeindemitgliedern getragen. Bohdan Dzyurakh, Bischof der ukrainischen griechisch-katholischen Kirche, nimmt am Kreuzweg teil und spricht ein Grußwort. Das diesjährige Vortragekreuz stammt aus einer Kapelle im Norden der Slowakei. Die Kapelle wurde im Kommunismus der 1950er Jahre zerstört, wobei das Kreuz jedoch unversehrt blieb. Damals wurden Christen, insbesondere Katholiken, in der Tschechoslowakei verfolgt. Das Kreuz soll als Mahnmal gegen Ungerechtigkeit und Verfolgung dienen. (hs)