Sichere Orte, an denen für Übergriffe kein Raum ist In Schulungen zur Prävention von sexualisierter Gewalt erfahren Mitarbeitende von Kitas, wie sie die ihnen anvertrauten Kinder schützen können.

Seit November 2021 werden alle 5.500 Mitarbeitenden in den mehr als 400 Kindertagesstätten der Erzdiözese München und Freising verpflichtend zur Prävention von sexualisierter Gewalt geschult. Das gemeinsame Anliegen der Abteilung Pädagogik der Frühen Kindheit im Ressort Bildung und der Stabsstelle zur Prävention von sexuellem Missbrauch im Erzbischöflichen Ordinariat: Die Kindertagesstätten der Erzdiözese sollen sichere Orte sein, an denen für Übergriffe kein Raum ist.
 
Zwei Kinder glücklich spielend in Kita
Kitas sollen sichere Orte für Kinder sein.
Warum ist es Ihnen ein Anliegen, die Mitarbeitenden der Kindertagesstätten in der Erzdiözese zur Prävention von sexualisierter Gewalt zu schulen?
Leonor Rodrigues de Aquino: Der professionelle Umgang mit sexualisierter Gewalt und vor allem der Schutz von Kindern in unseren Kindertagesstätten sind ein verbindlicher gesetzlicher und kirchlicher Auftrag und eine selbstverständliche Aufgabe für alle unsere Mitarbeitenden. Denn unsere Kindertagesstätten sollen sichere Orte sein, an denen Kinder Vertrauenspersonen an ihrer Seite haben, auf die sie sich verlassen können, die sie ernst nehmen und unterstützen.

Deshalb sind bei uns im Erzbischöflichen Ordinariat diese Schulungen essenziell. Deren Ziel ist die Vermittlung von Wissen und Handlungssicherheit für die Mitarbeitenden in unseren Kindertageseinrichtungen. Sie sollen zeigen, wie sie die ihnen anvertrauten Kinder schützen und wie sie bei Verdacht auf sexuelle Übergriffe bzw. Missbrauch adäquat reagieren können.
 
Welche Inhalte stehen im Fokus der Schulungen und wie werden diese vermittelt?
Lisa Dolatschko-Ajjur: Unser Ziel ist es, bis Dezember 2023 alle unsere 5.500 Mitarbeitenden in den mehr als 400 Einrichtungen zu schulen. Dafür haben wir uns das Caritas Institut für Bildung und Entwicklung (IBE) als Partner an die Seite geholt, das die Schulungen vor Ort in den Einrichtungen durchführt – natürlich in enger Kooperation mit uns und der Abteilung Pädagogik der Frühen Kindheit. Wir orientieren uns dabei weitgehend an den entsprechenden Handreichungen, die wir bereits für unsere Mitarbeitenden in den Kindertageseinrichtungen konzipiert haben.
 
Lisa Dolatschko-Ajjur
Lisa Dolatschko-Ajjur, Leiterin der
Stabsstelle zur Prävention von
sexuellem Missbrauch der Erzdiözese
München und Freising


„Ein sehr wichtiger Bestandteil der Schulungen
ist das institutionelle Schutzkonzept.
Darunter versteht man die Bündelung aller
Präventionsbemühungen, die eine Einrichtung
unternimmt, um Kinder vor sexualisierter Gewalt
zu schützen.“
Konkret heißt das: Die Referentinnen und Referenten erörtern beispielsweise, wann Grenzverletzungen und sexueller Missbrauch beginnen. Wir sensibilisieren auch für das Thema „Übergriffe unter Kindern selbst“ und erklären, welche Interventionsmöglichkeiten und Anlaufstellen es gibt, wenn Kinder im familiären Umfeld bedroht sind. Ein sehr wichtiger Bestandteil der Schulungen ist das institutionelle Schutzkonzept. Darunter versteht man die Bündelung aller Präventionsbemühungen, die eine Einrichtung unternimmt, um Kinder vor sexualisierter Gewalt zu schützen.
 
Welche Bausteine werden besonders in den Blick genommen?
Lisa Dolatschko-Ajjur
: Herzstück des institutionellen Schutzkonzepts ist die Risikoanalyse. Dabei blicken die Einrichtungen ganz detailliert auf die alltäglichen Handlungsabläufe und untersuchen, wo tatgeneigte Personen ansetzen könnten. Wie ist beispielsweise die Hol- und Bringsituation? Geschieht das geordnet und unter Aufsicht der Erzieherinnen und Erzieher, sodass nur die Eltern oder andere Bezugspersonen Zugang haben? Es geht aber auch darum, welche Schutzvorkehrungen getroffen werden, um Situationen, die für Kinder mit großer Intimität verbunden sind, möglichst transparent zu gestalten und gleichzeitig ihr Intimitätsbedürfnis zu wahren. Ein typisches Beispiel dafür ist das Wickeln. Ein weiterer Bereich ist die Frage, welche Möglichkeiten die Mitarbeitenden in Kindertagesstätten haben, um mit den Kindern präventiv in Bezug auf das Thema sexualisierte Gewalt zu arbeiten.
 
Wie ist die Resonanz seitens der Mitarbeitenden selbst?
Leonor Rodrigues de Aquino: Unsere Mitarbeitenden befürworten die Schulungen durch die Bank. Uns allen ist sehr bewusst, welch große Verantwortung wir haben, wenn uns Eltern ihre Kinder anvertrauen. Das zeigt übrigens auch, dass wir in unseren Einrichtungen zudem die von meiner Kollegin angesprochenen institutionellen Schutzkonzepte als verbindlichen Bestandteil der Arbeit vorsehen, die einrichtungsbezogen von den Kita-Teams mit großem Engagement entwickelt werden. Ich möchte außerdem betonen, dass uns die Bistumsleitung bei all diesen Bemühungen außerordentlich unterstützt. Für uns alle gilt ein Credo: Jede katholische Kita in der Erzdiözese München und Freising ist gefordert, die Prävention von sexualisierter Gewalt zum festen Bestandteil im Alltag der Einrichtung zu machen und bestmöglich zu gewährleisten. Daran arbeiten wir gemeinsam jeden Tag.
 
Leonor Rodrigues de Aquino
Leonor Rodrigues de Aquino,
Leiterin der Abteilung Pädagogik der
Frühen Kindheit im Ressort Bildung
im Erzbischöflichen Ordinariat München


„Unsere Kindertagesstätten sollen
sichere Orte sein, an denen Kinder
Vertrauenspersonen an ihrer Seite haben,
auf die sie sich verlassen können,
die sie ernst nehmen und unterstützen.“