"Die Kinder sind alle friedenshungrig" Aktion Friedensbilder ermutigt Kinder und Jugendliche

Schülerinnen und Schüler reagieren oft mit Angst auf das Geschehen in der Ukraine, erleben Zukunfts- und Existenzängste bei ihren Eltern. Religionslehrer ermutigen sie, ihre Ablehnung von Gewalt und ihre Sehnsucht nach Frieden zu malen und daraus neue Hoffnung zu schöpfen.
 
Friedensbild von Zahira Amiri
Friedensbild von Zahira Amiri
Eine hilflose kleine Figur, die Augen und der Mund sind fest zugekniffen. An ihrer Seite ist ein großer roter Fleck zu sehen, und das alles hat Mathilda Oberndörfer mit einem Kreuz deutlich durchgestrichen. „Das ist ein totgeschossener Mensch“, sagt die Zweitklässlerin über ihr Bild, „das ist sehr schlimm und ich bin da ganz dagegen.“  Darüber hat sie eine Frau gezeichnet, die ein kleines Kind im Arm hält und ein etwas größeres, das sich an ihr festhält. Die Frau will einen Mann zurückrufen, der ein Gewehr in der Hand trägt, darüber ist noch ein Männchen zu sehen, das an einer Kanone steht. Auch das findet Mathilda unerträglich und hat die Szene ebenfalls mit ihrem Rotstift durchgestrichen.

Auf der anderen Hälfte des Blattes sind eine Frau und ein Mann zu sehen, die sich an der Hand halten und zwei Kinder, die das ebenfalls tun und darunter ein großes Herz. Diese Teile sind nicht durchgestrichen, und es steht in bunten Farben „Friden“ darüber. „Ich habe einmal gemalt, was man nicht tun soll, und einmal, was man machen soll“, erklärt das achtjährige Mädchen und sagt entschlossen: „Krieg ist doof“. Darum hat sie bei der „Aktion Friedensbilder“ mitgemacht.
Zahira Amiri, René Vollmar und Mathilda Oberndörfer mit ihren Friedensbildern
(v.l.) Zahira Amiri, René Vollmar und Mathilda Oberndörfer mit ihren Friedensbildern

Angsterfüllte Kinder und Lehrer

Die Idee, Kinder und Jugendliche zu solchen Bildern zu ermutigen, sie zu sammeln und zu veröffentlichen, stammt von dem Münchner Religionslehrer René Vollmar. „Angefangen hat es damit, dass eine Grundschülerin mir im Unterricht erzählt hat, dass ihre Eltern einen Dritten Weltkrieg befürchten und wie traurig sie darüber ist.“ Nach dem Überfall der russischen Armee auf die Ukraine habe er zudem immer mehr Lehrerkolleginnen und -kollegen erlebt, die von der Angst der Kinder und ihrem eignen Entsetzen gegenüber diesem Krieg so überwältigt waren, dass sie kaum noch unterrichten konnten: „Dem müssen wir doch etwas entgegensetzen.“ Bilder vom Krieg gebe es genügend, „doch wie sieht´s mit Bildern vom Frieden aus?“
Friedensbild von Mathilda Oberndörfer
Das Friedensbild von Mathilda Oberndörfer
René Vollmar hat die ersten in seinen Klassen an einer Grund- und an einer Berufsschule in Neubiberg und Bad Tölz zeichnen und malen lassen. „Ich erlebe, dass die Kinder ihre Sehnsucht ausdrücken und dadurch wieder Hoffnung ausstrahlen.“ 200 Bilder sind es schon geworden.  Kolleginnen und Eltern verbreiten die Idee weiter, sogar bis nach Russland: „Gerade haben wir ein Bild aus Sankt Petersburg bekommen und auch mit einer Moskauer Schule sind wir schon verbunden, die Kinder sind alle friedenshungrig“, berichtet Vollmar, der auch Mitglied in der Katholischen Erziehergemeinschaft KEG ist. Die will alle Bilder online ausstellen und besonders eindringliche auszeichnen.

Empört über „große Leute“ und ihre Untätigkeit

Zahira Amiri hat ihr Bild schon abgeschickt: Zwei Hände, die sich umschließen, darüber zwei Tauben, die einen Friedenszweig im Schnabel tragen. Eine Hand hat sie in den ukrainischen Nationalfarben, die andere in den russischen Nationalfarben ausgemalt. Die 22-Jährige weiß, was Krieg bedeutet. Sie ist als Kind mit ihrer Familie aus Afghanistan geflohen, zuerst in den Iran, dann nach Deutschland, wo sie sich gerade zur Pflegehelferin ausbilden lässt. „In asiatischen Ländern gibt es schon lange viel zu viel Krieg, aber jetzt auch noch in Europa!“ Dieser Schock lässt die 22-Jährige nicht los. „Es fühlt sich an, als wäre der Krieg jetzt wieder zu mir, in meine neue Heimat gekommen.“

Für Mathilda ist die Ukraine zwar „weit weg, aber für die Menschen dort ist das trotzdem ganz schlimm, das kann ich mir gut vorstellen, und darum habe ich auch mein Bild gemalt“. Und das kleine Mädchen ist empört, dass es die „großen Leute“ nicht schaffen, das Töten und Zerstören zu beenden. „Ich weiß nicht, wie man das genau nennt, aber ich würde eine Politikersammlung machen, und sagen, ich kann nicht länger zuschauen, wie sich Leute erschlagen.“ Da ist sie sich mit Zahira Amiri vollkommen einig: „Besser als Mathilda kann man es nicht ausdrücken.“ Die beiden schauen noch einmal gegenseitig auf ihre Bilder und lächeln sich an.
 
Text: Alois Bierl, Sankt Michaelsbund, Dezember 2022
 
Wer Bilder zur Frage: „Wie stellst Du Dir den Frieden vor?“ einsenden will, kann sie bis zum 28. Januar 2023 in Papierform an die Katholische Erziehergemeinschaft KEG, Herzogspitalstraße 13 IV, 80331 München schicken.

Fotos oder Scans von Bildern nehmen René Vollmar (Ansprechpartner für die Regelschulen) an
René.vollmar@yahoo.de oder Schwester Bernadette Brommer (Ansprechpartnerin für Bayerische Schulen für Körperbehinderte und aus den Behinderteneinrichtungen) an bbrommer@eomuc.de entgegen.