Kardinal Marx: „Armutsüberwindung gehört zur Grundphilosophie des christlichen Glaubens“

Erzbischof ruft bei der Katholischen Armutskonferenz zu gesellschaftlicher Solidarität auf
München, 24. Januar 2024. Kardinal Reinhard Marx hat zu mehr sozialem Zusammenhalt aufgerufen, um „in einer Gesellschaft wie der unseren, die grundsätzlich reich ist, Armut zu überwinden“. Armut dürfe „nicht als ein gegebenes Schicksal“ hingenommen werden, ihre Überwindung gehöre „zur Grundphilosophie des christlichen Glaubens, aber auch eines modernen Sozialstaates“, so Marx. „Keiner ist überflüssig. Deswegen müssen wir alles tun, um Menschen aus der Armut herauszuführen und ihnen so ein Leben zu ermöglichen, das selbstbestimmter ist. Dazu gehören Bildung und Arbeit und menschliche Begegnung“, sagte der Erzbischof von München und Freising am Mittwoch, 24. Januar, in der Katholischen Akademie in Bayern im Rahmen der dritten Katholischen Armutskonferenz.
 
Armut schreie zum Himmel, „und weil sie zum Himmel schreit, haben wir als Kirche die Aufgabe, mit hinzuhören“, so Marx. Es braucht „ein Bewusstsein: Bei uns wird keiner zurückgelassen. Wir werden nicht jemanden auf der Strecke liegen lassen“. Die Aussicht auf Besserung der Lebensbedingungen dürften für Armutsbetroffene nicht abhandenkommen, „weil langfristig Armut und prekäre Lebensverhältnisse auch eine Sprengkraft entwickeln können“. Gemeinschaftliches Engagement und sozialstaatliche Rahmenbedingungen müssten „immer wieder Menschen ermöglichen, die Armut hinter sich zu lassen“. Es brauche hierbei keine „politischen Trompetenstöße“, sondern wirksame Beiträge zu einem menschenwürdigen Leben für alle, ist Marx überzeugt. Dies gelte in Zeiten, in denen die Folgen der Coronapandemie spürbar seien und hohe Inflation sowie gestiegene Lebenskosten die Armutsgefahr steigerten, umso mehr.
 
Sozialstaat heiße in diesem Zusammenhang nicht nur „Fürsorgestaat, der Geschenke verteilt“, so der Kardinal. Es brauche einen „Sozialstaat, der grundsätzlich Armut überwindet. Der ermöglicht, der Menschen in die Freiheit führt, in die Souveränität“. Finanzielle und materielle Existenzsicherung sowie das Sicherstellen einer Wohnung seien zwar wichtig, erklärte Marx; „Aber das ist zu wenig.“ Es reiche nicht, bei Armut über Geld zu reden. „Die Frage ist auch: Bewirkt es etwas? Sind auch Menschen da, die umsetzen, die begleiten, die Bildung und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben letztendlich ermöglichen?“, so der Kardinal. In diesem Bereich engagierten sich die Haupt- und Ehrenamtlichen in Kirche und Caritas in vielfältiger Weise. Auch gelte es, die Frage nach der Beschaffenheit einer lebenswerten Gesellschaft zu stellen, „wo alle eine Chance haben“. Dazu trage die Armutskonferenz bei.
 
Die Katholische Armutskonferenz findet alle zwei Jahre in München statt. Dabei geht es unter anderem um den Austausch aktueller Erfahrungen, sozialer Analysen und Trends sowie Erkenntnisse zur Wirksamkeit von Maßnahmen bei der Bekämpfung von Armut. Veranstalter ist die Caritas München in Zusammenarbeit mit Vertreterinnen und Vertretern der katholischen Sozialverbände, kirchlichen Einrichtungen und ehrenamtlichen Caritas-Gremien. (hs)