Schon die Anreise war nicht einfach: War es Zufall, dass die beiden muslimischen Ehepaare, deren Frauen Kopftuch tragen, fast drei Stunden bei der Einreise warten mussten? Doch das gemeinsame Warten und Bangen schweißte die Gruppe erst so richtig zusammen.
Unter Führung eines maronitischen Christen besuchte die Gruppe christliche, muslimische und jüdische Stätten. Dabei war interessant, wie die Muslime die christlichen Stätten wie die Verkündigungsbasilika in Nazaret, die Wirkungsorte Jesu am See Genesaret oder die Geburtskirche in Bethlehem wahrnahmen: Ehrfürchtig, ist Jesus doch für sie ein bedeutender Prophet und Gesandter und so erlebten die Christen, wie die Muslime an den Orten Jesu einen Segensspruch über Jesus sprachen. Gemeinsam lasen Christen und Muslime aus Bibel und Koran wie etwa in Nazaret die Ankündigung der Geburt Jesu. Die Muslime erfuhren, was diese Orte für den christlichen Glauben bedeuten. Auf dem Weg nach Jerusalem besuchten sie die Samaritaner auf dem Garizim und hatten ein Gespräch mit einem samaritanischen Priester. Die kleine jüdische Gemeinschaft, von denen es noch etwa 700 Anhänger gibt, galt schon in neutestamentlichen Zeiten als vom Judentum abtrünnig. Sie anerkennt nur die fünf Bücher Mose als Heilige Schrift.
Höhepunkt der Reise aber war natürlich Jerusalem: Ort des Leidens, Sterbens und Auferstehens Jesu für die Christen, Ort der Nacht -und Himmelsreise des Propheten Mohammed für die Muslime und nach Mekka und Medina drittwichtigster Pilgerort mit Felsendom und al-Aqsa-Moschee auf dem Tempelberg . Und natürlich heiligster Ort für die Juden mit der Tempelmauer. Auch wenn der islamische Glaube die Kreuzigung Jesu ablehnt, so besuchten die muslimischen Teilnehmer der Gruppe doch mit großer Ehrfurcht die Orte am Ölberg und die Grabeskirche. Sie ließen aber auch keine Gelegenheit aus, auf dem Tempelberg zu beten, wird doch nach islamischer Tradition das Gebet dort 1000-fach von Gott angerechnet. Nicht-Muslime (außer den einheimischen Christen) dürfen die beiden muslimischen Heiligtümer auf dem Tempelberg seit dem Besuch Ariel Scharons im Jahr 2000 nicht mehr betreten.
Wie sehr sich hier Politik und Religion vermischen, wurde am stärksten in Hebron deutlich, am Ort der Patriarchengräber. Seit dem Terroranschlag eines jüdischen Extremisten 1994, durch den 29 Muslime starben, ist Juden und Muslimen nur noch ein getrennter Zugang zu den Gräbern Abrahams und seiner Familie möglich und dies unter schwerster militärischer Bewachung. Nur die Christen dürfen beide Seiten besuchen, die muslimische und die jüdische. Abraham, der Stammvater, geteilt im doppelten Sinne des Wortes: allen gemeinsam und zugleich trennend.
Auf dem Ölberg besuchte die Gruppe noch einen besonderen christlich-muslimischen Ort: die Himmelfahrtskapelle bzw. -moschee. Die christliche Kapelle auf dem Ort, von wo Christus in den Himmel aufgefahren sein soll, wurde zwar von Saladin in eine Moschee mit Gebetsnische umgewandelt, doch haben christliche Kirchen bis heute das Recht, dort am Himmelfahrtstag Gottesdienst zu feiern – ein gemeinsamer christlich-muslimischer Kultort also, glauben doch auch die Muslime an die Himmelfahrt Jesu. So kamen die Christen und Muslime auf dieser außergewöhnlichen Reise immer wieder ins Gespräch miteinander über ihren Glauben, hatten Begegnungen mit Juden, Christen und Muslimen vor Ort, beteten füreinander und lernten voneinander.