Ein neues Zuhause in der Fremde Im Erzbistum leben rund 16.000 ungarische Katholiken

Gulasch, guter ungarischer Wein und Musik: Das ist wie zu
Hause“, ruft eine junge Frau
lachend und stößt mit ihrer Sitznachbarin an. Die Stimmung ist ausgelassen, auf der Bühne spielt fröhliche Geigenmusik und es duftet nach Baumstriezel und Langos. Wie jedes Jahr lädt die Ungarische Katholische Gemeinde München zu ihrem Pfarrfest, das heuer zum zweiten Mal in
Vaterstetten stattfindet. Neben kulinarischen Spezialitäten geben eigens angereiste Kunsthandwerker Einblick in ihre Arbeit und bieten Workshops an: Lederschmuckstücke werden hergestellt, Kochlöffel bemalt und Körbe geflochten. Speziell für Kinder werden ungarische Sprichwörter eingeübt und es gibt sogar eine Theateraufführung.

„So eine Veranstaltung hat eine doppelte Zielsetzung: einerseits die ungarische Identität und den Zusammenhalt in der Gemeinde zu stärken, andererseits aber auch unsere Bräuche, Traditionen und Gastronomie dem bayerischen Publikum vorzustellen“, erklärt Andrea Taczman, die an der Organisation der Festlichkeiten beteiligt war. Die 31-Jährige ist durch ein Stipendium der ungarischen Regierung in die Gemeinde nach München versetzt worden. „Es macht mir großen Spaß, den Ungarn außerhalb
ihrer Heimat bei der Gestaltung ihres Gemeindelebens zu helfen“, sagt sie.
Der Pfarrer der Katholischen Ungarischen Gemeinde München, János Merka, kennt jeden der zahlreichen Pfarrfest-Besucher
Der Pfarrer der Katholischen Ungarischen Gemeinde München, János Merka, kennt jeden der zahlreichen Pfarrfest-Besucher. (Foto: SMB / Zöpfl)

„Bei uns ist immer 
was los, und jeder möchte mitmachen."

15 Millionen Ungarn gibt es auf
der Welt, davon leben etwa fünf
Millionen außerhalb ihres Landes. Vor allem in Deutschland haben seit 1945 viele ungarische Menschen ein neues Zuhause gefunden. „Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es tausende ungarische Kriegsgefangene, unter ihnen viele Soldatenseelsorger. Sie haben begonnen, Gottesdienste zu feiern und zu predigen. Das war der Anfang
der Mission“, berichtet Pfarrer János Merka, der die ungarische Gemeinde in München seit 1991 leitet.

Der Aufstand im Jahr 1956 und später die kommunistische Diktatur zwangen weitere tausende von Menschen dazu, ihr Land zu verlassen. „Seit der Wende kommen Gastarbeiter aus verschiedenen Berufsgruppen, vom einfachen Arbeiter bis zum IT-
Spezialisten oder Arzt“, weiß Pfarrer Merka. Rund 16.000 ungarische
Katholiken leben heute allein in der Erzdiözese. Hier haben sie neben der Gemeinde in München noch vier weitere Zentren aufgebaut: in Rosenheim, Bad Tölz, Erding und Landshut.

Der 58-jährige Geistliche lächelt, während er seinen Blick über die vielen Menschen schweifen lässt, die zum Pfarrfest gekommen sind. Er kenne jeden Einzelnen, betont er. Wochenendschule, Bibelkreis, Folkloretanz: Rund 30 Gruppen treffen sich regelmäßig im ungarischen Gemeinde
zentrum im Münchner Stadtteil Oberföhring. „Bei uns ist immer
was los, und jeder möchte mitmachen. Die Gruppen streiten sich fast schon um die Räumlichkeiten“, berichtet Pfarrer Merka schmunzelnd.

„Es ist uns wichtig, unsere Sprache und Traditionen an unsere Kinder weiterzugeben."

Sogar eine eigene Pfadfindergemeinschaft gibt es, die etwa 70
Kinder und Jugendliche umfasst.
Alle zwei Wochen treffen sie sich in der Gemeinde und unternehmen mehrmals jährlich Ausflüge. „Der
Höhepunkt für die Pfadfinder ist jedes Jahr das Pfingstlager. Diesmal waren sie in Ungarn auf einer Insel in der Donau“, erzählt Pfarrer Merka.

Jeden Sonntag wird in der St.-Elisabeth-Kirche in München-Haidhausen auf Ungarisch Gottesdienst gefeiert. Kinder können zudem eine Wochenendschule besuchen, in der neben der ungarischen Sprache auch Geschichte und Kultur vermittelt werden. „Es ist uns wichtig, unsere Sprache und Traditionen an unsere Kinder weiterzugeben“, meint János Kucsera. Er ist seit vielen Jahren in der Gemeinde aktiv und engagiert sich besonders im Bildungsbereich. „Der bekannte ungarische Staatsreformer István Szechenyi soll einmal gesagt haben, beten, schwören und fluchen könne man nur in der Muttersprache“, zitiert der 75-Jährige.

Die Gemeindemitglieder wollten sich allerdings keineswegs vom Rest der Gesellschaft abkapseln, betont Taczman: „Die Menschen haben sich hier integriert und wollen das auch
weiterhin tun, weil die deutsche Gesellschaft sie aufgenommen hat. Aber gleichzeitig ist es uns wichtig, unsere Identität zu wahren und unsere Bräuche zu pflegen.“

Je später es wird, umso unbeschwerter wird die Stimmung in Vaterstetten. Bei Tanz und Gesang klingt der Abend fröhlich aus. Vielen der ungarischen Katholiken in München scheint dank des großen Engagements ihres Pfarrers, aber auch wegen ihres außergewöhnlichen Zusammenhalts eines gelungen zu sein: Sie haben in der Fremde ein neues Zuhause gefunden.

Text: Katharina Zöpfl für die Münchner Kirchenzeitung

Ungarische Katholische Gemeinde München
Oberföhringer Str. 40
81925 München
Telefon: 089-2137-74230
Fax: 089-2137-274234
Ungarische-Gemeinde.Muenchen(at)eomuc.de
http://www.ungarische-mission.de
Johann Merka, Leiter