Kirche ohne Musik? Unvorstellbar. Und unvorstellbar wäre die Kirchenmusik ohne die vielen engagierten Dirigent:innen, Musiker:innen und Sänger:innen im Erzbistum, die ihre Kunst mit Engagement und Leidenschaft leben und die Freude an der Musik weitergeben. Stellvertretend für die vielen stellen wir hier Matthias Berthel, Kirchenmusiker in St. Ulrich in Unterschleißheim vor.
Matthias Berthel dirigiert den Chor in St. Ulrich in Unterschleißheim
Wer den Flyer oder das Ankündigungsplakat zum Internationalen Kinder- & Jugendchorfestival „Pueri Cantores“, das vom 16. bis 20. Juli 2025 in und um München stattfinden wird, betrachtet, sieht als Aufmacherfoto eine Gruppe – natürlich – singender Kinder. Matthias Berthel, Kirchenmusiker in St. Ulrich in Unterschleißheim, sieht sich das Bild indes mit besonderer Freude und Stolz an. Denn abgebildet sind hier „seine“ Mädchen und Jungen. „Ich wusste überhaupt nicht, dass dieses Foto verwendet wird“, so Matthias Berthel, „und sehe auf einmal unseren Kinderchor. Das Bild ist vergangenes Jahr beim Diözesanen Kinder- und Jugendchortag entstanden, bei dem wir im Freisinger Dom aufgetreten sind.“
Jener Tag am 19. Oktober 2024 war der Auftakt für den Weg zum Pueri Cantores-Festival in München. Der Chorverband Pueri Cantores, eine Vereinigung katholischer Knaben-, Mädchen-, Kinder- und Jugendchöre, setzt sich in rund 40 Ländern für die Pflege der Chormusik und die Gestaltung von Gottesdiensten ein und fördert Austausch, Begegnung und Partnerschaften zwischen Chören sowie die Friedensarbeit. Dem Verband gehören deutschlandweit etwa 470 Chöre mit mehr als 20.000 Mitgliedern an. Der Diözesanverband München und Freising mit seinen 45 Mitgliedschören besteht seit 2015.
Der Pueri Cantores-Flyer mit den Sänger:innen von St. Ulrich
Für Matthias Berthel ist Pueri Cantores „eine tolle Sache“: „Es ist schön, sich zu vernetzen und andere Kolleginnen und Kollegen kennen zu lernen. Und den Kindern und Jugendlichen tut es immer gut zu sehen, wie viele andere es noch gibt, die sich wie sie engagieren. Das gibt einen Motivationsschub.“
Eines solchen bedarf Matthias Berthel nicht. Die Kirchenmusik tat es ihm schon in jungen Jahren im Landkreis Kitzingen an. Er begeisterte sich für die Orgel und das Klavier – und dann „hat’s mich nicht mehr losgelassen“. Matthias Berthel absolvierte Scheine zum nebenberuflichen Kirchenmusiker, während er als Bankkaufmann arbeitete – und gab dann den sicheren Job bei der Sparkasse auf, um seine Leidenschaft zum Beruf zu machen. Er begann 2001 ein Kirchenmusikstudium in Regensburg und arbeitete bereits als Teilzeit-Kirchenmusiker. Nach seinem Master wollte er eine Vollzeitstelle, die es zu jener Zeit in Regensburg nicht gab. Also bewarb sich Matthias Berthel in Unterschleißheim, trat dort 2013 eine Stelle an, die mit einer Lehrtätigkeit für den C-Kurs in Freising gekoppelt war – und ist dort bis heute geblieben.
„Es hat sich einfach alles gut ergeben“, berichtet der Musiker. „Ich wollte eine Stelle, wo man alles machen kann – vom Orgelspielen bis zur Chorarbeit, die mir sehr wichtig war, von klein bis groß. Und das war dank meiner Vorgänger alles gegeben.“ Hinzu kam und kommt, dass „mein Pastoralteam und die Kirchenverwaltung sehr offen“ waren und sind: „Die Kreativität wurde nicht eingeschränkt – was ich mir vorstellte, konnte ich verwirklichen.“
Kinderbibel-Musical im Jahr 2023
Dass die Chorarbeit Matthias Berthel wichtig ist, sieht man: Nicht weniger als sechs Chöre singen in St. Ulrich: Der Chor der Erwachsenen mit bis zu 60 Mitgliedern, die Schola für Männerstimmen, der Kinderchor ab fünf Jahren bis zur 2. Klasse, der Kinderchor ab der 3. Klasse bis zwölf Jahre sowie seit 2022 der „Sing-mit“-Projektchor“. Der Jugendchor ab 13 Jahren besteht momentan aus 20 Mädchen, die größtenteils – „da sind wir ein bisschen stolz drauf“ – beim Pueri Cantores-Festival im Diözesanjugendchor auf dem Münchner Marienplatz mitsingen werden.
Was seit Jahren die jüngere Generation für das Singen begeistere, seien die Kinderbibel-Musicals, die alle zwei Jahre stattfinden und deren Vorbereitungen mit den Proben jeweils rund ein halbes Jahr in Anspruch nehmen. Für die je zwei Aufführungen entst eht dann in der Kirche eine Bühne, die laut Matthias Berthel dankenswerterweise stehen bleiben kann – und so kam es schon mal vor, dass der Pfarrer den Gottesdienst auf dieser Bühne zelebrierte. „Da braucht es halt einen Pfarrer, der das ein bisschen locker sieht.“
Und um die Begeisterung für das Singen früh zu wecken, besucht der Kirchenmusiker einmal in der Woche sogar schon den benachbarten Katholischen Integrationskindergartens St. Ulrich, um mit den Kleinen zu singen.
Matthias Berthel (r.) mit seinem Jugendchor
Der Erwachsenenchor brachte vor zwei Jahren das Brahms-Requiem zu Gehör. „Das war schon herausfordernd für uns, hat aber allen sehr viel Spaß gemacht“, erinnert sich Matthias Berthel. Im kommenden Jahr werde es zum 25-jährigen Orgeljubiläum ein Programm für Chor und Orgel geben. „Die Möglichkeiten sind grenzenlos, und das ist das Faszinierende“, meint der Kirchenmusiker. „Besonders wenn man chorübergreifend singen kann wie bei unserem Pfarrfest, bei dem es Tradition ist, dass alle Chöre zusammen singen.“ Und natürlich sei er glücklich, wie viele sich engagieren: „Manche kommen sogar zweimal die Woche, das ist schon Wahnsinn, wie alle mitziehen.“ Bei der Chorarbeit bekomme man „unglaublich viel zurück“: „Man sieht, wie die Leute begeistert sind und einen Zugang zur Liturgie und überhaupt zur Kirche finden. Für etliche aus dem Chor oder die Eltern der Kinder aus dem Kinderchor ist die Musik der einzige Anknüpfungspunkt an die Pfarrei.“
Die Kehrseite der Medaille ist die Arbeitslast von Matthias Berthel selbst, der all diese Ehrenamtlichen koordiniert von den Vorbereitungen der Proben bis zu den Messen und den Aufführungen: „Da bin ich manchmal schon am Limit, manche Tage sind sehr lang. Da es so viel Spaß macht, merkt man das in dem Moment meist nicht, und selbst in den Hochphasen eines Projekts ertappe ich mich dabei, schon das nächste zu planen. Aber es ist schon grenzwertig-beängstigend.“
Als „All-Rounder“ macht Matthias Berthel alle Spielarten der Kirchenmusik gerne. „Wichtig ist mir, auch die Liturgie in den Messen an der Orgel gut zu begleiten und das entsprechend vorzubereiten. Beim Orgelnachspiel bleiben dann auch einige sitzen und bedanken sich danach. Wenn man ein bisschen Leidenschaft reinhängt, bekommt man in solch einer Gemeinde unheimlich viel zurück. Und das motiviert dann, wieder weiterzumachen.“