Zweite Vollversammlung des Zukunftsforums am 17. und 18. April 2009 in Freising

"Gemeinsam die Kirche vor Ort neu gestalten"

Bei der ersten Vollversammlung des diözesanen Projekts „Dem Glauben Zukunft geben“ war es meine Aufgabe, den „Entwurf eines Orientierungsrahmen für die Errichtung Pastoraler Räume in der Erzdiözese München und Freising“ vorzustellen. Dieser Rahmen enthält auch Aussagen über Zusammenarbeit der Pfarrgemeinden und der kategorialen Dienste in den alten und neuen Pfarrverbänden. Dieser Text soll Kriterien und Gestaltungsräume für die Einzelpfarreien, für die Pfarrverbände, sowie für die Stadtkirchen in kleineren Städten und Stadtteilkirchen in München festlegen. Dieser Orientierungsrahmen sollte in allen Pfarrgemeinden und Gruppierungen unserer Erzdiözese offen diskutiert werden, da er die Grundlage und die inhaltliche Basis für intensiveres Zusammenwachsen und für die Zusammenarbeit innerhalb der neuen Pfarrverbandsstrukturen sein wird. Dieser Orientierungsrahmen, der in diesem Jahr noch verbindlich vom Erzbischof in Kraft gesetzt werden wird, bedarf noch einiger Verbesserungen und Konkretisierungen, die zwangsläufig nach einem ersten öffentlichen Entwurf nötig sind. Der Orientierungsrahmen wird zwischen klarer Verbindlichkeit und kreativer Offenheit Richtschnur für unsere Pfarrverbände und Seelsorgseinheiten sein. Knapp und zielgerichtet, wie er verfasst ist, bedarf er aufgrund der vielen Rückmeldungen mancher Ergänzungen und inhaltlicher Klärungen. Darum wird dieser Orientierungsrahmen in seinem Endstadium aus zwei Teilen bestehen: aus dem weiterhin möglichst knappen Text, der den Rahmen für die zukünftige Zusammenarbeit in unseren Pfarrverbänden beschreibt, und aus einem zweiten Textteil, der auf Einzelfragen und praktische Fragen der Ausgestaltung der Kooperation auf verschiedenen Ebenen eingeht. So werden wir als Ergebnis einen schlanken Grundsatzteil und einen größeren Teil von Ausführungsbestimmungen und Anregungen für den nun zu verbessernden Orientierungsrahmen haben.

Allgemein lässt sich sagen, dass sich die Betroffenen sehr ernsthaft und zeitaufwändig mit dem Entwurf zum Orientierungsrahmen auseinandergesetzt haben. Es waren praktisch keine inhaltsleeren oder gar provozierenden Äußerungen bei diesen Rückmeldungen. Auch diejenigen, die angaben, mit dem Entwurf nicht einverstanden zu sein, begründeten ihre Entscheidungen sehr ausführlich. Es wurden fast ausschließlich sehr konstruktive und teilweise auch sehr umfangreiche Antworten gegeben, bis hin zu genauen Formulierungsvorschlägen.

Wie die inhaltlichen Rückmeldungen in den Text, bzw. in den noch zu erstellenden Anhang eingearbeitet werden können, daran wird eine eigene Arbeitsgruppe arbeiten. Wir haben die zurück gemeldeten Fragebögen vorerst nur statistisch nach folgenden Gesichtspunkten ausgewertet:

1.) Wer meldete zurück?
Wir haben unterschieden zwischen:
„Pfarrei“, „Pfarrverband“, „Dekanat“, „Arbeitsgruppe“, „Verband/Organisation(1)“ und „Sonstiges(2)“

583 dieser „Einheiten“ schickten einen Fragebogen zurück. Darunter 451 Pfarreien und 60 Pfarrverbände.

Am häufigsten Pfarreien (77,4%) gefolgt von Pfarrverbänden und Verband/Organisationen (je 10,3%), Arbeitsgruppe (1,4%) und Sonstige (0,7%).

2.) Wie viele Rückmeldungen waren es insgesamt?
An der Diskussion über den Entwurf des Orientierungsrahmens beteiligten sich 630 von 750 Pfarreien, also 84%.

Von einigen Einheiten gingen mehrere Rückmeldungen ein. Zum Beispiel gaben in einigen Pfarreien die Kirchenverwaltung und der Pfarrgemeinderat getrennte Meldungen ab oder es füllte der Pfarrgemeinderat einen Bogen aus und der Pfarrer schickte nochmals extra Anmerkungen. Insgesamt gingen 685 Rückmeldungen im Erzbischöflichen Ordinariat ein.

3.) Räumliche Zuordnung der Rückmeldungen
Die Rückmeldungen wurden von uns auch nach räumlichen Gesichtspunkten ausgewertet:
aus der Region Nord 42,7%, Region Süd 33,6%, Region München 19.0%, diözesanweit 3,4%, nicht zuzuordnen waren 1,2%. Die häufigsten Rückmeldungen kamen aus der Region Nord, gefolgt von der Region Süd.

4.) Wer befasste sich mit dem Orientierungsrahmen bzw. wer verfasste die Rückmeldung?
Die meisten Rückmeldungen, nämlich 61,1% verfassten die Pfarrgemeinderäte bzw. Kirchenverwaltung und Pfarrgemeinderat zusammen. Rechnet man noch die Zahlen der Pfarrverbandsräte, der Rückmeldungen die von PGRs, KVs und Pfarrern zusammen verfasst wurden, sowie die Rückmeldungen der Pfarrer bzw. des Seelsorgteams hinzu, ergibt dies eine Zahl von 75,4%. Hier wird deutlich, wie intensiv die gemeinsame Auseinandersetzung mit dem Orientierungsrahmen auf pfarrlicher Ebene war.
Rückmeldungen wurden zu 33,9% vom Pfarrgemeinderat eingesandt, 27,2% von Kirchenverwaltungen und Pfarrgemeinderat zusammen, 9,1% von der Kirchenverwaltung, 7,1% Sonstige, worunter man Pfarrgruppen und Einzelpersonen der Pfarrgemeinden findet. 5,7% der Rückmeldungen kamen vom Pfarrverbandsrat, 5,3% vom PGR, Kirchenverwaltung und Pfarrer zusammen, 3,3% vom Pfarrer und seinem Seelsorgsteam, 4,6% Verbandsvertreter/ oder -sprecher u.a. Katholikenrat, Dekanatskonferenz bzw. überörtliche Organisationen). Je 1,9% der Rückmeldungen stammten von den Herren Dekanen und dem Dekanatsrat.
5.) Einverständnis mit dem Orientierungsrahmen
Von den auswertbaren Rückmeldungen waren 15,8% ohne Einschränkungen mit dem Entwurf des Orientierungsrahmens einverstanden; 63,9% waren bedingt bis weitgehend einverstanden, hatten aber Änderungswünsche; 20,3% waren nicht einverstanden. Auffallend war, dass fast alle Rückmelder, die „nicht einverstanden“ angaben, sehr ausführlich begründeten, warum sie nicht einverstanden waren.
Eine Auswertung nach den „Rückmeldern“ ergab, dass in der Tendenz Kirchenverwaltungen bzw. Kirchenpfleger am wenigsten mit dem Entwurf zum Orientierungsrahmen einverstanden waren. Das höchste Maß an Zustimmung wurde in der Region Süd erreicht, mit 21,4% und 62,2% bedingt einverstanden und 16,3 % nicht einverstanden. Die Region Nord und München lag in ihrem Einverständnis nahe zusammen.

Dieses Ergebnis hat uns deutlich gezeigt, dass der Orientierungsrahmen zu wenig auf die Vermögens- und Finanzfragen und auf die Personalperspektiven eingegangen ist. Die Fragen nach den Pfarrbüros, manche Zukunftsängste von Pfarrsekretärinnen, Mesner und Kirchenmusikern und die offene Frage nach der strukturellen Zukunft der Kindertagesstätten blockierte allem Anschein nach viele Kirchenverwaltungen. Hier besteht zum einen ein Verbesserungsbedarf im Text in einer noch klareren Darstellung unserer Optionen, zum anderen besteht noch ein Informationsdefizit, d.h. es muss über diese Themen zum Teil ganz konkret vor Ort unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse genauer informiert werden.

6.) Gab es im Rahmen des Fragebogens zum Orientierungsrahmen noch Aussagen zu den territorialen Planungen?
Die Rückmeldungen zeigten, dass sich alle sehr diszipliniert an den Orientierungsrahmen hielten (89,1%) und nur 8,3% Änderungswünsche zu territorialen Planungen oder Ablehnung dazu mit 1,8% signalisierten. Diese Wünsche werden an die jeweiligen Regionalteams zur weiteren Bearbeitung weiter gegeben.

7.) Auswertung der Äußerungen und Anmerkungen nach 10 verschiedenen inhaltlichen Dimensionen und Darstellung deren Ausprägungen
Um die inhaltlichen Details der Rückmeldungen statistisch erfassen zu können, haben wir 10 verschiedene inhaltliche Dimensionen und Darstellungen aus den Rückantworten herausgelesen. Diese Äußerungen und Anmerkungen konnten in insgesamt 1.533 Einzelaussagen aufgeschlüsselt werden. Davon wurden 1.167 Einzelaussagen (= 76,1%) insgesamt diesen 10 verschiedenen Dimensionen zugeordnet, 366 (= 23,9%) konnten nur unter sonstige Konsequenzen/Anregungen aufgelistet werden (siehe Punkt 7.11).

Die folgenden 10 Gesichtspunkte, die wir aus den Einzelaussagen herausfilterten:

7.1 Konsequenzen der Zentralisierung, Spannungsfeld zwischen Eigenständigkeit und Zentralisierung (29,2%)

7.2 Personal/Priester/Seelsorgeteam/Leitung/Delegation (18,9%)

7.3 Eucharistie/Wortgottesdienstfeiern/liturgische Angebote (15,9%)

7.4 Pfarramtsverwaltung (13,1%)

7.5 Ehrenamt (7,6%)

7.6 Umsetzung/Begleitung (4,7%)

7.7 Gesamtkirchliche Lösungsvorschläge (3,3%)

7.8 Begriffsdefinitionen/Glossar (3,0%)

7.9 Vernetzung territoriale/kategoriale Seelsorge/Dienste (2,6%)

7.10 Pastorale Konzepte/Modelle/Ziele (1,6%)

Am häufigsten war also die Frage nach den Konsequenzen der Zentralisierung und das befürchtete Spannungsfeld zwischen Eigenständigkeit und Zentralisierung. Hier und auch bei den anderen Themenbereichen zeigte sich, dass zwar die Notwendigkeit der kommenden Strukturveränderung gesehen wird, zeigt aber doch auch, dass die große Sorge nach „Risiko und Nebenwirkungen“ der notwendigen Strukturreform in unserer Pastoral sehr stark war. Es zeigte sich bei diesen 10 inhaltlichen Frage- und Antwortkreisen deutlich, dass der bestehende Orientierungsrahmen viele Fragen aufwirft, die in seiner knappen schriftlichen Form nicht beantwortet sind. Aufgrund der oft sehr praktischen und sorgenvollen Fragen wurde klar, dass dem Grundsatzteil des Orientierungsrahmens, wie schon anfangs gesagt, ein ausführlicher praktischer Rahmen mit konkreten Vorschlägen folgen muss. Diesem mehr praktischen Teil, der der Umsetzung und der Verwirklichung des Orientierungsrahmens dient, werden wir auch noch sehr konkrete Beschreibungen und Bestimmungen beilegen müssen, die für Kirchenverwaltungen, die Pfarrgemeinderäte und die pastoralen Mitarbeiter/innen, für die Haupt- und Ehrenamtlichen ebenso wichtig sind, wie für die Pfarrer.
Zudem werden wir in diesem 2. Teil auch auf wichtige Adressen und Hilfen hinweisen, wie z.B. die Gemeindeberatung. All das wird auch für alle zugänglich sein über www.dem-glauben-zukunft-geben.de. Noch deutlicher muss auch gesagt werden, dass der Bereich der Kindertagesstätten eigens geregelt werden muss. Ob eine solche detaillierte Regelung direkt in den Orientierungsrahmen oder eben besser in den praktischen Anhang mit Ausführungsbestimmungen aufgenommen wird, ist noch zu prüfen.

7.11 Sonstige Konsequenzen/Anregungen
366 Nennungen konnten nur unter sonstige Konsequenzen/Anregungen aufgelistet werden. Es wäre zu unübersichtlich geworden noch weitere Dimensionen zu bilden, daher wurden sie unter „Sonstige Konsequenzen/Anregungen erfasst.

Auffallend war, dass zwei Punkte häufig genannt wurden nämlich
  • dass der eingeführte Begriff Pfarrverband bleiben soll
  • und dass detaillierte Formulierungsvorschläge/-änderungen gemacht wurden.
Unsere Aufgabe ist es nun, nach dem Überblick der Statistik in nachvollziehbarer Weise die Anregungen und Wünsche, die dem Zukunftsplan der Erzdiözese dienen, einzuarbeiten und auch Rede und Antwort zu stehen für die Aussagen, die wir nicht im Orientierungsrahmen aufnehmen können. Dabei soll dieser Orientierungsrahmen ausdrücklich als „Rahmen“ verstanden werden, der nach einer gewissen Erfahrungszeit auch Platz hat für Verbesserungen, Veränderungen oder Ergänzungen. Also ein lebendiges Papier!

Unser H.H. Erzbischof wird wohl bis Ende des Jahres 2009 den Orientierungsrahmen in Kraft setzen.

An dieser Stelle möchte ich den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Pastoralen Planungsstelle danken, die nach unseren Vorgaben die statistische Auswertung der eingegangen Antworten sensibel und fachkundig erstellt haben.

Für die Bearbeitung des Themas ist weiterhin zuständig: Herr Fellner – Referat Pastorale Dienste, Herr Pauli – Pastorale Planungsstelle und DK Obermaier – Seelsorgereferent.
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(1) Darunter fällt: Dekanatsrat, Dekanatskonferenz, Seelsorgerkonferenz, Katholikenrat bis hin zu Kolpingfamilien, Frauenbund und Gemeinschaften
(2) z.B. der Kirchenchor einer Pfarrei oder Einzelpersonen


Domkapitular Josef Obermaier, Seelsorgereferent