Die Furcht vor der Technik nehmen Digitalbegleiter bringen Seniorinnen und Senioren den Umgang mit der Technik und digitalen Angeboten näher

Für ältere Menschen ist digitale Technik nicht selten kompliziert. Dabei können Smartphones und Nachrichten-Dienste wie WhatsApp helfen, nicht den Anschluss an die Gesellschaft zu verlieren. Mit einer Ausbildung zum Digitalbegleiter schult das Erzbistum Ehrenamtliche, um Hürden und Ängste bei der Nutzung digitaler Angebote auszuräumen.
 
Auf dem Foto ist eine Hand einer älteren Person mit einem Smartphone zu sehen. Digitalbegleiter
Teilhabe: Während der Pandemie gewann digitale Kommunikation mittels Video-Chat oder Messenger-Diensten gerade für ältere Menschen enorm an Bedeutung
Stellen Sie sich vor, Sie hätten noch nie ein Smartphone in der Hand gehabt, noch nie auf einer Tastatur geschrieben. Ihre Finger haben Probleme mit der Feinmotorik, und außerdem wissen Sie nichts von Messenger-Diensten oder davon, wie ein Bild von einem auf das andere Telefon kommt. Lothar Thaler aus Schechen weiß, dass diese Situation für Seniorinnen und Senioren Alltag sein kann.

Digitale Kompetenz als Schlüssel zu Inklusion

Thaler ist ausgebildeter Digitalbegleiter und erklärt älteren Menschen das Internet. „Ich sehe das als eine sehr dringende Aufgabe, weil ältere Menschen so nicht den Anschluss in der Gesellschaft verlieren“, sagt Thaler über sein Ehrenamt. Gerade über sogenannte Messenger-Dienste und andere Soziale Medien fiele das Kontakthalten zur Familie leichter.

Lothar Thaler konzentriert sich als Digitalbegleiter auf Internet-Anfänger und sieht seine Aufgabe darin, Furcht vor der Technik zu nehmen. „Wichtig ist, dass man in solchen Fällen Zeit mitbringt, ganz klein anfängt, die Informationen auf das Allernötigste reduziert und in kleinen Häppchen serviert, die trotzdem ein Erfolgserlebnis vermitteln.“ Die Eins-zu-eins Betreuung hält er dabei für sehr wichtig: „Die Hemmschwelle, Unwissen zuzugeben, sinkt dabei gewaltig, weil man sich nicht gerne in der Gruppe blamiert.“

Wunsch nach digitaler Teilhabe stark gewachsen
 
Karin Wimmer-Billeter, Projektleiterin Ausbildung Digitalbegleiter
Karin Wimmer-Billeter, Fachreferentin für Seniorenbildung im Ordinariat München, ist eine der Projektleiterinnen der Ausbildung
Das Erzbistum München und Freising bietet seit Frühjahr 2021 die kostenfreie Ausbildung zum Digitalbegleiter in Zusammenarbeit mit verschiedenen Kreisbildungswerken an. „Durch die Coronazeit hat sich gezeigt, dass bei den Seniorinnen und Senioren der Wunsch nach digitaler Teilhabe stark gewachsen ist und es hier einen großen Unterstützungsbedarf gibt“, erklärt Karin Wimmer-Billeter, Fachreferentin für Seniorenbildung und Intergenerationelle Bildung im Ordinariat München.

Lothar Thaler bringt als ehemaliger Bildungskoordinator schon Vorerfahrungen mit, sowohl in der Arbeit mit Seniorinnen und Senioren, als auch im technischen Bereich. Wertvolle Tipps gab es für Thaler trotzdem: „Welche Geräte eignen sich besonders? Wie sieht es mit der (Daten-)Sicherheit aus? Besonders wertvoll ist das Netzwerk Digitalbegleiter.“ In dem Netzwerk können die mittlerweile über 100 Absolventinnen und Absolventen der Digitalbegleiter-Ausbildung miteinander Kontakt aufnehmen, sich gegenseitig unterstützen und sich thematisch fortbilden.
 
Lernen, wie ältere Menschen lernen

Die Digitalbegleiter-Ausbildung richtet sich auch an solche, die noch nicht alles können, dazu lernen und Kompetenzen weiterentwickeln möchten. Konkret lernen die Teilnehmenden, wie ältere Menschen lernen, was dies für die Begleitung bedeutet und welche Anwendungen und Apps hilfreich sind. Wichtig ist auch das Thema Sicherheit im Netz und Ängste adressieren zu können.

Außerdem schlüpfen die angehenden Digitalbegleiterinnen und -begleiter in Praxisübungen schon einmal in ihre künftige Rolle, um unterschiedliche Situationen durchzuspielen und diese anschließend zu reflektieren. Wimmer-Billeter erklärt, was bei dem ersten Versuch, der Zielgruppe etwas zu erklären, aufgefallen ist: „Im letzten Modul wurde die Erfahrung gemacht, nicht zu viel auf einmal zu erklären und bei der konkreten Motivation der Seniorinnen und Senioren anzusetzen.“
 
In ihrer Heimatgemeinde in Raubling bieten Rothdauscher und Margraf im Mediencafé den Besuchern jeden zweiten Donnerstag im Monat technische Beratung an.
Brunhilde Rothdauscher (li.) und Peter Margraf (2.v.l.) haben in ihrer Heimatgemeinde in Raubling im Bürgerhaus ein „offenes Mediencafé“ eingerichtet und bieten den Besuchern einmal im Monat Hilfe beim Umgang mit Handy, Tablet und anderen Geräten an
Offener Austausch im Mediencafé

Die Ausbildung zum Digitalbegleiter haben auch Brunhilde Rothdauscher und Peter Margraf über das Bildungswerk Rosenheim absolviert. Seitdem haben sie in ihrer Heimatgemeinde in Raubling im Bürgerhaus ein „offenes Mediencafé“ eingerichtet. Bei Kaffee, Butterbrezen oder Kuchen bieten Rothdauscher und Margraf den Besuchern jeden zweiten Donnerstag im Monat Hilfe beim Umgang mit Handy, Tablet und anderen Geräten an.

Ihre Gäste seien zwischen 40 und 90 Jahre alt, schätzt Peter Margraf. „Frontalunterricht“ stünde für diese nicht auf dem Programm, so der ehrenamtliche Digitalberater, der seit Februar 2022 im Ruhestand ist und bei einer Krankenkasse für Programmentwicklungen und Schulungskonzeptionen im EDV-Bereich zuständig war. Zwar gibt es im Mediencafé stets ein übergeordnetes Thema, zu dem die beiden Ehrenamtlichen Tipps geben – etwa der Bereich Datensicherheit –, aber im Mittelpunkt stehen die Besucher mit ihren persönlichen Technik-Problemen und Wunschlisten.
 
Das Mysterium „Smartphone“

„Zu 90 Prozent geht es immer ums Smartphone“, berichtet Margraf. Und gerade in diesem Bereich sei die Vielfalt an Geräten und Apps natürlich „gigantisch“, ergänzt Brunhilde Rothdauscher, die vor ihrem Ruhestand in einem mittelständischen Betrieb die EDV verantwortete. Sie beantwortet im Mediencafé Fragen zu Android-Geräten und hilft dort Anwenderprobleme zu lösen, während Margraf der iOS-Experte ist.

Natürlich können die beiden Digitalberater nicht jedes Problem lösen, zumal nicht unmittelbar vor Ort im Mediencafé. Margraf berichtet von einem „netten Fall“, bei dem er einen etwa 80-jährigen Handybesitzer zum Laden des Geräteherstellers nach Rosenheim begleitete, weil das mobile Internet auf dessen Smartphone nicht funktionierte. Vor Ort stellte sich heraus, dass das Bauteil für den Netzempfang kaputt war. Der Senior konnte das moderne Gerät, das ihm seine Enkelin gebraucht übers Internet gekauft hatte, dank einer verbliebenen Garantie von wenigen Tagen aber noch rechtzeitig zur Reparatur einschicken. Das habe den Mann so gefreut, dass er Margraf gleich zum Essen einladen wollte, was dieser aber ablehnte. „Das sind dann die Erlebnisse, die schon eine Bestätigung für unsere Arbeit sind“, so der Digitalberater. 

Kleine Fortschritte mit großer Bedeutung

Für viele Seniorinnen und Senioren sei es neben der Telefonie besonders bedeutsam, den Umgang mit WhatsApp zu lernen, um mit ihren Angehörigen verbunden zu bleiben. Und das wird im Mediencafé auch in der Gruppe geübt. „Wichtig für uns ist, dass sich die Gäste gegenseitig unterstützen“, so Margraf. Es erfülle ihre „Klientinnen und Klienten“ etwa mit Stolz, wenn sie in jenem Messenger-Dienst ihr eigenes Profilbild einstellen oder per Videochat telefonieren können, so Rothdauscher. Solche Fähigkeiten würden die älteren Menschen dann im privaten Umfeld weitergeben und es entstehe ein wichtiger Multiplikatoren-Effekt, erklärt Margraf.
 
Keine Angst vor Online-Banking

Die Themen und Probleme gehen den beiden Digitalberatern nicht so schnell aus. Für 2023 wollen sie das für viele Seniorinnen und Senioren noch mit Angst besetzte Feld des Online-Bankings angehen, berichtet Rothdauscher. Ein wichtiges und zugleich vernachlässigtes Schlagwort sei laut Margraf auch die digitale Barrierefreiheit. Im Zuge der Digitalisierung von behördlichen Formularen und Vorgängen bestehe die Gefahr, dass Senioren abgehängt werden. Die Barrierefreiheit auch in diesem Bereich sei ein klarer gesetzlicher Auftrag, so Margraf, „aber es kümmert sich halt niemand darum“. Ein Missstand, der zwangsläufig in Form konkreter Probleme in Zukunft am Café-Tisch der beiden Digitalberater aufschlagen wird. 

Text: Klaus Schlaug, Redakteur beim Sankt Michaelsbund; Michelle Mink, Volontärin beim Sankt Michaelsbund, November 2022
 

Qualifizierungskurse Digitalbegleiter:innen

Der nächste Qualifizierungskurs für die Digitalbegleiter:innen findet am 18. April 2023 statt. Anmeldungen sind bei den Kreisbildungswerken, oder der Fachreferentin für Seniorenbildung und Projektleiterin, Karin Wimmer-Billeter, möglich.

Wichtige Infos finden Sie auf der Internetseite der Katholischen Erwachsenenbildung in München und Freising: https://www.keb-muenchen.de/veranstaltung-13165
 

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