Fastenzeit - Qualitätszeit für Geist und Seele In der Vorbereitungszeit auf Ostern bieten viele Bildungswerke und andere Einrichtungen im Erzbistum zusätzliche Angebote

Eigentlich ist der Sinn der Fastenzeit ganz einfach: Man verzichtet einige Wochen auf Alkohol, Schokolade und Zigaretten, tut seinem Körper damit etwas Gutes und schon ist der Zweck erfüllt. Könnte man meinen. Aber die Fastenzeit ist so viel mehr als Verzicht! 
 
Das Misereor-Hungertuch von Emeka Udemba zur Fastenzeit 2023
Das Misereor-Hungertuch von Emeka Udemba
Fasten – das tun Menschen aus den unterschiedlichsten Gründen - um die Bikinifigur zu perfektionieren, den Körper zu entgiften oder dem Trend der Selbstoptimierung nachzugehen. Gut sechs Wochen auf etwas verzichten, das kann man für diese hehren Ziele schon mal auf sich nehmen.

Das Christentum sieht den Zweck des Fastens aber woanders: Die Fastenzeit ist eine Zeit der Erneuerung. Der Verzicht soll entlasten von Dingen, auch von Süchten nach Alkohol, Nikotin, Zucker und so weiter. Genau genommen ist es egal, was man fastet. Wir sollen vor allem wieder frei werden für eine Besinnung auf Gott und unseren Glauben. Und diese sechs Wochen sollen uns auch bewusst machen, wer wir sind – Söhne und Töchter Gottes.

Diese Gewissheit führt uns zu Ostern. Diese Gewissheit lehrt uns, dass wir keine Angst vor dem Leben zu haben brauchen. Damit besinnen wir uns auch auf uns selbst: Auf wichtige Fragen des Lebens, auf eine Kursänderung, auf das Bekräftigen eines eingeschlagenen Lebenswegs.

Wir sollen das Leben schätzen. Unser eigenes und das anderer. Deswegen geht es in der Fastenzeit nicht nur darum, auf das Handy, Netflix oder den exzessiv betriebenen Sport zu verzichten. Wir sollen nicht nur auf uns selbst schauen, sondern auch auf „unser Gegenüber“. Ich kann dann für eine Organisation spenden, die Menschen in Not hilft. Oder ich unterstütze einen Kollegen am Arbeitsplatz bei einer schwierigen Aufgabe.

Die Fastenzeit ist eine Zeit der Vorbereitung auf Ostern. Und weil das so ist, müssen wir beim Einhalten der Fastenvorsätze kein düsteres Gesicht des Verzichts machen. Wir sollten strahlen, denn wir bewegen uns mit Riesenschritten auf das Fest des Lebens zu!
 
Die Fastenzeit ist also eine Zeit der Besinnung, und weil das oft sehr viel leichter gelingt, wenn der „Input“ passt, ist die eine oder andere Veranstaltung ganz bestimmt hilfreich. Wir haben exemplarisch drei katholische Bildungswerke im Erzbistum ausgewählt und dort jeweils eine Veranstaltung oder Reihe herausgegriffen. Und am Ende gibt es noch einen besonderen Tipp für Gehörlose, Hörgeschädigte und Interessierte.

Landwirtin Lena Mehringer
Lena Mehringer
Bildungswerk Miesbach: Fastenpredigten "Laudato si"

An vier Sonntagabenden in der Fastenzeit beschäftigt sich in Holzkirchen eine Predigtreihe mit der Zukunft der Menschheit – angebunden an die vier Elemente Erde, Feuer, Wasser und Luft. Die Reihe ist eine Kooperation des Bildungswerks Miesbach mit dem Pfarrverband Holzkirchen. Der Titel lehnt sich an der Enzyklika „Laudato Si“ von Papst Franziskus an. Darin beschäftigt sich der Heilige Vater mit dem Thema Umwelt- und Klimaschutz und bezeichnet die aktuelle Lebensweise der Menschheit als „selbstmörderisch“.

Unter dem Motto „Fastenpredigt Laudato si – sind wir noch zu retten?“ stellen in der Holzkirchner Pfarrkirche St. Josef vier sehr unterschiedliche Referenten ihre Sichtweise auf den Umgang mit Umwelt und Natur vor. Wie die Landwirtin Lena Mehringer, die sagt: „Als Bäuerin sehe ich: Kein Tier der Welt ist so dumm, sich seinen eigenen Lebensraum zu zerstören. Als gläubige Christin weiß ich: Es ist 'Not-wendend', sich für unsere Erde einzusetzen. Als Mutter ist mir klar: 'Nach mir die Sintflut!' geht gar nicht! Im Alltag nachhaltig zu leben ist gar nicht so einfach – aber alternativlos!“

Und Dr. Peter Wilderer, Professor für Wasserwirtschaft, erklärt, wie die Ozeane entstanden sind, wie der Mensch es geschafft hat, sich ausreichend mit Nahrung versorgen – und wie er durch das Anlegen von Monokulturen in Land- und Forstwirtschaft sich und seine Welt angreifbar gemacht hat.
 
Ort: Pfarrkirche St. Josef
Referenten:
05.03. Maurice Attenberger, Theologe
12.03. Markus Bogner, Biobauer
19.03. Lena Mehringer, Landwirtin
26.03. Dr. Peter Wilderer, Professor für Wasserwirtschaft

Emeka Udemba
Emeka Udemba
Bildungswerk Rosenheim: Das Misereor-Hungertuch 2023/2024
 
Ende Februar stellt der nigerianische Künstler Emeka Udemba im Bildungswerk Rosenheim das neue Misereor-Hungertuch 2023/2024 vor. Seit über 40 Jahren folgt das Hilfswerk Misereor damit einer uralten Tradition: Ursprünglich hingen Hungertücher in der Fastenzeit in Kirchen und verhüllten die bildlichen Darstellungen Jesu. Auf ihnen, auch Fastentücher genannten Stoffbahnen, waren Szenen aus der Heilsgeschichte des Alten und Neuen Testamens abgebildet. Die Misereor-Hungertücher zeigen aktuelle Geschehnisse oder Problemstellungen.

Das Tuch von Emeka Udemba ist eine Collage aus vielen tausend Zeitungsschnipseln: Die Erde, das „blaue Wunder“ funkelt in türkis und blau. Im roten Raum drumherum greifen vier Arme von Menschen unterschiedlicher Herkunft und halten den Erdball sacht. Das Bild spricht vom schönen Planeten Erde, aber auch seiner Zerrissenheit durch Pandemie, Krieg und Hunger. Wie so oft ist das Hungertuch von Misereor Ausdruck der Solidarität mit den Armen und Schwachen, die von den Krisen des blauen Planeten zuerst betroffen sind und am meisten darunter leiden.

Deshalb fragt Misereor mit diesem Hungertuch:
Was ist uns heilig?
Was tasten wir nicht an?
Was ist uns das Leben wert?
Unter den vielen Zeitungsschnipseln sind auch manche, die Mut machen: Sie lauten "Neubeginn", "Ins Leben gehen" und "Farbe bekennen“…

Der nigerianische Künstler Emeka Udemba lebt in Freiburg. Er hat bereits an Ausstellungen weltweit teilgenommen. Im Rosenheimer Bildungswerk stellt er das Hungertuch 2023/2024 am 27. Februar um 19 Uhr vor.

Andrea Rosenegger
Andrea Rosenegger
Bildungswerk Traunstein: Eine Stunde für mich

Pandemie, Krieg in der Ukraine, spürbarer Anstieg der Lebenshaltungskosten - es gibt genug, worüber sich die Menschen im Augenblick Sorgen machen. Eine Stunde Auszeit, in der man all diese Sorgen kurzzeitig „abstreift“, tut da gut. In Traunstein bietet die Pfarrei Heilig Kreuz in Kooperation mit dem Katholischen Bildungswerk eine solche Pause an.

„Eine Stunde für mich“ heißt die Veranstaltung Anfang März unter Leitung der Theologin Andrea Rosenegger. Mit Musik, Texten und Stille sollen die Teilnehmer zur Ruhe kommen, unterstützt von einfachen Körper- und Atemübungen. Nach innen schauen, wahrnehmen, was uns trägt, neue Kraft schöpfen für den Alltag – darum geht es in „Eine Stunde für mich“.

Ort: Krypta der Pfarrkirche Heilig Kreuz, Traunstein
Termin: 08. März
Referentin: Andrea Rosenegger, Theologin

Impulse zum Misereor-Hungertuch in Gebärdensprache

Gehörlose produzieren unter dem Leitwort „Die Welt in unseren Händen“ Online-Impulse zum Misereor-Hungertuch in Deutscher Gebärdensprache (DGS). Am Aschermittwoch und an allen Fastensonntagen einschließlich dem Palmsonntag wird jeweils ein Impuls in DGS auf der Internetseite www.taub-und-katholisch.de/veranstaltungen veröffentlicht. Die Videos können zudem für die Messengerdienste Signal und Telegram abonniert werden. Auf der Internetseite finden sich zudem Informationen zu einem Besinnungstag in Gebärdensprache am Samstag, 11. März, 14 bis 18 Uhr, in München-Haidhausen (Kirchenstr. 6, Anmeldung unter asterr@eomuc.de).
 

Impuls zum Aschermittwoch:

 
Text: Willi Witte, Redakteur beim Sankt Michaelsbund, Februar 2023