Immer für alle da - Pfarrsekretärinnen vor großen Herausforderungen Einfühlungsvermögen und Zeit sind gefragt

Pfarrsekretärinnen und -sekretäre sind die stillen Arbeiter:innen im Hintergrund, von ihren Tätigkeiten im Lauf eines Tages bekommen die meisten Gemeindemitglieder nichts mit. Für manche sind sie auch einfach nur Verwaltungs- und Büromenschen. Wie vielfältig ihre Arbeit ist und wie stark reibungslose Abläufe in den Pfarreien von ihnen abhängen, macht sich kaum jemand bewusst. 
 
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„Wir haben halt einfach viel mit Menschen zu tun"
Im Büro von Anita Steinsberger ist es heute vergleichsweise ruhig – es sind Ferien. Trotzdem klingelt bei der Pfarrsekretärin von St. Emmeram in München alle zehn Minuten das Telefon oder es steht jemand vor der Tür des Pfarrbüros. Kein Wunder, Pfarrsekretär:innen sind so etwas wie das Rückgrat jeder Pfarrei: Sie erteilen Auskünfte über Veranstaltungen und Gottesdienste, stellen Bescheinigungen für Pfarreimitglieder aus, führen Akten, Karteien und Registratur, halten die Kommunikation zwischen ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitern aufrecht und, und, und…

Zu einer wahren Flut von Aufgaben kommen in den Pfarreien sehr unterschiedliche Gegebenheiten, betont Anita Steinsberger: „Es ist ein Unterschied, ob es im Pfarrbereich ein Seniorenheim gibt, um das man sich kümmern muss, ob Asylbewerber in der Gemeinde untergebracht sind oder wie die Siedlungsstruktur im Pfarrsprengel aussieht!“
 
Anita Steinsberg
Anita Steinsberger
So unterschiedlich dadurch der Arbeitsalltag einer Pfarrsekretärin oder eines Pfarrsekretärs aussieht, so ist es auch beim Zugang zum Beruf - es gibt keine einheitliche Berufsausbildung. Grundvoraussetzung für den Job ist, arbeitsrechtlich gesehen, lediglich eine kaufmännische Ausbildung. Anita Steinsberger würde sich ein einheitliches Berufsbild nebst Ausbildung wünschen. Dass es dazu trotz zahlreicher Bemühungen seit Mitte der neunziger Jahre nicht abschließend dazu gekommen ist, führt sie auf die Tatsache zurück, dass der größte Teil der Pfarrsekretär:innen keine volle Stelle besetzt und nur Teilzeit arbeitet. Dabei hätte ein einheitliches Berufsbild auch Auswirkungen auf die Pfarreien: Man könnte einheitliche (Qualitäts-) Standards in den Büros einführen - von den Computerprogrammen bis zum Führen der Kirchenbücher oder der Friedhofsverwaltung. Doch der Weg dahin scheint noch weit.
 
Strukturen erschweren Arbeit für die Zukunft

Deswegen setzt sich Anita Steinsberger als Vorsitzende des Pfarrsekretärinnen-Verbandes im Erzbistum München und Freising für Ihre Kolleg:innen ein, damit sie ihre Arbeit möglichst effizient leisten können. 650 von etwa 1.000 Pfarrsekretär:innen sind Mitglied im Verband, die Tendenz ist allerdings abnehmend, weil jüngere Kolleginnen den Sinn des Verbandes nicht verstehen, vermutet Steinsberger. Deswegen versuche der Vorstand des Verbandes, sich kontinuierlich sichtbar zu machen, präsent zu sein, sagt die Vorsitzende. In Bayern haben immerhin fünf von sieben Bistümern einen solchen Verband der Pfarrsekretär:innen. Nur in den Diözesen Augsburg und Passau gibt es keinen. Auch ein Bundesverband existiert nicht, allerdings kommen die Diözesanverbände regelmäßig zu Treffen zusammen. Insgesamt erscheint das Gefüge sehr inhomogen; dazu kommt auch, dass zum Beispiel im Bistum Würzburg die Pfarrsekretär:innen direkt beim Ordinariat angestellt sind, im Erzbistum München und Freising sind die Pfarrkirchenstiftungen vor Ort für sie zuständig.
 
Stefan Erfurt
Stefan Erfurt
Verbesserungsbedarf sahen die Verbände der Pfarrsekretär:innen in den vergangenen 20 Jahren genügend. Immer wieder mussten sich die Pfarrsekretär:innen mit geänderten Bedingungen auseinander setzen: Die Seelsorger wurden weniger, aus den Einzelpfarreien wurden Pfarrverbände und Stadtteilkirchen, so dass sich rein quantitativ die Arbeit vermehrte. Die Öffnung und Besetzung von Pfarrbüros wurden damit immer aufwendiger. Damit einher ging ein immer größerer Bedarf an vielfältigen Computerkenntnissen, das die Sekretärinnen täglich brauchten. Was nach Unterstützung und Erleichterung klingt, haben Anita Steinsberger und ihr Kollege Stefan Erfurt anders beobachtet: Der Pfarrsekretär aus dem Pfarrverband Ampfing, 70 Kilometer östlich von München, stellt eine größere Bürokratisierung fest: „An manchen Tagen habe ich das Gefühl, dass wir uns zu Tode verwalten!“

Als Folge ist auch eine immer weiter gehende Spezialisierung festzustellen, sagte Anita Steinsberger: „Früher konnte eine Pfarrsekretärin im Prinzip alles, kannte sich überall genügend aus. Heutzutage haben wir es mit komplexeren Systemen zu tun, mit Datenschutz, mit der kommenden Steuerpflicht für Pfarreien!“ Trotz ausreichender Schulungen werde der Arbeitsalltag immer noch schwieriger.
 
Ansprechpartner für Ratsuchende, auch bei seelsorgerlichen Fragen
 
Das geht unter Umständen zu Lasten einer Grundaufgabe und Kernkompetenz, denn oft sind die Pfarrsekretär:innen die ersten Ansprechpartner am Telefon oder im Parteiverkehr. „Natürlich sind es dann immer wieder seelsorgerliche Anliegen, mit denen die Menschen kommen, etwa, wenn ein lieber Mensch verstorben ist“, erklärt Pfarrsekretär Stefan Erfurt. Solche Kontakte brauchen Einfühlungsvermögen – und eben auch Zeit. Sie sind kein Verwaltungsakt wie die Autoanmeldung bei der Kfz-Zulassungsstelle. Dabei liegt es nicht an fehlenden Schulungen, zum Beispiel für den Umgang mit trauernden Angehörigen, die zum Teil auch verpflichtend sind, betont Anita Steinsberger. Auch Supervisionen für die Pfarrsekretär:innen selbst sind möglich, um ihnen diese teils emotional schwierigen Aufgaben zu erleichtern.
 
Generell aber wäre für die Vorsitzende des Pfarrsekretärinnen-Verbandes ein eindeutig definiertes Berufsbild, ein Profil für den Ausbildungsberuf und die Definition der Spezialisierungen wichtig. Und das alles nicht so sehr unter finanziellen Gesichtspunkten. Eher spielt die Berufszufriedenheit eine Rolle: Im Augenblick hätten die Pfarrsekretär:innen keine Aufstiegschancen, weder finanziell noch inhaltlich. In Zukunft sollen Fortbildungen mit Zertifizierungen noch stärker die persönliche Entwicklung fördern und damit einen möglichen Aufstieg nach sich ziehen. Dazu arbeitet der Verband der Pfarrsekretärinnen eng mit der Fortbildungsabteilung im Ordinariat zusammen. Es gehe vorwärts, sagt Steinsberger, aber halt sehr langsam.
 
Verwaltungsleiter nicht unumstritten
 
Da nützt es nach der Ansicht der Verbandsvorsitzenden auch nicht viel, dass vor acht Jahren die zusätzliche Ebene der Verwaltungsleiter in den Pfarreien und Pfarrverbänden eingezogen wurde: Fachleute, die den Ortspfarrer bei Organisation und Management unterstützen sollten. Steinsberger sieht die neuen Leiter zwiespältig: Sie seine in erster Linie dafür da, Personal und Finanzen zu koordinieren und zu überwachen. Das führe manchmal zu Spannungen, weil andere Themen liegen bleiben oder nicht zugeordnet würden.

Auch die Frage nach der Vorgesetztenrolle als Vertreter des Pfarrers werde in den Pfarreien kontrovers diskutiert. Steinsbergers Kollege Erfurt aus Ampfing sieht das ein bisschen anders: “Die Einführung der Verwaltungsleiter war längst überfällig. Die Verantwortung für komplexe Verwaltungsaufgaben an die Seelsorger ohne entsprechende Ausbildung zu übertragen, finde ich nicht gut.“
 
Sich angesichts sehr langsamer Fortschritte und hohen Belastungen beruflich umzuorientieren, kommt aber weder für Erfurt noch für seine Kollegin Steinsberger in Frage. Sie lieben beide ihren Job und die vielfältigen Aufgaben – für ihre Gemeinde. Anita Steinsberger überlegt kurz: „Wir haben halt einfach viel mit Menschen zu tun. Für mich selbst ist das immer wieder eine Bereicherung.“
 
Text: Willi Witte, Radioredakteur beim Sankt Michaelsbund, August 2023

Berufsverband der Pfarrsekretärinnen und Sekretäre (BVPS)
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Vorsitzende:
Anita Steinsberger
Pfarramt St. Emmeram, München