Der Verein „Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister München“ unterstützt seit 35 Jahren trauernde Familien nach dem Verlust eines Kindes. Mit Unterstützung der Erzdiözese organisiert der Verein seit zwei Jahrzehnten auch eine Akutbegleitung für Eltern, die gerade ein Kind verloren haben. „Primi Passi“ heißt dieses Angebot, „Erste Schritte“.
Die Sozialpädagogin Susanne Lorenz (l.) geht demnächst in den Ruhestand. Ihre Nachfolgerin ist die Psychologin Nicole Oehler.
Plötzlicher Kindstod, ein Verkehrsunfall oder Suizid – es gibt viele Umstände, wie Eltern ihr Kind verlieren können. Die Eltern durchleben das vielleicht Schlimmste, was ihnen passieren kann: Sie müssen sich mit dem Tod des Kindes auseinandersetzen. Neben der tiefen seelischen Erschütterung kommen häufig zusätzliche Belastungen hinzu: Ermittlungen der Kriminalpolizei, eine gerichtlich angeordnete Obduktion oder die Organisation der Beerdigung. Viele Familien haben zudem weitere Kinder, die versorgt und betreut werden müssen. „Das ist eine Art Schleusenzeit zwischen dem Davor und Danach“, sagt Susanne Lorenz. Die Sozialpädagogin ist Geschäftsführerin des Vereins Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister und stellt sich auch selbst immer wieder als Begleiterin in einer solchen extremen Situation zur Verfügung.
Viele Eltern sind nach dem Tod ihres Kindes zunächst wie gelähmt. Entscheidungen, etwa über die Beerdigung, überfordern sie in diesem Moment. Hier setzt die Akutbegleitung „Primi Passi“ an: Sie bietet verlässliche Unterstützung in den ersten sechs bis acht Wochen – durch persönliche Besuche, Gespräche oder telefonische Begleitung. Dabei gehen die Akutbegleiter:innen auf die Fragen ein, die die Eltern am stärksten bewegen. Das kann zum Beispiel die Art der Bestattung oder die Lage eines Grabes sein. „Für viele Menschen ist es wichtig, einen Ort zu haben, an dem sie ihrer Trauer Ausdruck verleihen können“, sagt Susanne Lorenz.
Nach dem Abschied aus der Akutbegleitung können sich die Eltern einer der Selbsthilfegruppen des Vereins anschließen. Für Betroffene ist es eine hilfreiche Erfahrung zu erleben, dass es auch andere gibt, die ein Kind verloren haben. In der Region München existieren zehn Selbsthilfegruppen des Vereins, auch in den meisten Landkreisen der Erzdiözese finden sich Ansprechpersonen oder Gruppen. Die ehrenamtliche Gruppenleitung übernehmen oft Eltern, die vor einiger Zeit selbst ein Kind verloren haben.
Das Angebot der Akutbegleitung „Primi Passi“ gibt es in der Erzdiözese bisher nur in der Region München. Hier engagieren sich gegenwärtig 15 Ehrenamtliche, die die betroffenen Eltern unterstützen, bis diese selbst die nächsten Schritte tun können. Weitere Trauerbegleiter:innen werden gerade ausgebildet. Die Ausbildung dauert rund ein Jahr. Akutbegleiter:innen erhalten außerdem eine entsprechende Ausbildung durch das Kriseninterventionsteam (KIT) München. Das Angebot des Vereins „Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister“ sowie die Akutbegleitung „Primi Passi“ stehen allen Menschen offen, auch solchen mit anderer oder ohne Religion.