Erzbistum prüft Seligsprechung von Walter Klingenbeck

Gottesdienst zum 75. Todestag des jungen Münchner Widerstandskämpfers
Walter Klingenbeck
(Foto: Walter-Klingenbeck-Gesellschaft e. V.)
München, 11. September 2018. Das Erzbistum München und Freising prüft eine mögliche Seligsprechung von Walter Klingenbeck, der am 5. August 1943 im Alter von 19 Jahren von den Nationalsozialisten in München-Stadelheim hingerichtet wurde. Anlässlich des 75. Todestags des jungen Widerstandskämpfers hat Weihbischof Rupert Graf zu Stolberg in der Pfarrkirche St. Ludwig in München-Maxvorstadt am Sonntag, 5. August, um 10 Uhr einen Gottesdienst gefeiert. Im Anschluss an den Gottesdienst segnete Weihbischof Stolberg am ehemaligen Wohnhaus von Walter Klingenbeck, Amalienstraße 44, eine Gedenktafel.
 
Geboren am 30. März 1924 in München, wuchs Walter Klingenbeck in einem katholischen Elternhaus auf und engagierte sich in der Jungschar seiner Pfarrei St. Ludwig in Schwabing, bis diese 1936 von den Nationalsozialisten aufgelöst und der Hitlerjugend einverleibt wurde. In dem jungen Klingenbeck wuchs früh eine grundlegende Ablehnung des Unrechtsregimes, das er in krassem Widerspruch zu seinem christlichen Glauben sah. Als er 1941 eine Lehre als Schaltmechaniker begann, traf Klingenbeck dort auf Gleichgesinnte, mit denen er – wie schon mit seinem Vater – von den Nationalsozialisten verbotene „Feindsender“ hörte, ein eigenes Widerstandsradio und Flugblätteraktionen plante sowie das Victory-Zeichen der Alliierten als Parole gegen die Nazis an öffentlichen Plätzen anbrachte. Die Gruppe wurde denunziert, Klingenbeck und seine Freunde Anfang 1942 verhaftet. Das Naziregime maß der katholischen Überzeugung der jungen Widerstandskämpfer große Bedeutung als Motivation bei, wie entsprechende Vermerke im Gerichtsurteil zeigen. In den Verhören und im Prozess nahm Klingenbeck die Verantwortung auf sich, so dass seine Freunde, ursprünglich zum Tod verurteilt, begnadigt wurden und Gefängnisstrafen abbüßten, während Klingenbeck im August 1943 in Stadelheim hingerichtet wurde. Klingenbeck wurde zunächst am Perlacher Forst bestattet, 1949 wurde sein Leichnam auf den Münchner Westfriedhof überführt. In der Nähe von St. Ludwig wurde 1998 ein von der Ludwigstraße abzweigender Weg nach Walter Klingenbeck benannt.
 
Im Rahmen der nun beginnenden Voruntersuchung zu einer möglichen Seligsprechung befasst sich der zuständige Postulator mit dem Leben Walter Klingenbecks und seinem Ruf unter den Gläubigen. Gutachter aus den Bereichen Theologie, Archiv- und Geschichtswissenschaften prüfen schriftliche Hinterlassenschaften aus dem Umfeld Klingenbecks. Nach Abschluss der Voruntersuchung kann ein Seligsprechungsverfahren eröffnet werden. Derzeit läuft im Erzbistum bereits eine Voruntersuchung zu einer möglichen Seligsprechung von Willi Graf, Mitglied der Weißen Rose. Für zwei weitere Gläubige ist die Voruntersuchung bereits abgeschlossen: Am 16. Dezember eröffnete Kardinal Reinhard Marx mit einem feierlichen Gottesdienst im Münchner Liebfrauendom das Seligsprechungsverfahren für den Publizisten Fritz Michael Gerlich und den Religionsphilosophen Romano Guardini. Im Rahmen des Verfahrens werden nun Zeugen befragt, die über die Persönlichkeit, die Biografie und das Wirken von Gerlich und Guardini Auskunft geben können. (ck)
 
Hinweis:
Zwei weitere Veranstaltungen erinnern im 75. Todesjahr an Walter Klingenbeck:
- Der Zeithistoriker Jürgen Zarusky hält am Dienstag, 11. Dezember, um 19.30 Uhr im Pfarrsaal St. Ludwig einen Vortrag mit dem Titel „Walter Klingenbeck. Ein Münchner Jugendwiderständler aus dem katholischen Milieu“.
- Am Mittwoch, 26. September, war die Gruppe „Die Grenzlandreiter“ mit ihrem „Akustischen Denkmal an Walter Klingenbeck“ zu hören.