"Vielleicht haben wir hier eine Antwort auf die Frage, was das Paradies eigentlich ist" Cornelius Heuten und sein Team kehren mit multimedialen Theaterprojekt "Welcome to Paradise" zurück

Im vergangenen Jahr beeindruckten Regisseur und Drehbuchautor Cornelius Heuten und sein rund 100 Mitstreiter:innen umfassendes Team mit dem multimedialen Theaterstück „Gerichtet“ in der Münchner Jugendkirche. Neben viel Lob brachte es ihm die Korbiniansmedaille ein. Nun steht die Premiere seines neuen Stücks „Welcome to Paradise“ an. Im Interview spricht der Künstler über die Ideenfindung, den Probenprozess und was für ihn das Paradies bedeutet.
 
Proben zu dem Theaterstück "Welcome to Paradise" mit Schauspielern, Sängern und Musikern
Proben zu "Welcome to Paradise"
Herr Heuten, waren Sie nach den Aufführung von „Gerichtet“ im April 2024 euphorisch ob der positiven Resonanz oder fühlten Sie sich nach dem Kraftakt leer?

Cornelius Heuten: Ich konnte damals gar nicht lange reflektieren, da meine Master-Arbeit anstand, die ich übrigens über „Gerichtet“ geschrieben habe. Aus meinem Team kam aber schnell die Rückmeldung, dass man nochmal etwas zusammen machen wollte. Und mir war klar, dass wenn wir etwas Neues in Angriff nehmen, wir sofort damit starten sollten. Ich habe dann schon einen Monat nach „Gerichtet“ mit der Ideensuche begonnen.
 
Das Thema des neuen Stückes ist das Paradies. Verglichen mit dem düsteren Vorgänger scheint das eine ziemliche 180 Grad-Wende. Auch eine ganz bewusste?

Cornelius Heuten: Das Paradies-Thema stand für mich persönlich einfach an, klang nach einem gegenwärtigen Thema. In der Bibel kommt es dreimal im Neuen Testament vor und da eher nebensächlich. Richtig definiert ist es dort nicht. Stattdessen kommen die Bilder in den Kopf, die man sich vom Paradies macht und die Jahrtausende durch Motive wie Adam und Eva, den Apfelbaum und die Schlange geprägt worden sind. Oder durch Bildnisse wie den Cranach-Altar. Wir folgen dabei keiner Erzählung, sondern orientieren uns an diesen bekannten Motiven.

Der Ausgangspunkt ist die Situation, dass das Paradies fest verortet ist, wir auch wissen, wo es liegt, wir aber nicht mehr dort hineinkommen. Wir stehen auf einer der gegenüber liegenden Uferseiten der vier Flüsse des Garten Edens – Pischon, Gihon, Hiddekel (Tigris) und Perat (Euphrat) – und schauen von dort hinüber. Und daran schließt sich die Frage an: Wenn wir in das Originalparadies nicht hinein kommen, was kann das Paradies dann für uns sein? Und da gibt es so viele Antworten, wie es Menschen gibt. Und aus diesen Antworten haben wir Paradiese entworfen. Jede Zuschauerin und jeder Zuschauer ist aufgefordert, sich für eines dieser Paradiese zu entscheiden.

Während ich die Idee hinter „Gerichtet“, das Buch der Richter auf die Bühne zu bringen, schon Jahre vor der Aufführung hatte und sie langsam immer weiter entwickelte, haben wir diesmal in einem viel offeneren und partizipativeren Prozess die Handlung von „Welcome to Paradise“ geformt. Und am Ende ist daraus eine sehr vergnügliche Sache geworden. Arbeitstitel: „Vergnügt“. (lacht) Wir merken einfach, dass wir uns inzwischen alle schon besser kennen, unsere Eigenheiten und unseren Humor – und davon ist viel in den Text eingeflossen und nun in die Proben. Es gibt eine gewisse Leichtigkeit im Prozess.

Am Ende geht es aber wie bei jedem Stück vor allem um die Menschen, die zusammen finden, dass die sich verstehen, mögen und Lust haben, mehrere Wochenenden miteinander zu verbringen. Vielleicht haben wir ja hier schon eine Antwort auf die Frage, was das Paradies eigentlich ist – Zeit miteinander verbringen, wertvolle Zeit, sinnvolle Zeit.
 
Plakat zu dem Theaterstück "Welcome to Paradise"
Seit wann proben Sie an dem Stück?

Cornelius Heuten: Im Sommer letzten Jahres haben wir das Team zusammen gestellt, abgefragt, wer wieder dabei sein kann und will. An gemeinsam verbrachten Konzeptionswochenenden haben wir den Stoff dann erarbeitet. Wir sind also gut eineinhalb Jahre damit beschäftigt.
 
Inhaltlich wird sich „Welcome to Paradise“ vom Vorgänger unterscheiden. Auch ästhetisch?

Cornelius Heuten: Was bleibt, ist die Kombination der verschiedenen Elemente Schauspiel, Film, Musik und Chor. Aber der Klang, die Farbe, die Ästhetik werden andere sein. Diesmal gibt es keine Band, sondern der Chor musiziert gleichzeitig mit. Da haben wir das Glück, dass wir tolle Leute haben, die sowohl singen als auch Instrumente spielen können.
 
Das Paradies ruft bei Zuschauern als Begriff wahrscheinlich Bilder prächtiger Landschaften hervor. Wie stellt man das auf einer Bühne dar, zumal auf einer wie der in der Jugendkirche, die ja keine professionelle ist?

Cornelius Heuten: Ich glaube, dass man überrascht sein wird, wenn man die Bühne sieht. Wir haben den Raum anders gedacht und stärken die Zuschauereinbindung. Die Bühnenwunderwerktechnik einer Theaters steht uns natürlich nicht zur Verfügung, aber wir schaffen es, viel über das Schauspiel, das Licht, Klänge und die Musik zu erzeugen. Das passt sehr gut, denn wir haben festgestellt, dass je konkreter wir in der gegenständlichen Darstellung wurden, das Phantastische schwand, der Mythos. Und gerade davon lebt ja dieses Thema. Zudem spielen die Filmeinblendungen diesmal eine noch zentralere Rolle als in „Gerichtet“.
 
Was denken Sie, werden die Zuschauer aus Ihrem Stück diesmal mitnehmen?

Cornelius Heuten: Je weiter man die Ideen rund um das Paradies denkt, desto schneller merkt man, wie man an Grenzen stößt, wie man sich schwer tut, an ein Paradies zu denken, das in alle Ewigkeit gilt. Ich denke, dass wir uns früher oder später mit unserer Endlichkeit auseinander setzen müssen, von der wir tagtäglich umgeben sind. Das Theater ist dafür die kongeniale Kunstform, weil es nicht konserviert werden kann. Theater ist für den Moment gemacht. Was bleibt, sind Gedanken und Erinnerungen.
"Welcome to Paradise", ein multimediales Theaterprojekt der KjG in der Diözese München und Freising unter der Regie von Cornelius Heuten in der Jugendkirche in der Preysingstraße am 2., 3., 4. 10. und 11. Oktober um jeweils 19:30 Uhr. Einlass um 19 Uhr. Mitwirkende sind unter anderem Andreas Bichler als Musikalischer Leiter, Christian Selbherr, Katharina Antonin und Florian Gutberlet aus dem Landkreis Miesbach. Karten unter paradiso25.de oder an der Abendkasse.

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