Der Advent ist eine Zeit der Besinnung und Vorbereitung. Pfarrer Dr. Josef Rauffer erklärt die Bedeutung dieser stimmungsvollen Zeit und beleuchtet die Symbolik des Adventskranzes. Er erläutert außerdem, wie die Adventszeit spirituell gestaltet werden kann und welche liturgischen Bräuche besonders wichtig sind.
Was bedeutet „Advent“ eigentlich und woher stammt der Begriff?
Josef Rauffer: Der Begriff „Advent“ stammt vom lateinischen adventus Domini, was „Ankunft des Herrn“ bedeutet. Gemeint ist die erwartungsvolle Vorbereitung auf die Geburt Jesu Christi an Weihnachten.
Warum beginnt mit dem Advent das neue Kirchenjahr?
Josef Rauffer: Der Advent markiert den Anfang der Heilsgeschichte mit dem Kommen Christi. Im Kirchenjahr vollziehen wir die Heilsereignisse mit den entsprechenden Festen (Weihnachten, Ostern, Pfingsten …) nach, sodass das liturgische Jahr nicht mit dem Kalenderjahr übereinstimmt.
Welche Bedeutung hat der Advent im christlichen Glauben?
Josef Rauffer: Der Advent ist eine Zeit der Erwartung, Besinnung und Vorbereitung – nicht nur auf das Fest der Geburt Jesu, sondern auch auf sein endgültiges Kommen am Ende der Zeiten.
Wie unterscheidet sich die Adventszeit von der strukturell ähnlichen Fastenzeit vor Ostern?
Josef Rauffer: Beide sind Vorbereitungszeiten, aber die Fastenzeit ist stärker von Buße geprägt. Während man in der Fastenzeit auf etwas verzichtet, um sich auf das Wesentliche zu fokussieren und sein Leben neu auszurichten, ist der Advent eine Zeit des sehnsüchtigen, hoffnungsvollen und freudigen Erwartens.
Warum wird vom 2. bis zum 4. Adventssonntag kein Gloria gesungen?
Josef Rauffer: Das Gloria hat seinen Ursprung im Weihnachtsfest: Nach der Geburt Christi singen es die Engel. Wird es das Jahr über an jedem Sonn- und Festtag (außer in der Advents- und Fastenzeit) gesungen, so sorgt der bewusste Verzicht gerade in der Adventszeit dafür, das Gloria bei der Christmette ganz bewusst wahrzunehmen und mit den Engeln in die Freude über die Geburt Jesu einzustimmen.
Welche liturgischen Farben werden im Advent verwendet – und was bedeuten sie?
Josef Rauffer: Die vorherrschende liturgische Farbe im Advent ist Violett – sie steht für Umkehr und Erwartung. Am 3. Advent (Gaudete) wird oft Rosa verwendet, als Zeichen der nahenden Freude.
Welche biblischen Texte und Themen stehen im Mittelpunkt der Adventszeit? Welchen Text mögen Sie am liebsten?
Josef Rauffer: Typisch sind Lesungen aus dem Buch des Propheten Jesaja, die vom kommenden Messias sprechen, sowie Texte über Johannes den Täufer und Maria, die auf das Kommen Jesu hinweisen. Gleichzeitig hören wir aber auch neutestamentliche Lesungen, die auf die Ankunft Jesu am Ende der Zeit, am Ende unseres Lebens hindeuten. Man spricht vom dreifachen Kommen Jesu: Seine Geburt in Betlehem, seine Gegenwart in unseren Herzen und sein Kommen am Ende der Zeit.
Mein liebster Text in der Adventszeit ist aus dem 13. Kapitel des Römerbriefes, in dem davon gesprochen wird, die Werke der Finsternis abzulegen und die Waffen des Lichts anzulegen. Er führt eindrücklich vor Augen, wie Jesus uns aus dem Dunkel ins Licht führt, sodass jede Furcht von uns abfallen wird.
Was ist der Ursprung des Adventskranzes – und warum hat er vier Kerzen?Josef Rauffer: Der Adventskranz geht auf den evangelischen Theologen Johann Hinrich Wichern im 19. Jahrhundert zurück. Die vier Kerzen symbolisieren die vier Adventssonntage und steigern das Licht bis Weihnachten. Ursprünglich gab es sogar für jeden Tag eine Kerze.
Gibt es „Do’s und Dont’s“ bei der Gestaltung des Kranzes?Josef Rauffer: Entsprechend der Adventszeit als eine Zeit der Besinnung sollte ein Adventskranz schlicht gehalten sein: Grüne Zweige und Kerzen reichen vollkommen aus. Glitzernde Kugeln und Bänder oder weitere Verzierungen lenken nur vom Wesentlichen ab. In aller Pracht gefeiert werden soll schließlich erst an Weihnachten.
Welche Rolle spielen Adventsbräuche wie der Adventskalender oder die Barbarazweige in der Kirche und für Sie persönlich?Josef Rauffer: Diese Bräuche fördern das tägliche Warten und Vertiefen. Barbarazweige erinnern an das Wachsen des Lebens und Glaubens – sie blühen an Weihnachten als Zeichen der Hoffnung. Diese Bräuche helfen gerade in einer dunklen Jahreszeit, das kommende Licht nicht aus den Augen zu verlieren.
Wieso stehen in den Wohnzimmern und in den Kirchen an Weihnachten Tannenbäume?Josef Rauffer: Die weihnachtlichen Tannenbäume hatten ursprünglich gar nichts mit Weihnachten zu tun. Am 24.12. wurde und wird der Gedenktag von Adam und Eva gefeiert. Beide kosten die Früchte vom Baum der Erkenntnis. In Mysterienspielen wurde diese Szene gerne nachgespielt. Dafür brauchte man allerdings einen Baum, der auch am 24. Dezember noch grün ist. Zur Darstellung von Früchten wurden rote Kugeln an den Baum gehängt. Erst im 18. Jahrhundert hat sich die Tradition dieses Baumes, der dann zum Weihnachts- oder Christbaum wurde, in die Häuser der Menschen ausgebreitet.
Wie können Gläubige die Adventszeit bewusst gestalten – abseits vom vorweihnachtlichen Trubel?
Josef Rauffer: Um den Charakter des Advents bewusst wahrnehmen und die Vorfreude auf das Weihnachtsfest richtig zu spüren, sollte man alles, was eigentlich zu Weihnachten gehört, aber oft schon vor Beginn des Advents aufgestellt ist, zumindest bei sich noch zurückstellen: Überschwängliche Weihnachtsbeleuchtung und – dekoration, das Aufstellen eines Christbaums, das Essen von Plätzchen. Der Freude an Weihnachten wird um so größer sein. Auch für unser Leben gilt: Der bewusste Verzicht und das Warten macht das, auf das man verzichtet und wartet dann umso bedeutender und schöner, wenn es so weit ist.
Welche Rolle spielt das Thema „Warten“ bzw. „Hoffnung“ im Advent?
Josef Rauffer: Vordergründig wartet man im Advent auf das Weihnachtsfest. Das allerdings ist nur ein Sinnbild für das Warten auf das Kommen Christi am Ende unseres Lebens. Und hier spielt das Stichwort Hoffnung eine wichtige Rolle: Wir hoffen, dass Christus als das ewige Licht leuchten wird, dem die Dunkelheit weicht. Gemeint ist damit die Dunkelheit des Todes, die durch das Licht Christi vertrieben wird. Es ist die Hoffnung auf Auferstehung der Toten und ewiges Leben bei Gott, die durch die Geburt Jesu erst ermöglicht wurden.
Was tun Sie im Advent, um sich innerlich auf das Weihnachtsfest vorzubereiten?
Josef Rauffer: Am Abend eine einzige Kerze im dunkeln Zimmer anzünden und adventliche Musik zu hören, ist für mich eine ganz wunderbare Einstimmung. Es lässt zur Ruhe kommen und ermöglicht es, sich auf das kommende Fest zu besinnen.
Was ist Ihre persönliche Botschaft oder ein Wunsch an die Menschen für die Adventszeit?
Josef Rauffer: Ich wünsche uns allen, dass wir in der Adventszeit Momente der Stille und der Besinnung finden, damit in uns das Bewusstsein wächst: Jesus Christus, das Licht der Welt, ist in unser Leben gekommen, um uns Hoffnung, Liebe und Frieden zu schenken. Seine Geburt ist ein Zeichen dafür, dass inmitten von Dunkelheit und Unsicherheit immer ein Licht leuchtet, das uns den Weg weist. Öffnen wir unser Herz für die Botschaft Jesu, damit sie uns mit Zuversicht erfülle.
Liturgie
Schrammerstraße 3
80333 München
Abteilungsleiter:
Pfarrer Josef Rauffer
Referenten:
Dirk Janus, Pastoralreferent
Michael Wagner, Fachreferent