Ordinariatsdirektorin Birk über kirchliches Immobilienmanagement

Vorausschauender planen, weniger neu bauen, auch mal was mieten
Von Christoph Renzikowski, erschienen am 3. Juni 2019 (KNA)
 
Susanne Birk
Ordinariatsdirektorin
Susanne Birk
München (KNA). «Sprungschanze Gottes» heißt die neue Poinger Kirche scherzhaft im Volksmund. Ende Mai heimsten die Planer dafür einen der bedeutendsten deutschen Architekturpreise ein, die «Große Nike». Ein Anlass für die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA), mit der Chefin des Bauressorts im Münchner Erzbischöflichen Ordinariat über die Zukunft kirchlichen Bauens zu sprechen. Susanne Birk (43) wirbt für weniger Perfektionismus - und weniger Kirchturmdenken.
 
KNA: Frau Birk, Sie waren bei der Preisverleihung in Halle. Wie haben Sie die erlebt?
 
Birk: Das war kurios. Wir waren für einen anderen Preis nominiert, den haben wir nicht bekommen. Da waren wir schon etwas enttäuscht.
Dann kam der Hauptpreis, für den man nicht nominiert wird. Als unsere Kirche da aufgerufen wurde, sind wir aus allen Wolken gefallen.
 
KNA: Neubauten von Gotteshäusern sind für eine kleiner werdende Kirche eher ein Randthema. Erwartet wird aber, dass die Kirche ihre Immobilien erhält, auch wenn sie kaum noch genutzt werden. Fühlen Sie sich schon mehr als Museumschefin oder Denkmalschützerin?
 
Birk: Nein. Alte Kirchen müssen mit neuen Ideen lebendige Orte bleiben oder auch werden. Für uns sind sie die Wohnung Gottes und Ort für menschliches Leben. Sie alle nur zu Museen zu erklären oder kurzerhand zuzusperren, würde zu kurz greifen. Angesichts der hohen
Instandhaltungs- und Sanierungskosten müssen wir Prioritäten setzen.
Zunächst muss ich eine Kirche unter Dach und Fach halten, niemandem darf etwas auf den Kopf fallen. Dann muss ich mir aber verschiedene Fragen stellen: Muss es in einer Kirche immer blütenweiß aussehen, wenn meine Mittel begrenzt und zugleich sehr viele Gebäude renovierungsbedürftig sind? Ist ein 1-a-Zustand der Kirche wirklich unerlässlich für ein lebendiges Gemeindeleben? Oder gibt es auch noch andere Verwendungen für das Kirchengebäude? Kann es zum Beispiel für einen sozialen Zweck genutzt werden, für den Kampf gegen Wohnungsnot oder für caritative Aktivitäten? Kann es eine interkulturelle Begegnungsstätte oder einen anderen Raum des Austausches beherbergen?
 
KNA: Wie wollen Sie künftig sinnvoll mit den kleiner werdenden finanziellen Spielräumen umgehen?
 
Birk: Wir müssen uns fragen: Was brauchen die Menschen, was ist für die Seelsorge erforderlich? Das gilt nicht nur für Kirchen.
Pfarrheime wurden in der Vergangenheit häufig sehr groß geplant, ohne langfristig auf Bedarf und Unterhaltskosten zu schauen. In vielen Pfarreien stellt sich nun die Frage nach ihrer Zukunft.
 
KNA: Wie sieht die Lösung aus?
 
Birk: Vorausschauend planen, den tatsächlichen Bedarf im Blick haben, auch die Perspektive weiten und beispielsweise zusammen mit der Kommune überlegen, wie sinnvolle Lösungen für die Menschen aussehen können. In Hohenbrunn entstanden so ein Bürgerhaus und ein Pfarrheim unter einem Dach. Und: Nach Möglichkeiten suchen, die Baulast insgesamt zu reduzieren.
 
KNA: Das heißt?
 
Birk: In Sankt Morus in München-Sendling wird der Pfarrsaal in das Kirchengebäude integriert. Insgesamt müssen wir flexiblere Lösungen finden, etwa Räumlichkeiten in zentraler Lage anmieten, um präsent und für die Menschen leicht erreichbar zu sein. Auf künftige Entwicklungen kann man so besser reagieren. Auch auf diözesaner Ebene sollten wir uns mit Neubauten zurückhalten. Stattdessen schauen
wir: Was haben wir im Bestand? Kann ich das für den gefragten Zweck verwenden? Haben wir genügend Ideen?
 
KNA: Sie haben seit knapp drei Jahren neue Bauregeln. Welches Feedback erhalten Sie?
 
Birk: Es gibt nun eine einheitliche Priorisierung der Bauprojekte nach verschiedenen Kriterien: Seelsorge, baulicher Zustand, historische und künstlerische Bedeutung. Das ist sehr hilfreich, denn es hat Klarheit geschaffen. Die Pfarreien wissen jetzt, wo sie mit ihrem Antrag stehen, auch wenn er abgelehnt wird. Verständlicherweise gab es Enttäuschungen bei den Pfarreien, deren Projekte nicht realisiert werden. Aber es braucht eben einen klaren Blick für die Wirklichkeit. Wir können nicht alles sanieren. Damit müssen wir umgehen und zu konstruktiven Lösungen kommen.
 
KNA: Gibt es auch Nachsteuer-Bedarf?
 
Birk: Wir wollen die Pfarreien in baulichen Themen noch früher und stärker begleiten. Das hilft möglicherweise auch, Frustrationen zu vermeiden und zugleich den Horizont der Möglichkeiten zu erweitern.
 
KNA: Wie geht es auf dem Freisinger Domberg weiter, wo Ihnen die Kosten davonlaufen?
 
Birk: Wie jeder Bauherr kämpfen wir mit ständig steigenden Baupreisen. Deshalb überlegen wir, wie wir im Rahmen verantwortbarer Kosten zu guten baulichen Lösungen kommen können. So überdenken wir gerade die Planungen für das Kardinal-Döpfner-Haus, das in der ursprünglich geplanten Form zu teuer geworden wäre. Genauso wie die Pfarreien für ihre eigenen Gebäude müssen auch wir als Diözese in diesem Fall nach einer tragbaren Lösung suchen.
 
KNA: Bis wann wollen Sie eine haben?
 
Birk: Ich hoffe, dass wir vielleicht noch im Sommer etwas Konkreteres sagen können.
 
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