Studienzeit in München

Nach dem Krieg waren zwei Jahre lang die Theologische Fakultät der Universität München und das Herzogliche Georgianum in Fürstenried untergebracht, weil die Gebäude in der Stadt zu starke Kriegsschäden aufwiesen.

Joseph Ratzinger schreibt dazu in seiner Autobiographie:

„Nach dem Ende der Monarchie hatte die Erzdiözese das Schlößchen erworben und dort ein Exerzitienhaus eingerichtet. In der notvollen Zeit der zwanziger Jahre hatte man zwei bescheidene Zubauten aufgeführt, in denen ein Seminar für Spätberufene eingerichtet wurde. In diesen beiden Bauten war nun sowohl die Theologische Fakultät wie das Georgianum untergebracht.

Es herrschte drangvolle Enge: In ein und demselben Haus wohnten zwei Professoren, befand sich das Sekretariat der Fakultät und ihr Sitzungszimmer,
dazu die Seminarbibliotheken für Pastoraltheologie, Kirchengeschichte und Exegese des Alten sowie des Neuen Testaments und unsere Studier- und Schlafräume. Bei dieser Enge mußte man doppelstöckige Betten verwenden. Als ich am ersten Morgen, noch schlaftrunken, meine Augen auftat, glaubte ich einen Augenblick, es sei wieder Krieg, und ich sei wieder in unserer Flak-Batterie zurückversetzt. Auch die Verpflegung war karg, weil man nicht wie in Freising auf einen eigenen Bauernhof zurückgreifen konnte.“

Die Vorlesungen fanden im Gewächshaus des Schlossgartens statt, wo es im Sommer sehr warm, im Winter dagegen äußerst kalt war. Heute befindet sich im Schloss Fürstenried das Exerzitienhaus und das schulpastorale Zentrum der Erzdiözese. Im Herbst 1949 zogen die Studenten und Professoren in die Stadt zurück, da die Gebäude zum Teil wieder hergestellt worden waren. Rückblickend schreibt der damalige Student: „In Fürstenried hatten wir alle, Lehrer und Lehrende, Seminaristen, Studenten und Studentinnen aus der Stadt, wie eine große Familie miteinander gelebt. So bleiben mir die Fürstenrieder Jahre als Zeit eines großen Aufbruchs voller Hoffnung und Zuversicht wie auch als Zeit großer Entscheidungen im Gedächtnis.“