Menschen, die sich kümmern In Bad Reichenhall unterstützen ehren- und hauptamtliche Helfer Flüchtlinge mit Unterricht, Beratung und einer neuen Kinderbetreuung

Das Übergangswohnheim in der Traunfeldstraße sieht von außen schön aus: Eine alte, sanierte Villa, die nun geflüchteten Familien Wohnraum bietet. Doch hinein darf man gerade nicht. Wegen eines Corona-Falls sind die Bewohnerinnen und Bewohner in Quarantäne.
Tafel mit Bildern von Obst und Gemüse und den bezeichnenden deutschen Wörter daneben
Deutschunterricht als wichtiger Bestandteil für eine gelingende Integration
Uschi Schäfflers Stimme klingt ungeduldig, als sie sagt: „Die Situation ist heuer wirklich sehr herausfordernd, weil ich als Ehrenamtliche je nach aktueller Lage wieder nicht ins Haus kann. Dabei ist es gar nicht gut, wenn zwischen den Unterrichtseinheiten längere Pausen liegen.“ Die 69-Jährige engagiert sich als eine von zehn Ehrenamtlichen im Übergangswohnheim an der Traunfeldstraße. Sie erteilt fünf bis sechs Frauen Deutschunterricht. Manchmal sind auch ein bis zwei Männer dabei, öfter bringen die Frauen auch ihre kleineren Kinder mit, für die sie keinen Kita-Platz bekommen haben.

Uschi Schäffler ist Sozialarbeiterin im Ruhestand und hat früher für die betriebliche Sozialberatung bei Siemens gearbeitet. Sie kennt die ganze Bandbreite an Problemen, die Familien haben können. Eines ist der zu geringe Kontakt zwischen den Geflüchteten und der einheimischen Bevölkerung. Deshalb fährt sie einmal pro Woche mit einigen Bewohnerinnen auf einen Bauernhof, um dort gemeinsam frische Milch zu holen. „Ganz selbstverständliche Kontakte im Alltag sind sehr wichtig. Milchholen ist eine Möglichkeit dazu“, weiß Uschi Schäffler. Deshalb hat sich auch bereits mehrfach einen Schwimmkurs für die Kinder organisiert.

Nachhaltige Bildung für Kinder

Hauptsächlich ist die Ehrenamtliche für den Deutsch-Unterricht aktiv. Ihre Schülerinnen stammen oft aus Syrien und hätten als Kontingentflüchtlinge, also als Geflüchtete, die bereits mit einem Visum nach Deutschland einreisen durften und einen Aufenthaltsstatus haben, eigentlich die Berechtigung, an einem Integrationskurs teilzunehmen. Doch mit kleinen Kindern geht das nicht. So nehmen die Mütter die Kinder in den Kurs mit. Und wenn Uschi Schäffler von den Kindern im Übergangswohnheim spricht, wird klar, dass ihr Ehrenamt durchaus herausfordernd sein kann: „Die Kleineren bleiben nicht lange ruhig und das ist natürlich schlecht für die Konzentration der Erwachsenen. Also bitte ich sie dann darum, die Kinder hinauszubringen. Aber wenn sie niemanden haben, der auf die Kleinen aufpasst, gehen die Mütter mit ihnen und kommen nicht mehr“, erklärt sie. Seit 1. Dezember ist nun aber eine hauptamtliche Heilerziehungspflegerin im Übergangswohnheim tätig, die unter anderem bei der Betreuung der Kinder unterstützt. Eine große Hilfe auch für Uschi Schäffler.

Besser läuft es in ihren Kursen mit den Kindern im Schulalter, wenn sie gelegentlich im Nachmittagskurs dabeisitzen. Diese „Großen“ dürfen bleiben, denn sie stören den Unterricht nicht. Die Schulkinder sind in ihre Klassenverbände integriert und bekommen normalerweise zwei bis dreimal pro Woche im Übergangswohnheim Unterstützung bei den Hausaufgaben. Hier engagieren sich sieben freiwillige Helfer. Zwei weitere Ehrenamtliche sind Lehrkräfte aus Syrien, die den Kindern muttersprachlichen Unterricht erteilen und sie in der arabischen Schrift unterrichten. Diese Kompetenzen helfen den Schülerinnen und Schülern, sich auch in der neuen Sprache Deutsch besser ausdrücken zu können.

Greifbare Ansprechpartner vor Ort

Uschi Schäffler als Ehrenamtliche vor dem Übergangswohnheim Bad Reichenhall
Uschi Schäffler als Ehrenamtliche vor dem Übergangswohnheim Bad Reichenhall
Nicht nur im Haus an der Traunfeldstraße ist das Engagement der Freiwilligen fruchtbar. Insgesamt 140 Ehrenamtliche engagieren sich bei der Caritas im Landkreis Berchtesgadener Land im Bereich Asyl und Migration. „Ich bin sehr dankbar für den Einsatz der Ehrenamtlichen in allen Unterkünften“, sagt Matthias Burgard, der den Fachbereich „Asyl und Migration“ der Caritas im Landkreis leitet.

Die Caritas bietet in 30 Unterkünften an 16 Orten im gesamten Landkreis Berchtesgadener Land soziale Beratung für die Bewohnerinnen und Bewohner an, oft in Kooperation mit den Caritas-Fachberatungsstellen. Dabei reicht das Spektrum von der Schwangeren- oder Schuldenberatung über den Kontakt zu Ärzten und Krankenkassen bis hin zu Verhandlungen mit der Agentur für Arbeit. „Ich habe in den vergangenen beiden Monaten öfter beim Ausfüllen von Anträgen der Agentur für Arbeit geholfen als in den zwei Jahren davor“, erklärt Matthias Burgard. Kein Wunder, denn viele Geflüchtete übernehmen zunächst Tätigkeiten in der Gastronomie und im Hotelgewerbe, sobald sie arbeiten dürfen. Infolge der Pandemie haben viele ihren Job wieder verloren. Das ist nur einer von mehreren Punkten, weshalb das Engagement für Asylbewerber derzeit viel von haupt- und ehrenamtlichen Helfern fordert.

Manche der Unterkünfte sind so abgelegen, dass es sehr schwer ist, dorthin zu gelangen oder von dort weg. „Ein großes Problem sind auch die Fahrtkosten“, betont Georg Suckau, der als Integrationsfachkraft für die Caritas in Bad Reichenhall arbeitet. „Wenn zum Beispiel ein Bewohner aus Ramsau, wo es ein gutes Netz an ehrenamtlicher Unterstützung gibt, zum Kurs nach Freilassing muss, kostet das im Monat 180 Euro Fahrtkosten.“ Zwar gebe es Zuschüsse, aber auch dafür müsse jemand den Antrag schreiben. Und ein Eigenanteil bleibe. Mit Fahrdiensten seien solche Strecken nicht zu bewältigen, vor allem dann nicht, wenn sie täglich zurückgelegt werden müssten.

Hilfestrukturen gezielt ausbauen

Matthias Burgard bei der Beratungsarbeit
Matthias Burghard bei der Beratungsarbeit
Zehn Hauptamtliche arbeiten für die Caritas im ganzen Landkreis für den Fachbereich „Asyl und Migration“. Schon dieses Zahlenverhältnis macht deutlich, dass die Unterstützung durch engagierte Ehrenamtliche wie Uschi Schäffler unverzichtbar ist. Doch Hauptamtliche haben eine wichtige Rolle dabei, wenn Hilfestrukturen gezielt ausgebaut werden sollen, wie es etwa bei der Kinderbetreuung für Kontingentflüchtlinge der Fall ist. „Deshalb sind wir erleichtert, dass uns die Erzdiözese München und Freising dabei unterstützt hat, dass der Einsatz einer Heilerziehungspflegerin im Übergangswohnheim an der Traunfeldstraße möglich wurde. Dort ist sie als hauptamtliche Mitarbeiterin für die Bewohner greifbar und kann flexibel auf die Anforderungen im Alltag reagieren“, erklärt Fachbereichsleiter Matthias Burgard. Und sie unterstützt damit auch die ehrenamtlichen Helfer wie Uschi Schäffler.

„Ich finde es ganz toll, wenn noch mehr für die Kinder getan wird“, betont Uschi Schäffler. „Sie brauchen etwas Sinnvolles zu tun, denn sonst wird ihnen schnell langweilig“, weiß die engagierte Ruheständlerin. „Und den Erwachsenen auch. Deshalb hoffe ich, dass ich auch bald wieder unterrichten darf.“

Text: Gabriele Riffert, freie Redakteurin, Dezember 2020

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Richard Stefke, Ressortleiter, Ordinariatsdirektor
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Die Erzdiözese München und Freising engagiert sich im Bereich Asyl- und Sozialarbeit mit jährlich rund drei Millionen Euro und unterstützt darüber hinaus eine Vielzahl von Initiativen. Zur Pressemitteilung ...