Dasein. Zuhören. Beistehen. Krankenpastoral - ein Kernauftrag der Kirche

Kranken und Sterbenden beistehen. Sie und ihre Angehörigen im Blick behalten. Das gehört zum Selbstverständnis der Kirche. Mit der Krankenpastoral erfüllt sie deshalb eine ihrer Grundaufgaben. Im Erzbistum München und Freising sind für diesen Dienst am Menschen 92 Seelsorgerinnen und Seelsorger an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr im Einsatz.
Nötige Schutzmaßnahmen, um auch während der Corona Pandemie als Krankenhausseelsorger für die Patienten da sein zu können
Nötige Schutzmaßnahmen, um auch während der Corona Pandemie als Krankenhausseelsorger für die Patienten da sein zu können
Krank sein. Plötzlich oder langsam schleichend verändert sich das Leben. Die Zukunft steht mit einem Mal voller Fragezeichen. Oder es geht darum, bewusst dem Ende des Lebens entgegenzugehen, in Würde und Geborgenheit. Eine solche Umbruchzeit betrifft den Menschen körperlich, psychisch und spirituell. Die Menschen in dieser Situation zu begleiten, ist grundlegende Aufgabe der Seelsorge und gehört seit ihren Anfängen zum Selbstverständnis der Kirche.

Schon im Matthäusevangelium hat Jesus dazu aufgefordert, die Kranken zu besuchen. Die Sorge um sie und die Sterbenden ist präsent in jeder Pfarrei, in jeder Seelsorgestelle. Sichtbar wird dies in jeder Eucharistie, in der für die Kranken und Sterbenden gebetet wird, in der sie miteingeschlossen werden in die Feier des Lebens und der Auferstehung. Mit der Krankenpastoral erfüllt die Kirche daher eine ihrer Grundaufgaben – Menschen in Krankheit, Krisen, Sterben und Tod zu begleiten. Zugespitzt sind diese existenziellen Ausnahmesituationen in Krankenhäusern und in Hospizen anzutreffen. Im Erzbistum München und Freising sind 92 Seelsorgerinnen und Seelsorger aus allen pastoralen Berufsgruppen an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr im Einsatz.

An 50 Standorten tun die Priester, Diakone, Pastoral- und Gemeindereferentinnen und -referenten ihren gleichsam bedeutsamen wie herausfordernden Dienst am Menschen. Unterstützt werden sie dabei von eigens für diesen Dienst ausgebildeten Ehrenamtlichen, die sich im Besuchsdienst engagieren.
 
»Menschen, die in der Klinik die schwerste Zeit ihres Lebens verbringen, stellen oft fest, wie wichtig Dinge sind, die ihrem Leben Halt geben und die sie tragen.«
Daniel Lerch, Pfarrer
„Menschen, die in der Klinik die schwerste Zeit ihres Lebens verbringen, stellen oft fest, wie wichtig Dinge sind, die ihrem Leben Halt geben und die sie tragen“, betont Pfarrer Daniel Lerch, Leiter der Klinikseelsorge am Klinikum der Universität München – Campus-Innenstadt. Selbst Kirchenferne seien dann offen für christliche Zugänge zum Thema Leben und Tod.
 
 
Die Krankenkommunion ist<br/>auch in Zeiten von Corona möglich.
Die Krankenkommunion ist auch in Zeiten von Corona möglich.
Darüber hinaus ist der Krankenhausseelsorger mit handfesten Aufgaben befasst. „Aufgrund ihrer Erkrankung geraten Menschen immer wieder auch in große finanzielle Not. Dann bedeutet Seelsorge auch, den Weg zum Sozialdienst zu ebnen und Fördertöpfe aus kirchlichen Mitteln für sie zu öffnen“, sagt Pfarrer Lerch.

Neben der an Sakramenten und Ritualen orientierten Pastoral mit Krankensalbung, Krankenkommunion und Sterbesegen steht der existenziell-menschliche Beistand im Fokus. Sowohl die Krankenhausseelsorge als auch die Seelsorge im Hospiz- und Palliativbereich stehen vor allem für eine „Hingeh-Pastoral“, die für alle Menschen da sein will. Unabhängig von Religionszugehörigkeit und Weltanschauung.

„Ansprechbar sein, zuhören und Zeit haben, ist das eine“, erklärt Lerch. „Aber auch Mut machen und das Vertrauen in die eigenen inneren Kräfte stärken.“ Im Alltag heißt das, von Zimmer zu Zimmer gehen, anklopfen und das Gespräch anbieten. Dabei wolle er "niemandem etwas überstülpen", so der Seelsorger. „Nicht jeder Mensch ist gläubig, aber jeder Mensch ist spirituell und hat etwas, aus dem er Kraft schöpft, über das es sich zu reden lohnt.“

Erstaunt darüber, welche Kraft ein persönliches Segensritual oder ein konkretes Gebet ausstrahlen kann, ist auch Pastoralreferent Timo Grünbacher immer wieder. Der Seelsorger im Christophorus Hospiz München unterstreicht: „Wenn jemand sagt, dass er mit Glauben und Kirche nichts anfangen kann, ist das in der Regel nicht der Schlusspunkt einer Begegnung, sondern erst der Anfang.“ Über Hoffnungen, Freuden und Ängste könne man schließlich mit jedem Menschen sprechen.
 
» In den existenziellen Fragen am Ende des Lebens treffen wir uns alle.«
Timo Grünbacher, Pastoralreferent
„Es ist sehr bereichernd, immer wieder auch Menschen begleiten zu dürfen, die auf ein erfülltes Leben zurückblicken und im positiven Sinne lebenssatt sind", betont Grünbacher. Zu erleben, wie sie mit ihrer eigenen Sterblichkeit umgingen, sei ein Geschenk. "Denn auch wenn wir es gerne von uns wegschieben, in den existenziellen Fragen am Ende des Lebens treffen wir uns alle.“

Seelsorgerinnen und Seelsorger in der Krankenpastoral müssen nicht zuletzt auch für sich selbst sorgen können, um gut gerüstet zu sein für ihre Aufgaben. Neben einer theologischen, pastoralen Ausbildung sowie einer pastoralpsychologischen Weiterbildung haben sie in der Regel zudem eine klinische Seelsorgeausbildung, die durch eine kontinuierliche Fortbildung weiter vertieft wird. Hinzu kommen Angebote von Supervision und Fallbesprechungsgruppen.
 
Wie wichtig das ist, führt auch der Arbeitsalltag von Pfarrer Lerch immer wieder vor Augen. Vor allem wenn Kinder sterben, ist das für den Seelsorger nur schwer auszuhalten. Wird in der Frauenklinik ein Kind still geboren, also von der Mutter bereits tot zur Welt gebracht, bleibt ihm nur, eine sogenannte „Namensgebungsfeier“ in der Kapelle abzuhalten. „Das ist wichtig“, erklärt der Pfarrer, „denn das Kind bleibt immer Teil der Familie.“ In der Kinderklinik richtet sich der Fokus meist auf die Begleitung der Eltern, wenn ein Kind unheilbar krank ist: „Es ist für mich beeindruckend, mit welcher Abgeklärtheit Kinder oft ihrem eigenen Tod entgegensehen und in der Lage sind, ihre Eltern zu trösten, während diese natürlich im Schmerz und in der Verzweiflung gefangen sind", so Lerch.

In der Regel jedoch gingen die Patientinnen und Patienten genesen nach Hause, sagt der Pfarrer. "Heilungsprozesse mitzuerleben und sehen zu dürfen, wie Menschen, die lange bei uns behandelt wurden, bei ihrer Entlassung freudestrahlend von Angehörigen in Empfang genommen werden, geben einem ein gutes Gefühl."
 
Vorbereitung zum Hausbesuch
Vorbereitung zum Krankenbesuch während der Corona Pandemie
Die Seelsorgerinnen und Seelsorger in der Krankenpastoral begleiten auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Alltag nicht selten an ihre physischen und psychischen Grenzen kommen. Dies geschieht durch individuelle Gespräche und Angebote für das ganze Team, etwa Fallbesprechungen und spirituelle Angebote. Gottesdienste werden zu allen Hochfesten und sonntags gefeiert sowie in den Kliniken meist auch werktags. Allein sechs Kapellen betreut Pfarrer Lerch mit seinem Team. Bei den vier bis fünf Gottesdiensten pro Woche versammeln sich oft auch Besucher von außerhalb zum Gebet in den Kapellen. Kranken, Angehörigen und Mitarbeitenden sind sie ein stiller Rückzugsort im Alltag.
Immer wieder halten hier auch die Seelsorgerinnen und Seelsorger für einen Moment inne. Sie tanken Kraft für den wertvollen Dienst am Menschen, den sie jeden Tag leisten, wenn sich das Leben durch Krankheit verändert oder wenn sich das Ende des Lebens ankündigt.

Aus dem Finanzbericht 2019 der Erzdiözese München und Freising (gekürzte Fassung)

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