VitalOrte Bad Tölz In Bad Tölz die Kraft von Gottes Natur kennenlernen und auf sich wirken lassen

Die katholische Kirche möchte auch in Zukunft für die Menschen da sein, Trost spenden und Hilfe anbieten. Sie weiß, dass sie dafür die gewohnten Pfade auch mal verlassen und neue Wege einschlagen muss. In welche Richtung diese führen können und worauf es zu achten gilt, hat das Erzbistum München und Freising seit 2016 im diözesanen Projekt „Pastoral planen und gestalten“ mit vielen Gläubigen zusammen erarbeitet. Ein Beispiel von vielen, wie die Kirche in Zukunft wieder näher bei den Menschen sein kann, sind die VitalOrte in Bad Tölz.      
Blick auf Bad Tölz vom Kalvarienberg
Ein Ort zum Auftanken - Blick auf Bad Tölz vom Kalvarienberg aus.
Das kleine, feine Projekt wurde vor rund zehn Jahren von der örtlichen Tourismusseelsorge unter der Leitung von Pastoralreferent Herbert Konrad zusammen mit Dr. Florian Wiedemann, Leiter des Fachbereichs Gesundheit der Stadt Bad Tölz, ins Leben gerufen. Die Kirche wollte mit ihrem Angebot wieder näher an die Menschen heranrücken, die Stadt suchte nach Lösungen für die Folgen der Gesundheitsreform und den damit verbundenen Rückgang bei der Zahl der Kurgäste. Beide mussten sich also etwas einfallen lassen, um die Menschen für sich zu gewinnen. 
Das taten sie auch: Die Ökumenische Tourismus- und Kurseelsorge und die Stadt wählten vier Orte aus, an denen die Besucher „die spezielle Kraft der Natur kennenlernen und auf sich wirken lassen können“, wie es im Internet heißt. Am Kalvarienberg, im Gabriel-von-Seidl-Kurpark, am Isarsteg und im Rosenpark von Bad Tölz wurden Schautafeln mit Infos zu den Besonderheiten des Ortes, Fotos und QR-Codes aufgestellt. Über diese können ein Audioguide und eine kurze Meditationshilfe aufgerufen werden. „Wir laden an diesen wunderschönen Orten, die als Rundgang angelegt sind, jeden ein, Kraft zu schöpfen, sich zu besinnen oder einfach nur seinen Gedanken nachzuhängen“, sagt Brita Hohenreiter, Kur- und Tourismusdirektorin der Stadt. Mit Erfolg: „Die kostenfreie Infrastruktur kommt bei unseren Gästen gut an.“ Die Kirche hat die Texte für die Tafeln verfasst, den Audioguide und vor allem auch die Meditationen eingesprochen und finanziert. Sie möchte damit niemanden bekehren oder überzeugen, sondern berühren und zum Innehalten einladen. „In die Orte kann jeder Gast etwas anderes hineininterpretieren – passend zu seiner ganz persönlichen Lebenssituation. Sie sind bewusst freigehalten von jeglicher Konfession und Glaubensrichtung“, sagt Brita Hohenreiter. „Jeder ist willkommen!“
Pastoralreferent Herbert Konrad freut sich, dass auch die Meditationen bei den Gästen gut ankommen: „Viele Gläubige gehen heute nicht mehr so regelmäßig in die Kirche wie früher, besinnen sich im Urlaub aber doch wieder häufiger auf die Themen, die sie berühren und für die ihnen im Alltag meist die Zeit fehlt. Dann nehmen sie alles oft mit anderen Augen wahr, sind offen für spirituelle Gedanken und möchten ihrem Leben mehr Tiefe geben. Dann sind unsere Kirchen und Klöster wichtige Orte für sie – oder eben die Vitalorte wie hier in Bad Tölz.“
VitalOrte Bad Tölz
Natur genießen und Kraft schöpfen - an den VitalOrten in Bad Tölz.
VitalOrte Bad Tölz
Die Besucher könnten zur Ruhe kommen oder eine geführte Meditation erhalten.

Zwei VitalOrte mit religiösem, zwei mit weltlichem Charakter

Der Kalvarienberg in Bad Tölz ist die Nachbildung des Passionsortes Christi und gilt als einer der schönsten in Deutschland überhaupt – mit traumhaftem Ausblick über den Isarwinkel. Er soll Kraftort für Menschen in schwierigen Lebenssituationen sein und ihnen helfen, „wieder Boden unter den Füßen und innerlichen Elan zu bekommen“, wie es im begleitenden Flyer heißt.
 
Der Rosengarten und der benachbarte Franziskanergarten gelten als Orte der Stille. Die Franziskaner wirkten bald 400 Jahre in Bad Tölz, bevor sie das Kloster 2008 schließen mussten. In der Meditation spielt die Rose eine wichtige Rolle – als Symbol der Schönheit, der Liebe und des Schmerzes, der durch die Dornen verkörpert wird.
Der Isarsteg wiederum hat eher weltlichen Charakter. Auf der Tafel und in der Meditation wird der Fluss als Inbegriff ständiger Veränderung thematisiert, den die Menschen als natürlichen Ausdruck von Lebendigkeit betrachten und annehmen sollen. Der Kurpark schließlich lädt zum Durchatmen und Verschnaufen ein, die Menschen sollen dort zur Ruhe kommen. „Nehmen sie sich einige Minuten Zeit, um einfach nur zu sein und den Atem sprechen zu lassen.“ 
 
In Zukunft könnte sich Herbert Konrad gut vorstellen, das Projekt der VitalOrte in Bad Tölz weiter auszubauen und zu erweitern. „Es gibt hier genug Stellen und Wege, die dafür in Frage kommen. Man muss solche Orte immer wieder in Erinnerung rufen, damit sie lebendig und attraktiv bleiben.“

Text: Christian Horwedel