"Ein Notfall ist ein Notfall" Der Wohnungsnotfallfonds der Erzdiözese hilft mit 600.000 Euro Menschen in Wohnungsnöten

2022 legte die Erzdiözese einen Wohnungsnotfallfonds auf. Bis Ende 2025 werden hieraus rund 600.000 Euro an Menschen vergeben, die von Wohnungslosigkeit bedroht oder bereits betroffen sind. David Diekmann vom Katholischen Männerfürsorgeverein (kmfv), der mit der Geschäftsführung des Fonds betraut ist, erklärt: "Ein Notfall ist ein Notfall. Man kann nicht wochenlang zuwarten, wenn einer Familie der Strom abgedreht wird, weil sie eine Nachzahlung gerade nicht überweisen kann."
 
Pflastersteine mit pinkfarbenen Rosenblättern
„Bis Ende Dezember 2023 hatten wir rund 270 Anträge an den Wohnungsnotfallfonds. Damit konnten wir zwischen 500 und 600 Menschen dabei helfen, dass Wohnungslosigkeit vermieden wurde oder dass sie ihre Wohnverhältnisse stabilisieren konnten“, berichtet David Diekmann. Der Sozialpädagoge, der beim Katholischen Männerfürsorgeverein München (kmfv) arbeitet, ist mit der Geschäftsführung des Fonds betraut.

Der Wohnungsnotfallfonds wurde von der Erzdiözese München und Freising 2022 aufgelegt und mit rund 600.000 Euro an Kirchensteuermitteln ausgestattet, die bis Ende 2025 an Menschen vergeben werden, die von Wohnungslosigkeit bedroht oder bereits betroffen sind. Anträge können über katholische Beratungsstellen oder Pfarreien gestellt werden. Ein Vergabegremium trifft sich mehrmals pro Jahr, hat aber einen zusätzlichen Online-Weg zur engmaschigen Abstimmung über die eingegangenen Anträge gefunden, so dass die Unterstützung zeitnah bei den Menschen ankommt.
 
„Ein Notfall ist ein Notfall. Man kann nicht wochenlang zuwarten, wenn einer Familie der Strom abgedreht wird, weil sie eine Nachzahlung gerade nicht überweisen kann“, weiß David Diekmann. Bevor er beim kmfv Vorstandsreferent und Geschäftsführer des Wohnungsnotfallfonds wurde, hat er zwei Einrichtungen für wohnungslose Familien und für Volljährige geleitet. Diekmann weiß, wie schnell es gehen kann, dass Wohnungslosigkeit droht. Zum Beispiel, wenn bei einer Familie der Haupt- beziehungsweise Alleinverdiener die Stelle verliert und danach nur eine schlechter bezahlte Arbeit findet: Die Miet- und Lebenshaltungskosten, die bisher getragen werden konnten, werden plötzlich zum Problem. Nach einiger Zeit kann entweder die Miete bezahlt werden oder die Energiekosten oder das Essen für die Familie. „Die Familien wissen oft nicht, was ihnen an Leistungen in einem solchen Fall zusteht und sie schaffen es nicht, aus eigener Kraft mit der Situation klarzukommen, bis es dann fast zu spät ist.“
 
Auch schwere Krankheiten werfen Menschen aus der Bahn. Wer etwa an Krebs erkrankt ist, will gesund werden. Andere Fragen treten in den Hintergrund. Dass das niedrigere Krankengeld nicht mehr für die Mietzahlungen reicht, merken Betroffene womöglich erst dann, wenn die Kündigung droht.
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Die Zielgruppe des Wohnungsnotfallfonds ist bewusst weit gefasst. Hier können auch Menschen unterstützt werden, die keine von außen erkennbaren finanziellen Probleme haben. Beispielsweise verwitwete Senioren, die zwar in ihrem eigenen Häuschen wohnen, aber insgesamt erschreckend wenig Geld zum Leben besitzen.
David Diekmann
Gerade ältere Menschen würden sich in einer solchen Situation schämen. Sie hätten oft auch keine Informationen über Unterstützungsmöglichkeiten, die ihnen zustehen. „Auch hier können wir helfen. Allerdings achten wir in einem solchen Fall darauf, dass sich die Betroffenen grundsätzlich Gedanken über den Verbleib in ihrer Immobilie machen und dass sie auch in Kontakt mit einer Beratungsstelle kommen“, betont Diekmann.
 

Weiter gefasste Zielgruppe

 
David Diekmann
Geschäftsführer David Diekmann
Sehr gut angenommen wird die Energieberatung des kmfv, die ebenfalls von der Erzdiözese München und Freising ermöglicht wird. Wer seinen Stromverbrauch und das Heizverhalten prüfen lassen will, Möglichkeiten zu Energieeinsparungen sucht oder auch eine einmalige Energiepauschale in Höhe von künftig 150 Euro beantragen möchte, kann sich seit August beim kmfv melden. „Hier herrscht ein enormer Bedarf. Man hat uns regelrecht die Bude eingerannt“, berichtet David Diekmann. So gab es bereits im September keine Beratungstermine mehr für den Rest des Jahres 2023.

130 Haushalte wurden bisher aufsuchend vor Ort beraten oder sie erhielten die Energiepauschale. Das Thema Energiekosten bleibe virulent, so der Geschäftsführer des Wohnungsnotfallfonds, da Strom- und Heizungskosten so bald nicht günstiger würden.

David Diekmann weiß, dass viele Menschen, die sich über Beratungsstellen oder Pfarreien an den Fonds wenden, eigentlich Ansprüche auf staatliche Leistungen hätten. „Leider dauert es bei bestimmten Stellen, vor allem außerhalb der Landeshauptstadt München, oft bis zu drei Monaten oder länger, bis die entsprechende Stelle eine Entscheidung trifft. Das ist kein haltbarer Zustand! Wir appellieren an die Behörden und an die Politik, hier rasch für Verbesserung zu sorgen.“ Wer von Wohnungslosigkeit oder einer Stromsperrung akut bedroht sei, hätte keine drei Monate Zeit. Der Fonds helfe in solchen Fällen mit einem günstigen Darlehen, bis die staatlichen Leistungen bei den Betroffenen eingingen.
 

Gegen explodierende Mieten aktiv werden

 
Generell wünscht sich David Diekmann, dass die Landes- und Bundespolitik den Fokus endlich stärker auf bezahlbaren Wohnraum legt und gegen die explodierenden Mieten aktiv wird. Auch Neubauten sollten forciert werden. „Wenn man wirklich günstigen Wohnraum bauen will, dann ist das auch heutzutage möglich, trotz steigender Zinsen und sinkender Renditen für Investoren.“ Dass immer noch bezahlbarer Wohnraum geschaffen werde – wenn auch nicht genug –, sei unter anderem zivilgesellschaftlichen Akteuren zu verdanken wie kirchlichen Trägern. Diekmann weiß, wovon er spricht: Der kmfv schafft gerade mit Partnern in Oberschleißheim bei München Wohnraum für 800 Menschen. Ein zusätzliches Zeichen der Hoffnung auf dem heiß gelaufenen Mietmarkt im Großraum München…
 
Text: Gabriele Riffert, Freie Mitarbeiterin, Januar 2024
 

Wohnungsnotfallfonds

Anträge an den Fonds können von einem Wohnungsnotfall bedrohte Menschen stellen, die
  • auf dem Gebiet der Erzdiözese München und Freising wohnen
  • und im Kontakt mit einer katholischen Beratungsstelle (etwa Caritas-Sozialberatung, Schuldnerberatung) oder mit einer Pfarrei stehen
  • Formen der Hilfeleistung sind zum Beispiel: Kautionsdarlehen beim Anmieten einer neuen Wohnung, Übernahme von Mietschulden, Begleichen von Energieschulden, Ausstattung einer Wohnung mit dem Nötigsten, Ersatz kaputter Elektrogeräte etc.
  • Der Vergabeausschuss verständigt sich laufend über die Anträge, damit die Hilfe zügig eintrifft
  • Pro Halbjahr und Haushalt sind bis zu 1800 Euro Hilfe möglich
  • Der Wohnungsnotfallfonds läuft voraussichtlich bis 2025
Weitere Informationen: https://kmfv.de/was-wir-tun/wohnungsnotfallfonds/ und
https://kmfv.de/was-wir-tun/energieberatung/

Katholischer Männerfürsorgeverein München e.V.
Telefon: 089-51418-0
Fax: 089-51418-36
info(at)kmfv.de
http://www.kmfv.de
Leitung:
Prof. Dr. Peter Franz Lenninger, Vereinsratsvorsitzender
Ludwig Mittermeier, Vorstandsvorsitzender

Katholischer Männerfürsorgeverein
München e.V. Zentralverwaltung
Kapuzinerstraße 9 D
80337 München

Der Verein ist Träger von Einrichtungen und Diensten für wohnungslose Menschen.