Tremmel: „Gesellschaft auf humanitärem Kurs halten“

Diözesanratsvorsitzender verteidigt bei Vollversammlung christliches Engagement in Flüchtlingskrise
Logo Diözesanrat
Neubiberg, 12. März 2016. Der Vorsitzende des Diözesanrats der Katholiken der Erzdiözese München und Freising, Hans Tremmel, hat Kritik am Einsatz der Kirchen für Flüchtlinge zurückgewiesen. „Es ist beleidigend, wenn ich Politiker reden höre, die uns ‚Kirchenleute‘ lächerlich machen wollen, weil wir nach wie vor dezidiert eine humane Flüchtlingspolitik unterstützen“, so Tremmel am Samstag, 12. März, bei der Vollversammlung des Diözesanrats in Neubiberg, Landkreis München. Christen seien „alles andere als schwärmerische, gesinnungsethische Utopisten“. Vielmehr zeigten sie „Seite an Seite mit allen Menschen guten Willens“, dass sie „nach wie vor oder gerade jetzt die Botschaft Jesu Christi ernst nehmen wollen und zwar unter den realen Bedingungen unserer Zeit“, betonte Tremmel. „Als Kirche wollen, können und müssen wir unseren Beitrag leisten, um die Gesellschaft auf humanitärem Kurs zu halten. Sonst ist die vielbeschworene und auf christlichen Werten basierende Leitkultur aus unserer Verfassung letztlich keinen Pfifferling wert, wenn sie nur nationale und egoistische Interessen bedient.“
 
Tremmel kritisierte Versuche, das biblische Gleichnis vom Barmherzigen Samariter als Rechtfertigung einer Obergrenze für Flüchtlinge zu missbrauchen mit dem Argument, der Samariter habe zwar einem Verletzten helfen können, wäre aber mit fünf Verletzten überfordert gewesen. In dem Gleichnis sei es Jesus „um ethnische und religiöse Entgrenzung der Nächstenliebe“ gegangen: „Das ist bleibend aktuell“, betonte der Vorsitzende. Es gehe darum, die individuelle Barmherzigkeit mit der sozialethischen Perspektive zu verknüpfen: „Konkret heißt das, dass der Barmherzige Samariter immer wieder zu Hilfe eilt, dass er das aber nicht alleine macht, sondern Helferkreise und Solidargemeinschaften, also haupt- und ehrenamtliche Netzwerke der Hilfe, bildet und gleichzeitig dazu beiträgt, die Rahmenbedingungen so zu verändern, dass keiner mehr unter die Räuber fallen, also fliehen muss.“
 
Die Probleme, die aus der Zuwanderung und Integration entstünden, seien „wirklich enorm“, räumte Tremmel ein: „Viele Ängste und Sorgen, die es in unserer Bevölkerung seither gibt, sind nachvollziehbar.“ Es komme aber darauf an, „was wir aus dieser Gefühlslage dann konkret machen“, sagte der Vorsitzende: „Wo wir als Christen stehen und zu stehen haben, ist klar – ganz sicher nicht auf der Seite der rassistischen Straftäter und auch nicht bei ihren verbalen Wegbereitern. Unsere Solidarität gehört den Bedrängten, Schwachen, Notleidenden und Bedürftigen und nicht dem grölenden oder im Internet chattenden Pöbel.“ Unterschiedliche Einschätzungen und Vorschläge in der Flüchtlings- und Integrationspolitik seien legitim. „Aber wenn man Christ sein will, dann darf man eine bestimmte christlich-humanitäre Grundlinie nicht verlassen“, so Tremmel: „Bei Pegida-Demonstrationen  mit schwarz-rot-goldenem Kreuz das Christentum gegen die Fremden ‚verteidigen‘, die ‚Lügenpresse‘ beschimpfen und den ‚Unrechtsstaat‘ beschwören – das geht für Christen nicht! Denn als Christinnen und Christen sind wir zur Versöhnung aufgerufen und nicht zur weiteren Spaltung der Gesellschaft.“
 
Die rund 175 Teilnehmer der Vollversammlung des obersten Laiengremiums der Erzdiözese München und Freising befassen sich in der Universität der Bundeswehr München in Neubiberg, Landkreis München, mit dem „Dienst am Frieden“. Neben Tremmel berichtet auch Erzbischof Kardinal Reinhard Marx aus seiner Arbeit und feiert mit den Teilnehmern einen Gottesdienst. (gob)