Tod in der römischen Therme Wie die frühchristliche Märtyrerin Cäcilia zur Patronin der Musik wurde

 
Cäcilia gehört zu den bekanntesten Märtyrerinnen; seit dem vierten Jahrhundert wird sie im Messkanon erwähnt. Sie gilt als Schutzpatronin der Sänger, Musiker und Dichter, der Organisten, Orgelbauer, Instrumentenmacher und nicht zuletzt der Kirchenmusik. Am 22. November ist ihr Gedenktag.
 
Katholische Wallfahrtskirche St. Rasso in Grafrath mit Wandgemälde von Johann Georg Bergmüller mit Darstellung der heiligen Cäcilia
Wandgemälde von Johann Georg Bergmüller mit Darstellung der heiligen Cäcilia aus dem Jahr 1753 in der Katholischen Wallfahrtskirche St. Rasso in Grafrath
 
Hätte es im spätmittelalterlichen Vatikan schon Public-Relations-Manager gegeben, sie hätten sicher eine berühmte Pianistin oder bezaubernde Konzertsängerin zur Patronin der Musik gemacht. So aber kam eine frühchristliche Märtyrerin namens Cäcilia („Himmelslilie“) zu dieser Ehre, weil man einer Passage in ihrer ebenso knappen wie poetischen Legende einen allegorischen Sinn gab: „Cantantibus organis“ heißt es da über Cäcilias Hochzeit mit dem jungen Valerianus, „während die Musikinstrumente erklangen, sang Cäcilia in ihrem Herzen Gott allein und bat ihn: Lass, Herr, mein Herz und meinen Körper unbefleckt bleiben, damit ich nicht zuschanden werde.“

Ein merkwürdiges Gebet für eine Braut. Der Hintergrund: Cäcilia, sie soll aus dem alten römischen Adelsgeschlecht der Cäcilier und Meteller stammen, betrachtete Christus als ihren wahren Verlobten und hatte heimlich ein Jungfräulichkeitsgelübde abgelegt, von dem ihre Eltern nichts wussten, als sie ihr den Heiden Valerian als Ehemann aussuchten. Deshalb trug sie unter ihrem betörenden goldenen Hochzeitskleid ein härenes Bußgewand und ging während der Zeremonie auch innerlich auf Distanz, was die alte Legende hintergründig ausdrückt, wenn sie der „irdischen“ Musik der Spielleute den stummen Gesang von Cäcilias Seele entgegenstellt.

Zum Glück erwies sich Valerianus als sensibler Partner: Als ihm Cäcilia forsch drohte, sie stehe unter dem Schutz eines starken Engels, mit dem er sich lieber nicht anlegen solle, ließ er sie verwundert in Ruhe, verlangte aber den himmlischen Helfer zu sehen. Das sei nur möglich, wenn er Christ werde, erklärte seine junge Frau souverän. Valerianus gab erneut nach, ließ sich vom greisen Papst Urban I. (gestorben 230) taufen - und erblickte tatsächlich einen Engel, wie er Cäcilia duftende Rosen und Lilien überreichte.
 

Dem kochenden Wasser erfrischt und lächelnd entstiegen

 
Begeistert schloss er sich den - damals noch blutig verfolgten - Christen an, bekehrte gleich auch noch seinen Bruder Tiburtius; und alle drei begannen ihre Glaubensgenossen im Kerker zu besuchen und die Hingerichteten zu begraben, bis die Brüder selbst unter Anklage gestellt wurden. Ein Ritter Maximus, der sie im Gefängnis bewachen sollte, wurde unter dem Eindruck ihrer mutigen Haltung selbst zum Christen.

Der zuständige Präfekt Almachius lässt sich nach der Legende zwar auf einen Disput mit den Brüdern und dem neu bekehrten Maximus ein, überliefert alle drei aber dann dem Henker, weil ihn ihre Argumente nicht überzeugen. Auf der Suche nach dem Vermögen der Hingerichteten stößt er auf Cäcilia, die bereits alles unter die Armen verteilt hat. Wutentbrannt stellt er nun auch die ebenso schöne wie eigensinnige junge Frau vor Gericht. Weil sie es ablehnt, den römischen Göttern und dem Kaiser zu opfern, soll sie im Bad ihrer Villa durch heiße Dämpfe erstickt werden. Doch wie es in Märtyrerlegenden üblich ist, entsteigt Cäcilia dem kochenden Wasser lächelnd und erfrischt.

Nun soll sie enthauptet werden, doch dem Henker erlahmt der Arm nach drei Schwerthieben, mehr sind nach dem Gesetz nicht erlaubt, und so lässt man die Schwerverwundete im Kerker liegen, bis sie nach drei Tagen stirbt und in einem Gewand aus Goldbrokat in einen Zypressensarg gelegt wird. Papst Urban begräbt sie in der Calixtus-Katakombe ehrenvoll neben Bischöfen und macht ihr Haus zu einer Kirche.
 

Eine junge Frau mit Handorgel

 
In Rom kann man heute noch die antike Thermenanlage besichtigen, wo Cäcilia angeblich starb. Ihre Gebeine ruhen in der Krypta der Kirche Santa Cecilia im einstigen Arme-Leute-Viertel Trastevere. Berühmt ist die von Stefano Maderna 1599 dort geschaffene zarte Marmorfigur: Der Leichnam wie schlafend, zur Seite geneigt, das Gesicht nach unten, die Finger ausgestreckt. So soll man Cäcilias unverweste Überreste gefunden haben, als ihre Gruft 1595 bei einer Kirchenrestaurierung geöffnet wurde.

Cäcilia gehört zu den bekanntesten Märtyrerinnen; seit dem vierten Jahrhundert wird sie im Messkanon erwähnt. Sie gilt als Schutzpatronin der Sänger, Musiker und Dichter, der Organisten, Orgelbauer und Instrumentenmacher. Im 16. und 17. Jahrhundert stellten sich Akademien und Vereine unter ihr Patronat; der Dachverband der deutschsprachigen Kirchenmusiker nennt sich heute „Allgemeiner Cäcilien-Verband“. Während die ersten Cäcilien-Darstellungen eine junge Frau mit der Märtyrerpalme zeigen (so das romanische Bogenfeld von St. Cäcilien in Köln), bekommt sie vom 15. Jahrhundert an die Handorgel als Attribut.

Rubens hat sie als Orgelspielerin gemalt, auf die sich ein Kranz aus Rosen herabsenkt. Raffael stellt sie auf einem Bild, in das sich schon Goethe und Herder verliebten, als liebliche Repräsentantin kosmischer Harmonie dar. Sie scheint gerade die Handorgel zu Boden fallen zu lassen, wo bereits andere Instrumente liegen: Was zählt die auf Erden gespielte Musik gegenüber dem Gesang der Engel, den nur Gott und die glücklich zur ewigen Vollendung Gelangten hören können?
Text: Christian Feldmann, "Münchner Kirchenzeitung", November 2021

„Die Marter gereicht mir zur Ehre“

„Die heilige Cäcilia aber erwiderte den Gerichtsbeamten also: ‚Mitbürger und Brüder, wisst, dass es mir zur großen Ehre gereicht, für den Namen Jesu Marter zu erdulden. Aber euch, die ihr noch in der Blüte der Jahre steht, beklage ich, dass ihr die Befehle eines so ungerechten Richters vollziehen müsst!’

Jenen traten die Tränen in die Augen, als sie eine so edle Jungfrau mit einem so heißen Verlangen zum Tode hineilen sahen. Cäcilia setzte ihnen nun auseinander, es hieße das nicht Leben und Jugend verlieren, sondern eine Veränderung vornehmen, eine schlechte Wohnung für das Himmelreich eintauschen, für ein geringes, flüchtiges Gut ein ewig dauerndes zu gewinnen.

Durch diese und ähnliche Reden bestimmte sie die Gerichtsdiener und andere zum Glauben an den Herrn. Sie empfingen die Taufe vom heiligen Papst Urban, vierhundert an der Zahl...“
                                               - Märtyrerakten der heiligen Cäcilia