Wunder über Wunder: Mirakelbücher im Digitalen Archiv des Erzbistums Eindrucksvolle Schilderungen der Sorgen und Nöte des früheren Lebens

 
Mit der Veröffentlichung von 53 Mirakelbüchern aus 13 Wallfahrtsorten erweitert das Digitale Archiv des Erzbistums sein Quellenangebot zu einem zentralen Bereich katholischer Frömmigkeit.
 
Marianischer Wunderbaum
Marien-Gnadenbild von Egern am Tegernsee. Kupferstich im Mirakelbuch „Marianischer Wunderbaum“, um 1710 (Ausschnitt)
 
Mirakelbücher stammen aus Pfarreien, in denen – oft schon seit dem Mittelalter – Wallfahrten bestanden. Zahlreiche Menschen pilgerten dorthin, um an den Reliquien von Heiligen oder vor ihrem Bildnis um ihre Fürsprache bei Gott in verschiedensten Anliegen zu bitten oder um ihnen für erfahrene wunderbare Hilfe zu danken.
 
Dieser zweite Aspekt ist in den Mirakelbüchern dokumentiert: Gläubige, die überzeugt waren, dass ihre Gebete erhört worden waren, meldeten dies den Geistlichen des jeweiligen Wallfahrtsortes entweder brieflich oder - in der Regel - persönlich bei der gelobten Dankwallfahrt. Diese Geschichten wurden handschriftlich in den Mirakelbüchern aufgezeichnet und einmal im Jahr öffentlich von der Kanzel verkündet. Sie bieten eindrucksvolle Schilderungen der Sorgen und Nöte des früheren Lebens, sei es im Alltag oder bei besonderen Ereignissen wie Kriegen oder Seuchen. Die Mirakelaufzeichnungen machen nicht nur Angaben zu Anliegen, Verlöbnis, Votivgaben und Zeugen sowie Datierung, sondern nennen regelmäßig auch Namen, Stand und Herkunftsort der Votanten, die somit eindeutig identifizierbar sind.
Die nun im Digitalen Archiv zugänglichen Mirakelbücher kamen meist durch die Deponierung ganzer Pfarrarchive, teils auch auf anderen Wegen ins Diözesanarchiv. Fallweise wurden Mirakelbücher aus Pfarrarchiven, die bis heute vor Ort verwahrt werden, eigens digitalisiert, um Forscherinnen und Forschern eine einfachere Nutzung zu ermöglichen.

DIe Zahl der Gebetserhöhungen erreicht Zehntausende

Sie stammen aus folgenden Pfarreien bzw. Wallfahrtsorten: Dorfen, Egern, Endlhausen, Föching, Grunertshofen (Luttenwang), Irschenberg (Wilparting), Ismaning, Miesbach, Mittenwald, München-Forstenried, Neukirchen bei Weyarn (Reichersdorf, Esterndorf, Holzolling), Tegernsee und Wang. Es sind also große und bis heute bestehende Wallfahrten wie die von Dorfen ebenso vertreten wie kleine, nur regional bekannte oder erloschene.

Ziele der Pilger waren meist Gnadenbilder der Gottesmutter Maria, aber auch die Reliquien von Heiligen wie des heiligen Quirinus in Tegernsee oder der Heiligen Marinus und Anian in Wilparting am Irschenberg. Die Bücher decken den Zeitraum von etwa 1640 bis Säkularisation von 1803 ab, die für die meisten Wallfahrten ein zumindest vorläufiges Ende bedeutete. Die Zahl der darin aufgezeichneten Gebetserhörungen dürfte mehrere 10.000 erreichen. Nur ein Teil davon war bisher bekannt und erforscht.
 
Auch wenn die nun online zur Verfügung stehenden Quellen nur einen Teil der aus dem Erzbistum insgesamt überlieferten Mirakelbücher ausmachen (vgl. den Versuch eines Gesamtverzeichnisses von Georg Brenninger, Teil 1 und Teil 2), so erleichtern sie nicht nur lokale oder regionale Forschungen, etwa zur Entwicklung einer Wallfahrt oder zu Herkunft und Anliegen der Wallfahrer. Ihr Umfang ermöglicht auch die Bearbeitung übergreifender Fragestellungen zu diesem zentralen Bereich barocker Frömmigkeit, etwa zu Votivbrauchtum, Medizin- und Alltagsgeschichte.
 
Die digitalisierten Mirakelbücher finden sich im Digitalen Archiv des Erzbistums unter der Rubrik „ausgewählte Objekte“ und sind dort nach den Pfarrorten geordnet.
 
Text: Dr. Roland Götz, Archiv und Bibliothek des Erzbistums, Mai 2022
 
Archiv und Bibliothek
Karmeliterstr. 1
80333 München
Telefon: 089 2137-1346
Fax: 089 2137-1702
archiv(at)eomuc.de
Leiter Archiv und Bibliothek:
Prof. Dr. Johannes Merz