Sieben 40-Tonner und Hilfe beim Papierkram Wie Ordensgemeinschaften in der Erzdiözese sich für die Menschen in und aus der Ukraine engagieren

 
Der Krieg in der Ukraine dauert an. Ordensgemeinschaften in der Erzdiözese haben sich rasch für die Menschen dort und für hierher Geflüchtete engagiert. Ihre Hilfe hält seit Monaten zuverlässig an, wie einige Beispiele zeigen.
 
Bruder Moritz Huber von den Kapuzinern bei der Ausgabe von Lebensmitteln am Bahnhof von Lviv.
Bruder Moritz Huber von den Kapuzinern bei der Ausgabe von Lebensmitteln am Bahnhof von Lviv
 
In den Wohntrakt der Niederbronner Schwestern in Münchens Buttermelcherstraße hat das pralle Familienleben Einzug gehalten. Aus dem Wohnzimmer im Erdgeschoß ist Lachen zu hören. Sr. Ulrika Beer und Oberin Sr. Prakasi Kulandai spielen gerade mit den fünf Kindern dreier Frauen, die aus der Ukraine geflüchtet sind. Manchmal wird auch im Hof mit dem Fußball gekickt, wenn es das Wetter zulässt.

Seit 15. März leben die drei Frauen und ihre Kinder bei der Gemeinschaft. Jede hat ein Zimmer zur Verfügung. Gemeinsam nutzen sie eine Küche und einen extra Wohnraum. In einer anderen Etage des Schwesterntrakts lebt eine vierte Frau aus der Ukraine. Deren Tochter ist schon älter und lebt nebenan im Wohnheim der Schwestern vom Göttlichen Erlöser, so der offizielle Name der „Niederbronner“. Die Jüngeren werden im „Haus der Kinder“ betreut, das ebenfalls zum Gebäudekomplex gehört.
Bei den Niederbronner Schwestern leben geflüchtete Frauen und ihre Kinder direkt mit den Schwestern. Sr. Ulrika Beer und Oberin Sr. Prakasi Kulandai spielen mit den Kindern.
Sr. Ulrika Beer und Oberin Sr. Prakasi Kulandai von den Niederbronner Schwestern spielen mit den Kindern
„Heute war ich eineinhalb Stunden bei einer Bank, um bei einer Kontoeröffnung zu helfen“, berichtet Oberin Sr. Prakasi. „Den ganzen Papierkram schafft man nicht ohne Deutschkenntnisse. Dabei unterstützen wir die Frauen natürlich“, erklärt sie. Anträge stellen, Fragebögen ausfüllen – immer gibt es etwas zu tun, was über die Bereitstellung von Wohnraum hinausgeht. Die Niederbronner Schwestern helfen, ihrem Glauben entsprechend, tatkräftig und voller Überzeugung.

Auch die Barmherzigen Schwestern setzen sich für die Menschen in und aus der Ukraine ein. Die Generalsekretärin des Ordens, Beate Klemm, die selbst keine Schwester ist, kann viele konkrete Unterstützungsmaßnahmen nennen: So gab es zunächst eine größere Spende im fünfstelligen Bereich an eine dem Orden nahestehende Organisation, die in der Ukraine Hilfe leistet.

80 Paletten mit 70.000 Flaschen Getränken als Sachspende

Auch Wohnraum stellen die Barmherzigen Schwestern zur Verfügung. So leben im Haus St. Hildegard in Siegsdorf im Kreis Traunstein aktuell neun Personen aus der Ukraine. Im Landkreis Traunstein gäbe es noch mehr Wohnraum für ukrainische Geflüchtete. Die Räume wurden dem Landratsamt gemeldet. Die Barmherzigen Schwestern schaffen auch Hilfslieferungen in die Ukraine. So gab es von den Adelholzener Getränkequellen, die dem Orden gehören, 80 Paletten mit 70.000 Flaschen Getränken als Sachspende.
Bruder Jeremias Borgards von den Kapuzinern in Lviv.
Bruder Jeremias Borgards von den Kapuzinern in Lviv
Dringend gebraucht werden auch die medizinischen Hilfsgüter, die die Barmherzigen Schwestern und ihre Mitarbeitenden in Kliniken sammeln und in die Ukraine liefern. Dies wurde von den so genannten Wertegruppen der Betriebe des Ordens angestoßen. Im Krankenhaus Neuwittelsbach in München, das zum Orden gehört, hatte die Wertegruppe sich gerade für das Jahresmotto „Leben würdigen“ entschieden, als der Krieg in der Ukraine ausbrach. „Es war selbstverständlich, dass wir etwas tun wollten und helfen müssen“, erklärt Sr. Josefa Maria Grießhaber, die in der Wertearbeit des Ordens aktiv ist. „Leben würdigen“ ist einer von fünf zentralen Werten, die wir für alle unsere Einrichtungen und Betriebe definiert haben“, so die Ordensfrau.

Krankenschwestern, die aus der Ukraine stammen und für Ordenseinrichtungen arbeiten, haben einen guten direkten Draht in die Ukraine. Sie können schnell vermitteln, welche medizinischen Hilfslieferungen benötigt werden und dolmetschen auch. „Auch für unsere Mitarbeitenden war und ist es sehr wichtig, etwas tun zu können. Dafür sind wir dankbar und wir Schwestern helfen mit“, ergänzt Sr. Josefa Maria.

Sieben 40-Tonner beladen

Auch die Kapuziner engagieren sich im Bereich von Hilfslieferungen in die Ukraine. Insgesamt bereits sieben 40-Tonner mit Lebensmitteln und anderen benötigten Dingen hat nach Auskunft von Pressesprecher Tobias Rauser der Orden nach Lemberg geschafft. Initiatoren der Aktion waren die Münsteraner Brüder Jeremias Borgards und Moritz Huber. Sie beluden den ersten Lastwagen mit Sachspenden und fuhren auf gut Glück los. Dabei erreichten sie Lemberg (Lviv in der Westukraine) und fanden im dortigen Priesterseminar Aufnahme. Die Brüder verteilten die Hilfsgüter über die Malteser vor Ort und halfen mehrere Wochen lang auch am Bahnhof bei der Betreuung der geflüchteten Ostukrainer mit. Weitere Lieferungen folgten.

Mittlerweile ist es kompliziert geworden, eine Spedition zu finden, die noch in die Ukraine fährt. Der Orden sucht gerade nach einer Lösung. Unterstützt wird die Aktion auch in München, wo die Provinzleitung der Kapuziner sitzt. In der von Kapuzinern betreuten Gemeinde St. Anton gab und gibt es Spendenaktionen. So wurden bereits Lesezeichen gestaltet und verkauft und Konzerte veranstaltet.
Zimmer und Gebete

Die Franziskanerinnen von Schönbrunn heißen Geflüchtete aus der Ukraine ebenfalls willkommen. „Zu helfen ist uns ein Anliegen und zentraler Teil unserer Ordensspiritualität“, erklärt Generalvikarin Sr. Barbara März. So stellen die Franziskanerinnen im Haus Elisabeth in Schönbrunn Wohnraum für bis zu 27 Personen zur Verfügung. „Wir haben die Küche ausgestattet mit Spülmaschine, Kühlschrank, Herd, Kaffeemaschine, Wasserkocher und Geschirr“, ergänzt Sr. Barbara. Aktuell leben in Schönbrunn eine Mutter mit Kind und ein Ehepaar mit einem Teenager. Im Erholungsheim des Ordens in Harpfetsham (Kreis Traunstein) wohnt bisher eine fünfköpfige Familie.

Die Schwestern arbeiten im Helferkreis mit, leiden aber selbst zugleich darunter, dass das Durchschnittalter der Gemeinschaft bei über 80 Jahren liegt. „Wir würden gern so viel mehr tun, aber das Alter lässt es nicht zu“, seufzt Generalvikarin Sr. Barbara März. Dafür beten die Schwestern gleich mehrmals am Tag für ein Ende des Krieges. Denn das Engagement für den Frieden zeigt sich auch im Gebet.
 
Text: Gabriele Riffert, Juni 2022