„Das Verschwinden von Religion ist gefährlich für die Demokratie“

Kardinal Marx hofft auf „neue, befreiende universalistische Kraft des Evangeliums“
München, 15. Oktober 2023. Kardinal Reinhard Marx warnt vor den weitreichenden Folgen eines Bedeutungsverlustes von Religion in der Gesellschaft. „Das Verschwinden von Religion und biblischen Glaubens ist gefährlich für die Demokratie“, sagte der Erzbischof von München und Freising am Samstagabend, 14. Oktober, bei einem Bühnengespräch im Rahmen des 60. Andechser Europatages der Paneuropa-Union Deutschland. „Demokratie setzt Religion voraus. Denn die Grundlage unserer Zivilisation ist die biblische Botschaft, dass alle Menschen gleich an Würde sind.“ Wenn dagegen wie bei den aktuellen kriegerischen Auseinandersetzungen  in der Ukraine und in Israel Menschen zu Menschen erster und zweiter Klasse deklariert würden, sei das „das Ende der Zivilisation“.
 
Allerdings sei Religion „nicht immer Teil der Lösung, sondern Teil des Problems, denn man kann sie benutzen“, räumte Marx ein. „Ich höre zu wenig aus der arabischen Welt, dass dem widersprochen wird – und das kann man erwarten.“ Es sei „blasphemisch, wenn Frauen und Kinder massakriert werden und man dabei ruft: Gott ist groß.“ Dagegen „gehört es zu meinen großen Hoffnungen in dieser Zeit des Umbruchs, dass mit ins Blickfeld gerückt werden muss, diese neue, befreiende, universalistische Kraft des Evangeliums“. In diesem Sinne sei „das Christentum die Religion der Zukunft“.
 
„Wir müssen Spuren in der Gesellschaft aufnehmen und aufdecken und sagen: Das passt nicht zum Evangelium, da machen wir nicht mit“, mahnte Marx. „Im Zweifel müssen wir auf der Seite der verantwortlichen Freiheit stehen: Das haben wir aus der Geschichte gelernt.“
 
„Es ist so wichtig, dass eine Bewegung wie die Paneuropa-Union so verschiedene Menschen auch unterschiedlicher politischer Ausrichtungen vereint“, sagte der Erzbischof. „Zum Auftrag der Christinnen und Christen gehört dazu, auch politisch tätig zu werden.“ (uq)