Erzbischof warnt in Karfreitagsbotschaft davor, Gott durch „Verschwörungstheorien oder Nationalismen“ zu ersetzen
München, 16. April 2025. Kardinal Reinhard Marx warnt in seiner Botschaft zu Karfreitag davor, die Leerstelle, die in einer Gesellschaft ohne Gott entstünde, durch weltliche Ideologien zu füllen: „Solange der Horizont Gottes in unserer Kultur sichtbar bleibt, solange sind wir auch vor der Versuchung gefeit, die scheinbare Leerstelle auszufüllen mit uns selbst, unseren Ideen und unseren Ideologien“, so der Erzbischof von München und Freising. Die Gesellschaft dürfe nicht beim Tod Gottes, der sich mit dem Sterben Jesu am Kreuz vollziehe, stehenbleiben: „Es wäre eine Leerstelle, wenn es nur beim Karfreitag bliebe. Denn dann hätten wirklich Gewalt und die Durchsetzung der Macht, auch mit ungerechten Mitteln, das letzte Wort“, erklärt der Kardinal, der am Karfreitagvormittag, 18. April, beim „Kreuzweg der Völker“ auf dem Marienplatz spricht und am Nachmittag die Feier vom Leiden und Sterben Christi im Münchner Liebfrauendom hält.
Nach Ansicht des Erzbischofs ist die Gefahr, dass ein scheinbar abwesender Gott „durch Verschwörungstheorien, Nationalismen, selbstgemachte Träume, Herrschaftsfantasien einer Klasse oder eines Volkes“ ersetzt werde, nicht gebannt: „Die Gefährdungen bleiben, und sie hängen zusammen mit der Vorstellung des gekreuzigten Gottes am Karfreitag, auf den dann eben kein Ostern folgt, keine Auferstehung, keine lebendige Erfahrung eines Gottes, der den Tod endgültig besiegt.“ Der Blick auf das Kreuz zeige, dass Gott in den Abgrund der Sünde der Welt hineingegangen sei – bis zum Tod. „Aber dieser Abstieg ist eben auch der Wendepunkt, der uns neu hoffen lässt.“
Eine Gesellschaft, die beim Karfreitag stehen bleibe und Gott als eine Leerstelle begreife, betont Marx, sei versucht, sich selbst an die Stelle Gottes zu setzen und alles selbst machen zu müssen: eine vollkommene Welt, eine Politik, die alle Probleme löse, eine Wissenschaft, die alles Leiden beseitige. „Das ist ein Irrweg. Denn: Wir sind nicht Gott!“ Die Feier des Pascha-Mysteriums von Gründonnerstag bis zum Ostersonntag sei deshalb nicht nur für die Kirche wichtig, sondern „ein Zeugnis für alle Menschen, dass durch den Tod hindurch der Blick auf Gott und das unzerstörbare Leben möglich wird“. (hor)