Kardinal Marx: Kirche muss Theologie auf hohem Niveau fördern

Erzbischof würdigt emeritierten Papst Benedikt XVI. bei Tagung zu dessen 90. Geburtstag
München, 29. April 2017. Kardinal Reinhard Marx hat die Bedeutung der Theologie für die Zukunft der Kirche hervorgehoben. „Wir können uns eine Glaubensgemeinschaft nicht vorstellen ohne eine Selbstreflexion auf wissenschaftlichem Niveau. Das ist für die Zukunft der Diskussion über das, was Religion ist und wie ein Dialog der Religionen aussehen kann, von außerordentlicher Bedeutung“, sagte der Erzbischof von München und Freising am Freitagabend, 28. April, in München. Anlass war die Tagung „Europa – christlich?!“, die in der Katholischen Akademie anlässlich des 90. Geburtstags des emeritierten Papstes Benedikt XVI. stattfand.
 
Kardinal Marx betonte, Benedikt XVI. sei „durch und durch Theologe“, und sagte, Theologie sei „von großer Bedeutung für den ökumenischen Dialog, aber auch im Dialog der Religionen und im Dialog mit der Wissenschaft von heute“. Bereits die junge Kirche habe sich mit der Philosophie auseinandergesetzt. „Das ist ein Auftrag an uns“, sagte der Erzbischof: „Wir müssen als Kirche Theologie betreiben, fördern, voranbringen, so dass sie wirklich auf Augen- und Denkhöhe mit allen Wissenschaften bestehen bleibt.“ Kardinal Marx hob besonders die Haltung Benedikts XVI. hervor, „ohne Angst sich jedem Denken zu stellen und zu wissen, im reflektierten Glauben werden wir mit diesem Denken auch in ein Gespräch eintreten können.“
 
Mit Blick auf das Wirken des emeritierten Papstes betonte der Erzbischof auch die Bedeutung des Christentums für Europa: „Die wichtigste Aufklärung, die der europäische Kontinent je erlebt hat, ist die Verkündigung des Evangeliums.“ Es müsse immer wieder neu deutlich gemacht werden, was Kirche in das Denken Europas eingetragen habe und weiterhin einbringe, zum Beispiel, dass Geschichte „ein Prozess, ein Projekt“ sei. Das bedeute „eine Mobilisierung von Kräften, eine Mobilisierung des Denkens, die Europa zutiefst geprägt hat“. Auch die Frage nach der Universalität sei eine „Schicksalsfrage für die Menschheit“, so Kardinal Marx: „Das Christentum geht davon aus, dass alle Menschen Kinder Gottes sind und deshalb auch in der Lage, aufeinander zuzugehen und einander zu verstehen. Das ist eine Herausforderung, die sich gerade Europa stellt.“
 
Der Erzbischof würdigte das dreibändige Werk „Jesus von Nazareth“ von Benedikt XVI. Jesus Christus müsse „im Zentrum unseres Überlegens, Betens, Forschens stehen“, denn „wenn wir uns nicht immer wieder dieser Person vergewissern, dann ist das Christentum insgesamt gefährdet“. Immer wieder greife er, gerade an christlichen Festen, zu den Bänden. Die Begegnung mit dem emeritierten Papst zu dessen Geburtstag in Rom sei für ihn „eine große Freude“ gewesen und habe den mitreisenden Dekanen des Erzbistums „außerordentlich gut getan“, sagte Kardinal Marx: „Das war ein Mut machendes Wort für die Arbeit der Priester in einer Zeit des Umbruchs, eine sehr schöne und wunderbare Begegnung.“ (gob)