Kardinal Marx: „Nur eine glaubwürdige Kirche wird angenommen und gehört“

Gottesdienst zum Jahrestag der Wahl von Papst Franziskus
München, 12. März 2023. Kardinal Reinhard Marx hat den Zusammenhang zwischen der inneren Erneuerung der Kirche und ihrer Fähigkeit, eine Kirche im Aufbruch zu den Menschen zu sein, betont: „Nur eine glaubwürdige Kirche, nur eine Gemeinschaft, die sich verzehrt in den Wunden der Welt, wird angenommen und gehört.“ Deswegen brauche es den Prozess der Erneuerung, wie ihn der Synodale Weg zum Ziel hat. Eine Kirche, die das Evangelium glaubhaft verkünden wolle, müsse „eine inklusive Kirche sein, die nicht Mauern aufbaut, ausschließt, verurteilt, wegdrückt“, sondern „die Möglichkeiten schafft, dass alle an einem Tisch versammelt sind“, so der Erzbischof von München und Freising bei einem Gottesdienst am Sonntag, 12. März, im Münchner Liebfrauendom anlässlich des zehnten Jahrestags der Wahl von Papst Franziskus. Das sei es, was Jesus Christus im Evangelium vorlebe, daran erinnere Papst Franziskus in den „großen Linien seines Pontifikats“ und das sei, so Marx, „die Kirche der Zukunft“.

Der Kardinal blickte in seiner Predigt auf den 2019 begonnenen Synodalen Weg, dessen letzte Vollversammlung am Samstag in Frankfurt endete. Vom Ausgangspunkt dieses Weges, „der Erkenntnis über den sexuellen Missbrauch auch in der Kirche“, der Notwendigkeit von Aufarbeitung, aber auch der Frage, „wie wir uns erneuern, welche Schlussfolgerungen wie ziehen als Kirche“, habe es „Auseinandersetzungen, Spannungen, Höhen und Tiefen“ gegeben. In den dreieinhalb Jahren des Synodalen Wegs, so Marx, „habe ich oft gedacht: Beschäftigen wir uns als Kirche vielleicht doch zu viel mit uns selbst? Wir drehen um diese Fragen, die wichtig sind – aber die Welt steht in Flammen.“ Angesichts der drängenden globalen Krisen und Herausforderungen müsse sich die Kirche fragen, welche Sendung ihr jetzt aufgetragen sei.

In solchen fragenden Momenten, so Marx, denke er zurück an eine kurze Ansprache, die Kardinal Jorge Mario Bergoglio, der spätere Papst Franziskus, während der Papstwahl vor zehn Jahren gehalten habe. Sinngemäß habe Bergoglio darin gefragt „will Christus nicht, der mit uns am Tisch sitzt, hinaus? Müssen wir nicht mit ihm hinaus gehen in die Welt?“ Die davon ausgehende Idee von einer Kirche im Aufbruch habe Papst Franziskus in den zehn Jahren nach seiner Wahl am 13. März 2013 „in großartiger Weise“ vertreten. Kardinal Marx rief dazu auf, die großen Texte des Papstes zu lesen und „die Weisungen des Papstes nicht in einigen Interviews oder kurzen Sätzen aufzunehmen“, sondern nachzuvollziehen, „was er in der großen Linie der Kirche zu sagen hat“, so Marx.

 Schon in seinem ersten Apostolischen Schreiben „Evangelii gaudium“ habe Franziskus deutlich gemacht, dass die Kirche „ein Lazarett ist inmitten der Auseinandersetzungen der Welt“, sodass deutlich werde: „Christus ist nicht der Retter der Kirche. Er ist der Retter der ganzen Welt, und sie soll davon hören.“ In seiner zuletzt veröffentlichten Enzyklika „Fratelli tutti“ von 2020 weise der Papst wieder darauf hin, dass die Kirche „Sakrament der Einheit aller Menschen sein“ solle und nicht nur der Christen oder der Katholikinnen und Katholiken. Diese Botschaft, so Marx, „brauchen wir in einer zerrissenen Welt, in einer kriegerischen Welt, in einer Welt der wachsenden Ungleichheit und Spannungen“. (hs)