Kardinal Marx fordert weltweites Eintreten für Religionsfreiheit

Münchner Erzbischof erinnert besonders an Not der Christen in islamischen Ländern
Ansprache bei Karfreitagsprozession „Kreuzweg der Völker“
München, 14. April 2017. Angesichts der Gewalt gegen Christen und religiös geprägter kriegerischer Auseinandersetzungen hat Kardinal Reinhard Marx bei der diesjährigen Münchner Karfreitagsprozession am 14. April die führenden Vertreter der Weltreligionen dazu aufgerufen, für Religionsfreiheit einzutreten. „Wir schauen besonders auf die vielen Christinnen und Christen überall auf der Welt, denen es nicht möglich ist, öffentlich ihren Glauben zu leben, die in ihrer Religionsausübung behindert oder die sogar verfolgt werden. Das gilt besonders in vielen Ländern, die vom Islam geprägt sind“, so der Erzbischof von München und Freising: „Wir bitten die Religionsführer aus allen Religionen, gemeinsam für die Religionsfreiheit aller Menschen einzutreten. Es kann keinen Frieden zwischen den Religionen geben, wenn wir nicht gemeinsam dafür eintreten, dass alle Menschen ihren Glauben leben dürfen und darin respektiert werden.“
 
Marx begrüßte in diesem Zusammenhang die geplante Reise von Papst Franziskus nach Ägypten. „Deshalb ist es gut, dass der Heilige Vater Ende April nach Kairo reist, um auch mit Vertretern des Islam über den Frieden zu sprechen. Denn die Religionen sollen Werkzeug des Friedens und nicht Werkzeug des Hasses und des Gegeneinander sein.“ Der Kardinal erinnerte an den jüngsten Terroranschlag auf die Kopten. „Wir denken heute in besonderer Weise an die über 40 koptischen Brüder und Schwestern, die brutal umgebracht wurden. Wir schauen auf die Verletzten und ihre Familien.“ Im Blick auf das Kreuz wüssten die Christen: „Terror und Gewalt werden nicht das letzte Wort behalten und nicht obsiegen! Das ist das Bekenntnis, das uns heute zusammen führt. Das ist der österliche Glaube, den wir in diesen Tagen vom Karfreitag bis hin zum Ostersonntag feiern.“
 
Beim traditionellen „Kreuzweg der Völker“ ziehen jedes Jahr Tausende Münchner Katholiken aus mehr als 20 Volks- und Sprachgruppen von der Jesuitenkirche St. Michael zum Marienplatz, heuer unter dem Leitwort „Vom gekreuzigten Herrn zur Einheit berufen“. Die Prozession sei ein öffentliches Bekenntnis zum Glauben inmitten einer pluralen und offenen Gesellschaft, so Marx: „Wie dankbar dürfen wir sein, dass wir in einem Land leben, in dem die Religionsfreiheit selbstverständlich ist, nicht nur für den Einzelnen, sondern auch für die religiösen Gemeinschaften und Kirchen. Deshalb fordern wir, dass in allen Ländern Religionsfreiheit als selbstverständliches Menschenrecht geachtet wird.“
 
Mit Blick auf die Integration von Einwanderern verwies Marx auf die Erfahrungen der vielen Prozessionsteilnehmer aus anderen Ländern Europas und von anderen Kontinenten: „Sie wissen um die Schwierigkeiten der Migration, der Auswanderung und der Einwanderung. Sie wissen, welche Herausforderung das Wort Integration bedeutet – nicht nur für die, die zu uns nach Deutschland kommen, sondern auch für die deutsche Gesellschaft selbst.“ Integration sei keine Einbahnstraße. „Sie ist eine Begegnung des Respekts vor dem Anderen, aber auch die gemeinsame Anerkennung der Grundlagen unseres Zusammenlebens in diesem Land. Das Grundgesetz steckt diesen gemeinsamen Rahmen unserer Zivilisation ab.“
 
Marx erinnerte an die Reformation vor 500 Jahren und die damit verbundene Spaltung der Kirche. „Wir können zeigen, dass diese geschichtlichen Erfahrungen nicht dazu führen müssen, auch heute noch gegeneinander zu stehen, sondern gemeinsam als Christen in diesem Land für Frieden, Gerechtigkeit und Versöhnung einzutreten und für den Glauben an Christus.“ (kel)