Kardinal Marx warnt vor Wettbewerb von Notlagen

Gesellschaftspolitischen Herausforderungen nur gemeinsam begegnen / Appell für Schulterschluss
München, 23. September 2022. Nach Ansicht von Kardinal Reinhard Marx lassen sich die gesellschaftspolitischen Herausforderungen unserer Zeit nur in einer gemeinsamen Anstrengung bewältigen. „Die Caritas sieht für die nächsten Jahre substanzielle Belastungen für die Menschen, in einem Maß, das auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt, die Solidarität und das Vertrauen zueinander gefährden kann. Die Zahl der Armen wird steigen“, warnt der Erzbischof von München und Freising in einer Katholischen Morgenfeier zum Caritas-Sonntag und zur Caritas-Herbstsammlung. Der Gottesdienst wird am Sonntag, 25. September, um 10.35 Uhr im Radiosender Bayern 1 des Bayerischen Rundfunks gesendet.
 
Als Beispiel für die Komplexität der Herausforderungen verweist der Kardinal auf die Folgen des Krieges in der Ukraine. Neben der Not der Flüchtlinge belasteten die noch einmal drastisch steigenden Energiepreise auch Menschen hierzulande, insbesondere Menschen mit geringem Einkommen, und das besonders stark in Ballungsräumen mit hohen Mietpreisen und Lebenshaltungskosten. Das zeige sich auch daran, dass die Zahl der Tafelkunden ansteige und zugleich die Menge an Nahrungsmittelspenden an die Tafeln zurückgingen, weil eben auch Unternehmen unter Druck gerieten. „All diese verschiedenen Aspekte gehören zusammen und brauchen ein verbindendes Engagement, das nicht die eine Notlage gegen die andere in Konkurrenz setzt. Es braucht eine gemeinschaftliche Anstrengung“, erklärt Marx. Umso wichtiger sei deshalb ein „abgestimmtes gesellschaftliches, wirtschaftliches und politisches Handeln, damit diese Situation nicht zum Zerreißen führt, sondern sowohl kurzfristige als auch nachhaltige und langfristige Lösungen geschaffen werden können“. Dazu wolle und werde auch die katholische Kirche mit beitragen, auch mit ihrer Caritas.
 
Obwohl er ein politisch sehr interessierter Zeitgenosse sei, könne er manchmal gut verstehen, wenn Menschen keine Nachrichten mehr sehen, keine Zeitung mehr lesen und sich am liebsten ins Private zurückziehen wollten, so der Erzbischof weiter. Gleichzeitig empfänden viele Menschen gerade angesichts vieler Krisen und Katastrophen noch stärker als sonst den Impuls, etwas tun zu wollen. „Menschen stehen tagtäglich einander bei, wenn Krisen, Katastrophen, Unglücke sich ereignen. Im Kleinen und im Großen. In der unmittelbaren Familie und Nachbarschaft ebenso wie in weltweiter Solidarität. Das ist für mich immer wieder und immer noch ein großes Hoffnungszeichen angesichts der Schrecken des Lebens.“ So gebe es auch viele „good news“ angesichts all der „bad news“.
 
Die verbandlich organisierte Caritas leiste seit mehr als 100 Jahren „hoch engagierte und professionelle Arbeit“ in den verschiedensten Bereichen und durch unterschiedliche Fachverbände, Einrichtungen und Dienste, würdigt der Kardinal das Angebot, das sich an alle Generationen, an Menschen mit Behinderungen und Erkrankte richte , ob es sich nun um allgemeine Angebote in den Feldern Migration und Integration, Gesundheit und Suchtprävention handle oder um individuelle Unterstützung in persönlichen Notlagen durch Beratung, Lebensmittelausgaben, Schuldner- und Insolvenzberatung, Wohnungslosenhilfe oder Gebrauchtwarenmärkte.
 
Zum Auftakt der Caritas-Herbstsammlung feiert Caritaspräses Augustinus Bauer mit Kardinal Marx am selben Tag im Beisein von geladenen Gästen um 10 Uhr in der Stadtpfarrkirche Christkönig in Rosenheim einen feierlichen Gottesdienst. Anschließend findet ein Festakt zu 100 Jahren Diözesan-Caritasverband statt, der ab 14 Uhr auf der Website der Caritas unter www.100-jahre-nah-am-naechsten.de ins Internet übertragen wird. (uq)