Rottach-Egern, 20. September 2025. Viele Betroffene sexuellen Missbrauchs haben beim von der Erzdiözese München und Freising veranstalteten „4. Tag der Begegnung“ die Möglichkeit zum Austausch genutzt und sich über neue Angebote zur Begleitung und Unterstützung informiert. Im Namen der gesamten Erzdiözese München und Freising dankten Kardinal Reinhard Marx, Generalvikar Christoph Klingan und Amtschefin Stephanie Herrmann den Betroffenen für deren Kommen und nachhaltiges Engagement. „Man muss immer darauf achten, nicht müde zu werden, sondern zu fragen: Können wir Ihnen, den Betroffenen, noch weiter helfen?“, so der Erzbischof von München und Freising im Rahmen der Veranstaltung am Samstag, 20. September, in Rottach-Egern am Tegernsee.
Kardinal Marx machte deutlich, dass die Beratungs- und Aufarbeitungsangebote der Erzdiözese allen Betroffenen offenstehen, die im Gebiet des Erzbistums München und Freising leben. Wer Missbrauch im kirchlichen Raum erlitten habe, sei willkommen – unabhängig davon, in welchem Bistum oder Orden dies geschehen sei: „Wer in unserem Erzbistum wohnt, gehört zu mir. Sie dürfen darauf vertrauen, dass wir mit Ihnen gehen.“ Zugleich wies der Kardinal darauf hin, dass viele Betroffene aus gutem Grund im späteren Leben nichts mehr von Kirche wissen wollten. Doch am Tag der Begegnung werde sichtbar, „dass es auch viele gibt, die darüber reden möchten, die etwas in Gang bringen wollen. Die nicht möchten, dass dieses Thema verschwiegen wird, damit die nächsten wachsam hinschauen.“ Das sei, so Marx, „eine große Leistung“. Er versicherte abschließend: „Wir werden weiter mit Ihnen diesen Weg gehen. Und wenn etwas ist: Immer dranbleiben, nicht aufgeben.“
Amtschefin Herrmann dankte den 38 anwesenden Betroffenen und Angehörigen für ihr Kommen sowie für die Möglichkeit zu „fruchtbarem Austausch und guten Gesprächen“. Generalvikar Klingan betonte, dass Aufarbeitung kein abgeschlossener Prozess sei: „Wir sind auf einem Weg, wir gehen weiter. Der Dialog – wie heute mit Ihnen – ist uns wichtig, damit wir erfahren können, wo wir noch mehr unterstützen können.“ Im Beraterstab des Erzbischofs sei zuletzt deutlich geworden, wie wichtig es sei, verstärkt die Frage in den Blick zu nehmen: „Was bedeutet geschehener Missbrauch für die Angehörigen von Betroffenen?“
Darauf ging Margret Schlierf, Leiterin der Ehe-, Familien- und Lebensberatung (EFL) der Erzdiözese, näher ein. Sexueller Missbrauch sei, so Schlierf, auch ein „Verrat an einer Beziehung“ und führe zu einem tiefen Gefühl von Kontrollverlust und Misstrauen, das Betroffene oft ein Leben lang begleite. „Das Umfeld muss diese Belastung mittragen und ist dadurch selbst mitbetroffen“, erklärte sie. Angehörige könnten zur Seite stehen, seien dabei jedoch häufig selbst stark belastet und manchmal überfordert: „Ihre Unterstützung hat einen hohen Preis.“ Schlierf wies auf neu geschaffene Angebote für Angehörige in drei Beratungsstellen der EFL in Freising, Mühldorf und Rosenheim hin und lud zur Kontaktaufnahme bei Bedarf ein. Die EFL ist online erreichbar unter
http://www.erzbistum-muenchen.de/eheberatung-oberbayern sowie per Mail an info@eheberatung-oberbayern.de oder telefonisch unter 089-54 43 11-0.
Der „4. Tag der Begegnung“ richtete sich besonders an Menschen, die als Kinder oder Jugendliche sexuellen Missbrauch durch Mitarbeitende der Erzdiözese München und Freising erfahren haben. Den Betroffenen standen Vertreterinnen und Vertreter der Erzdiözese, des Betroffenenbeirats und der Unabhängigen Aufarbeitungskommission (UAK) zur Verfügung, um über die jeweilige Arbeit sowie Fragestellungen, Ergebnisse und Herausforderungen der Aufarbeitung der Missbrauchsgeschehnisse zu informieren und ins Gespräch zu kommen. Auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter diözesaner sowie nicht-kirchlicher Anlauf- und Beratungsstellen für Betroffene gaben Auskunft über ihr Angebot. Kardinal Marx stand vor Ort für Einzelgespräche zur Verfügung, ebenso Generalvikar Klingan und Amtschefin Herrmann sowie die anderen anwesenden Ansprechpartner. (hs)