„Schutz der Menschenwürde nicht in Frage stellen“

Stellungnahme des Diözesanrates der Katholiken zur Debatte um Paragraf 218 / Forderung nach Verbesserungen für betroffene Frauen innerhalb der bestehenden Regelung
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München, 16. September 2024. In der Diskussion um eine Legalisierung von Abtreibungen warnt der Diözesanrat der Katholiken der Erzdiözese München und Freising davor, Frauen in der Frühphase der Schwangerschaft ein Recht auf Abtreibung zuzugestehen. „Aus ethischer Sicht darf der prinzipielle Anspruch auf den Schutz der Menschenwürde-Garantie nicht in Frage gestellt werden“, heißt es in einer Stellungnahme der katholischen Laienorganisation zu Paragraf 218. Zugleich fordert er die Kirche sowie die gesundheitlichen und sozialen Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft auf, Schwangeren zur Seite zu stehen, und spricht sich für Verbesserungen innerhalb der bestehenden Regelung aus. Konkret fordert er unter anderem den Ausbau des bestehenden Beratungsangebotes und eine Stärkung von Aufklärungs- und Präventionsmaßnahmen.
 
Die im April veröffentlichte Position der Kommission für reproduktive Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin (Kom-rSF) zu Paragraf 218 weist der Diözesanrat mit Nachdruck zurück und hält an der bestehenden Regelung fest. Diese sei „das Ergebnis langjähriger und mühevoller Auseinandersetzungen“ und stelle einen „tragfähigen Kompromiss“ dar. Andere Länder wie die USA würden zeigen, wie polarisierend und verheerend es für betroffene Frauen sei, wenn Kompromisse aufgekündigt und Gegenstand kulturkämpferischer Manöver würden. „Wir raten dringend davon ab, die Weichen für eine solche Polarisierung auch in der Bundesrepublik Deutschland zu stellen, etwa, indem man den bestehenden Kompromiss außer Kraft setzt“, so der Diözesanrat weiter.  
 
Die katholischen Laien kritisieren, die mit Expertinnen und Experten aus verschiedenen Disziplinen besetzte Kommission verlasse das „Paradigma eines strafrechtlichen Lebensschutzes“ und priorisiere die Selbstbestimmung der schwangeren Frau. Auch ein Embryo sei nicht einfach ein „potentieller“ Mensch, sondern ein Mensch in Potenz, der dabei sei, seine Anlagen kontinuierlich zu entwickeln. Es handele sich auch bei frühen Entwicklungsstufen um eine individuelle menschliche Existenz, deren absichtliche und gewollte Beendigung zumindest nach einem schwerwiegenden Grund verlange. „Genau dies ist aber nicht mehr gewährleistet, wenn ein Schwangerschaftsabbruch prinzipiell – wie von der Kommission vorgeschlagen – rechtmäßig gestellt wird.“  
 
Es gehöre zum „Kernbestand des kirchlichen Selbstverständnisses“, betont der Diözesanrat, „an der Seite der Schwachen zu stehen“. Dieses Motto dürfe aber nicht ausschließlich enggeführt werden auf den Schutz ungeborenen Lebens, sondern bedeute gerade auch, solidarisch zu sein mit Frauen, „die durch eine unbeabsichtigte Schwangerschaft in eine existenziell belastende Situation und einen schweren Konflikt geraten“. Der Beratungspflicht komme dabei eine besondere Bedeutung zu: Der Diözesanrat begrüßt ausdrücklich, dass die Kommission deren Bestand offenlasse und damit eine Diskussion eröffne, anstatt eine Bewertung der Beratungspflicht vorwegzunehmen. Deren Stärke bestehe gerade darin, so der Diözesanrat, dass Frauen sich gegenüber Partner oder Familie nicht rechtfertigen müssten für das Inanspruchnehmen der Beratung. „Ebenso teilen wir die Prämisse der Kommission, dass die Beratung nicht dem Ziel dienen darf, Frauen um jeden Preis zur Fortsetzung der Schwangerschaft zu bewegen, sondern ergebnisoffen und im Sinne einer Unterstützung der Selbstbestimmtheit und Eigenverantwortlichkeit von Frauen aufklären soll, zum Beispiel über die rechtlichen Ansprüche und Hilfsangebote vor und nach der Geburt.“ Der Diözesanrat spricht sich ausdrücklich für die Aufrechterhaltung einer Beratungspflicht aus, selbst und gerade für den Fall, dass der Gesetzgeber entscheidet, Schwangerschaftsabbrüche im ersten Trimester grundsätzlich rechtmäßig zu stellen. (hor)