Von der Frauenrechtlerin bis zum Luzienhäuserl-Schwimmen

Digitales Archiv des Erzbistums erweitert sein Angebot, unter anderem mit Findbüchern zu Ellen Ammann
München, 23. November 2020. Das Digitale Archiv des Erzbistums München und Freising hat sein Angebot erneut wesentlich ausgeweitet. Ab sofort stehen rund 680.000 weitere Seiten an digitalisierten Unterlagen zu Pfarreien zur Online-Nutzung zur Verfügung, darunter das älteste Zeugnis über den in Fürstenfeldbruck bis heute geübten Brauch des Luzienhäuserl-Schwimmens. Ebenso sind die Findbücher, also die Aktenverzeichnisse zu Materialien über Ellen Ammann mit rund 200 Verzeichnungseinheiten sowie zu den Akten der Erzbischöflichen Finanzkammer mit rund 4.600 Einheiten jetzt per Internet recherchierbar.

Die gebürtige Schwedin Ellen Ammann (1870 bis 1932) entfaltete in München ein umfangreiches kirchliches, soziales und politisches Engagement, unter anderem bei der Gründung der Bahnhofsmission und des Katholischen Frauenbundes. 1919 wurde sie für die Bayerische Volkspartei in den Landtag gewählt, wo sie sich für Jugend- und Wohlfahrtspflege, Gesundheitswesen und Frauenrechte einsetzte. Unerschrocken handelte sie 1923 angesichts des Hitler-Putsches. Amman starb am 23. November 1932 kurz nach einer Landtagsrede. Ihr Ansehen spiegelt sich in der Fülle von Kondolenzschreiben hochgestellter Persönlichkeiten wider, die an den Witwer gingen. Sie sind Teil einer Dokumentensammlung, die das Archiv des Erzbistums zu Ellen Ammann besitzt.

Die umfangreichen Unterlagen der Finanzverwaltung sind unter anderem deshalb besonders wertvoll, weil sie über den finanziellen Aspekt Informationen zu Angelegenheiten bieten, zu denen die Hauptakten des Erzbischöflichen Ordinariats aufgrund von Kriegszerstörungen 1944 verloren sind. Hier sind zum Beispiel Neuerrichtungen von Pfarreien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dokumentiert. Gut nachzuvollziehen ist auch der Aufbau eines diözesanen Kirchensteueramtes 1941, nachdem das nationalsozialistische Regime den Einzug der Steuer durch die staatlichen Finanzämter beendet hatte.

Die „Pfarrakten“ sind nun auch für die Pfarreien mit den Anfangsbuchstaben B bis G online nutzbar. Diese Akten, die von der kirchlichen Oberbehörde für alle ihr unterstehenden Pfarreien angelegt wurden, umfassen für den Zeitraum vom 16. Jahrhundert bis etwa 1880 sämtliche Angelegenheiten, mit denen sich das Ordinariat bezüglich einer Pfarrei befasste. Dazu zählen Errichtung und Gebiet der Pfarrei, Besetzung der Pfarrstelle sowie Seelsorge-, Bau- und Finanzangelegenheiten. So ist hier etwa der Entwurf eines Schlossers von 1687 für das Eisengländer am barocken Kirchturm der Freisinger Pfarrkirche St. Georg überliefert. Und ein Bericht des zuständigen Dekans von 1706 ist die älteste schriftliche Erwähnung des Fürstenfeldbrucker Brauchs, am Fest der Heiligen Luzia (13. Dezember) kleine Häuschen mit einem darin brennenden Licht auf der Amper schwimmen zu lassen.

Das Digitale Archiv des Erzbistums ging am 15. Juli 2019 online und erfreut sich seither großen Zuspruchs. Das Angebot umfasst aktuell rund 5,9 Millionen digitalisierte Seiten von historischen Dokumenten. Es ist kostenlos über jeden Internetanschluss nutzbar unter www.erzbistum-muenchen.de/archiv-und-bibliothek. Noch nicht digitalisierte Akten, wie die der Finanzkammer und zu Ellen Ammann, können über das Archivsystem zur Einsichtnahme in den Lesesaal, Karmeliterstraße 1 (Eingang Pacellistraße), in München bestellt werden. (rg/kbr)


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